Luca's Rezepte
zu finanzieren.
» Ich bin mir sicher, man kann mittlerweile mit Antonio reden...«
»Vergiss es! Sein Angebot kenne ich. Uninteressant. Wie geht es Valentina?«
» Du fehlst ihr. Das spüre ich. Aber sie spricht nicht darüber. Sie fragt sich vermutlich, was sie verkehrt gemacht hat.«
»...Strafe von ganz oben...?«
» So in der Art...« Sie lachte traurig. » ...Da geht's nicht mehr um Vernunft. Ich erreiche sie einfach nicht. Was macht ihr an Weihnachten?«
Weihnachten. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
» Lorenzo und ich überlegen, ob wir zu euch kommen.«
Ich war platt. »Ja, aber, Antonio und Valentina...«
»...Die haben sich das selbst zuzuschreiben. Außerdem sind da ja noch Tomaso und Giade...«
»Ich... wir würden uns riesig freuen...«
» Dann also abgemacht...«
»Halt, warte... mit der Unterkunft...«
» Wir kümmern uns um alles. Lorenzo hat da einen Freund, der etwas für uns organisieren wird... mach dir keine Gedanken...«
Ricardo!
»Ich freue mich auf euch...«, sagte ich leise und verschwieg, wie sehr.
Und dann, als ich aufgelegt hatte, begann ich plötzlich zu weinen, leise, aber heftig.
Heimweh umschloss mich und hielt mich fest im Griff.
Ich heulte und heulte und all das, was sich über die Zeit in mir angestaut hatte, floss nun aus mir heraus.
Da war auf einmal so viel Schmerz.
Ich sehnte mich nach Valentinas hölzerner Geborgenheit, nach dem lärmenden Lachen Antonios, seinem selbstgerechten Stolz. Trotz allem...
Mir fehlte die ruppige Art von Tomaso, Annas ewige Fragerei und die Einkäufe mit Matteo.
Überhaupt, Matteo...
Mir fehlte mein Zimmer, Osso, der Hof, der Strand, unsere knarrende Treppe...
Meine heile Welt lag in Scherben, und ich verstand einfach nicht wieso.
Ich verstand es einfach nicht.
Auf die irre Idee mit dem T-Shirt kam Shiro drei Wochen vor dem ersten Advent.
Ich war gerade beim Lesen, als er ins Zimmer gestürmt kam, selig seine Neuerrungenschaft aus einer Tüte zog und sie mir präsentierte.
»Du meinst das wirklich ernst, ja?«
»Aber klar doch...« Er zog sein altes Shirt über den Kopf und schlüpfte in das neue.
Ich lag auf dem Bett und sah ihm zu, wie er sich im Spiegel der Schranktüre musterte.
- SUCHE ZIMMER - stand es unübersehbar in Weiß auf einem roten Kreis geschrieben. Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite.
»Und? Sieht doch gar nicht übel aus...« Er lächelte erwartungsvoll. »...Die Fahne Japans! Cool, oder? Ich sollte dir auch noch eins machen lassen. In Grün vielleicht? Mit weiß-roter Schrift?«
Ich klappte mein Buch zusammen, setzte mich auf, und je länger ich Shiro ansah, desto klarer wurde mir: So würde das nie was...
Eineinhalb Wochen später konnten wir umziehen. Pius sei Dank!
Shiro hatte ihn eines Abends am Hafen kennen gelernt, während ich mal wieder bei Luisa Marone aushalf. Das war mittlerweile zur Gewohnheit geworden: Wenn ich die Chance bekam, im Carciofi zu arbeiten, erforschte mein Japaner das Nachtleben von Genova. Wie ein Hund zog er dann durch die Gassen, durchstreifte Clubs und Bars und kam meist glücklich, angefüllt mit Eindrücken und Alkohol, oft viel später nach Hause als ich. Er lerne so seine neue Stadt kennen, wie er mir zu verstehen gab.
Und irgendwann schließlich, auf einer seiner Touren, landete er im L’amo.
Das L’amo ist eine Schwulenbar, die sich etwas unscheinbar in einer noch unscheinbareren Seitengasse in der Nähe vom Hafen befand.
Und dort, im L’amo, arbeitete Pius hinter der Theke.
Shiro trug sein Shirt, Pius hatte ein Zimmer zu vergeben, und so ergab eins das andere.
Gerade mal zwei Tage darauf trafen wir uns zur Wohnungsbesichtigung.
Für uns war das eine Riesenchance. Sollte es tatsächlich klappen, wäre die Zeit des sich Verstellens Geschichte.
»Ihr seid Köche oder so?«
Wir nickten.
»Klasse! Ist doch super. Gekocht wird hier bisher nämlich eher wenig...« Ich sah in den Kühlschrank und korrigierte lautlos in - gar nicht .
Pius faszinierte mich.
Er war eigenartig hübsch. Sehr zierlich, sehr schlank, mit wasserblauen wachen Augen und schulterlangem dünnem blondem Haar, zwischen dem seine Ohren wie die eines Fabelwesens hervorlugten. Seine schmalen, blassen Lippen schienen unentwegt leicht zu lächeln, und seine ebenso schmalen blassen Hände waren immer in Bewegung. Es lag etwas in seinem Blick, was mich fesselte. Etwas, das ich so nicht kannte. Etwas Intensives.
Das Zimmer, welches wir
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