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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Fotos.
    Ich ging in die Küche. Im Geiste sah ich uns beide mit einem riesigen Tablett mit geröstetem Speck, Spiegeleiern und gebuttertem Toast im Bett frühstücken, aber die Realität holte mich schnell ein. Aus dem Kühlschrank starrten mir eine vergammelte Porreestange, eine Flasche Zitronensaft und eine Tube Ketchup entgegen.
    »Hey, Kleidertausch ist unfair.«
    Ich fuhr herum und musste lachen.
    Lucian stand im Türrahmen. Er trug seine Jeans und hatte seinen nackten Oberkörper in meinen engen schwarzen Kapuzenpulli gequetscht.
    Er grinste und deutete mit dem Kopf zum Kühlschrank. »Zitronenporree mit Ketchup. Ich hab gestern schon überlegt, ob das ein amerikanisches Nationalgericht sein könnte.«
    »Jedenfalls keins, das ich ausprobieren will«, entgegnete ich lachend und sah zum Fenster, durch das die Sonnenstrahlen schienen. »Komm, lass uns frühstücken gehen.«
    Lucian streifte meinen Pulli über den Kopf und stand da mit zerzaustem Haar. Er streckte mir seine Hand entgegen. »Erst duschen«, sagte er und lächelte mich an.
    Wir gingen nicht frühstücken, sondern wir fuhren frühstücken, und zwar in einem Auto, das sich als geklaut herausstellte. Erst als wir vor das Haus traten und ich Lucian stirnrunzelnd ansah, wurde mir bewusst, was er mir gestern Nacht alles nicht erzählt hatte. (Zum Beispiel, dass er erster Klasse nach Amerika geflogen war, ohne zu bezahlennatürlich, und dass er sich das Autofahren auf den Straßen von San Francisco selbst beigebracht hatte.)
    Der Wagen war ein alter metallicblauer Chevy, der reichlich klapprig wirkte. Auf der Heckscheibe prangte ein gelber Aufkleber, auf dem ein schwarzes Kapuzenmännchen eine Waffe schwang. Darüber stand in schwarzen Lettern: Voldemort votes Republican .
    »Gute Wahl, Brother«, sagte ich und stieg auf der Beifahrerseite ein. Die Luft war noch ziemlich kühl, aber sie roch wunderbar. Nach See und Bergen und nach Sonne.
    »Und wie hast du das Haus gefunden?«, fragte ich, nachdem wir losgefahren waren. Die Seeseite, an der das Haus meines Urgroßvaters lag, war ziemlich einsam und von einem großen Waldstück umgeben. Ich hatte kein anderes Haus in der Nähe gesehen. Ein paar Hundert Meter weiter hatten wir einen großen Campingplatz passiert und jetzt entdeckte ich Siedlungen von kleinen, zweistöckigen Sommerhäusern. Aber die meisten von ihnen schienen leer zu stehen, nur hier und dort parkte ein Wagen vor der Einfahrt, und von den Bootsverleihen, an denen wir vorbeikamen, hatten die meisten geschlossen.
    »Die ersten Tage gar nicht«, erwiderte Lucian. Er war ein guter Autofahrer. Er lenkte den Wagen mit einer Hand, während seine andere auf meinem Bein lag. »Ich bin ziellos herumgekurvt. Dieser See ist verdammt riesig. Hundertsechzig Meilen Ufer. Keine Ortschaft, aber unzählige Häuser im Umland. Du hast dich wirklich ziemlich bedeckt gehalten.«
    »Mein Dad und Michelle leben in Los Angeles«, murmelte ich beschämt. »Das Haus hier ist nur Dads Ferienhaus.«
    »Eigentlich war es ein verrückter Zufall«, sagte Lucian. »Ich war wohl nicht der einzige Streuner in der Gegend. Jedenfalls tauchte plötzlich diese schwarze Katze auf. Sie kam aus dem Wald und taperteschnurstracks auf euer Haus zu. Ich bin ihr gefolgt. Frag mich nicht, warum.«
    Der See lag nun zu unserer Rechten. Ein paar Boote waren unterwegs und ich entdeckte auch einige Surfer im Wasser. Die Häuser, die auf dieser Seite in die Berge gebaut waren, wirkten größer und teurer als die Ferienhäuschen, an denen wir vorhin vorbeigekommen waren. Auf den Weiden, die grün und saftig aussahen, grasten Pferde.
    »Die Katze führte mich direkt vor den Hintereingang im Garten«, erzählte Lucian weiter. »Dort verschwand sie in der Katzenklappe und ich sah durch das Fenster dein Foto.«
    Ich schüttelte den Kopf, ich wusste genau wie er, dass das kein Zufall gewesen war, genauso wenig wie unsere Liebe ein Zufall war.
    Lucian schien mir anzusehen, was ich dachte, und stupste mir gegen das Bein.
    »Hey Schneewittchen«, sagte er. »Ich glaube, eigentlich bist du der Zwerg. Denn diesmal hab ich von deinem Tellerchen gegessen. Und ich habe in deinem Bettchen geschlafen.«
    Ich musste lachen und Lucian zeigte nach links.
    »Was hältst du davon?«, fragte er und drosselte das Tempo.
    Hinter einem Parkplatz, auf dem drei Autos und ein Truck standen, sah ich einen altmodischen Diner.
    Die Markise war rot-weiß gestreift und auf dem Schild über dem Dach stand die Aufschrift Uncle

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