Lucian
soll das heißen?« Ich musste lachen. »Ich kann schwimmen. Also musst du es auch können!«
»Also gut.« Lucian zog mich zurück zum Auto. »Ich versuch’s. Aber nur, wenn du fährst.«
»Ich kann nicht fahren!«
»Was soll das heißen?« Lucian hob eine Augenbraue. »Ich kann fahren. Also musst du es auch können.«
Ich küsste ihn. Ich würde alles können, solange er nur bei mir war.
Als wir wieder beim Wagen ankamen, hielt mir Lucian die Fahrertür auf und ich stieg ans Steuer.
Ich griff nach dem Schlüssel und steckte ihn ins Schloss. »Und jetzt?«, fragte ich unsicher.
»Anlassen.« Lucian war neben mir eingestiegen. Er machte ein strenges Gesicht.
Ich lachte. »Danke für den Hinweis, Herr Fahrlehrer. Wie? Wo anlassen?«
»Da, du Dumme.« Lucian zeigte auf das Zündschloss. »Du musst den Schlüssel nach rechts drehen.«
Ich tat es. Der Motor brummte, aber es geschah nichts.
»Geht nicht, du Dummer.«
»Ach ja. Bremse. Du musst auf die Bremse treten.«
Ich trat auf die Bremse und drehte den Schlüssel nach rechts. Der Wagen sprang an.
Ich kreischte. »Es klappt. Ich kann es. Ha! Ich kann einen Wagen starten.«
»Bestens.« Lucian grinste trocken. »Dann zeig mal, ob du ihn auch fahren kannst. Hier.« Er zeigte auf die Schaltung. »Du musst auf D schalten. Und dann Gas geben.«
Ich schaltete auf D und gab Gas. Der Wagen schoss nach vorn. Erschrocken trat ich auf die Bremse und fing wieder an zu lachen.
»So«, sagte Lucian, »wird das nichts. Ein bisschen mehr Konzentration, wenn ich bitten darf.«
»Ich kann nicht.« Ich zog eine Schnute. »Ich bin geschwächt. Ich brauche einen Kuss. Oder zwei. Oder zehn.«
Lucian seufzte gespielt. »Wenn es denn unbedingt sein muss.«
Er lächelte sein wunderbar schiefes Lächeln, zog mich an sich und drückte seine Lippen auf meinen Mund. Seine Hände glitten unter mein T-Shirt, mein Herz fing an, verrückt zu spielen.
Wir zuckten voreinander zurück, beide erschrocken von der Macht unserer Gefühle. So stark? So stark?
Ich räusperte mich. Dann gab ich langsam Gas und versuchte, die Kontrolle über den Wagen zu behalten, der über den Schotterweg rumpelte. Es war ein Wahnsinnsgefühl.
»Ich fahre«, kreischte ich. »Ich fahre Auto. Oh mein Gott, oh mein Gott!« Ich lenkte den Wagen über den holprigen Waldweg. Obwohl es kaum mehr als zehn Stundenkilometer sein mochten, fühlte es sich rasend schnell an. Als wir an die Straße kamen, gab ich Gas. Der Wagen scherte aus, und als im gleichen Moment ein Auto auf der Gegenfahrbahn auf uns zukam, schwenkte ich um und drückte kreischend auf die Bremse. Wir flogen nach vorn und der Wagen landete im Graben.
Der Gurt schnitt mir schmerzhaft in die Brust. Das andere Auto fuhr hupend an uns vorbei, der Fahrer streckte empört die Faust aus dem Fenster. Aber ich konnte nicht aufhören zu lachen.
»He! Willst du uns . . .« Lucian stockte. »Ich glaub, ich geh lieber wieder ans Steuer«, sagte er hastig. »Hoffentlich stelle ich mich beim Schwimmen nicht so blöd an wie du beim Fahren.«
Ich kicherte, etwas bemühter als beim letzten Mal. »
Das werden wir ja sehen.«
Wir fuhren zu einer kleinen, sandigen Bucht, die von hohen Felsen gesäumt war. Lucian angelte vom Rücksitz ein Handtuch. Es war quietschgelb mit einem großen aufgedruckten Winnie the Pooh.
»Hübsch«, sagte ich.
»Ja, nicht wahr?« Lucian grinste. »Es kam gratis mit dem Chevy. Ich hoffe nur, sein Besitzer vermisst es nicht zu schmerzlich. Gehen wir?«
Die Bucht war menschenleer. Die graubraunen Felsen umrahmten sie wie eine Schale. Am Ufer wuchsen ein paar Büsche und auf der anderen Seite erhoben sich die Berge. Mittlerweile war es fast so warm wie im Sommer in Deutschland, und dass niemand hier war, lag wahrscheinlich an der Nebensaison.
Für einen Moment überlegte ich, ob ich das T-Shirt anlassen sollte, aber dann streifte ich es ab. Ich wollte das Wasser am Körper spüren. Ich rannte über den weichen Sand und warf mich in den See, der so kalt war, dass ich aufkreischte.
»Komm rein«, schrie ich Lucian zu. »Los, komm schon, du Feigling!«
Zögernd betrat Lucian das Wasser. Seine Knie verschwanden, dann seine Oberschenkel, seine Hüften und schließlich lugte nur noch sein Kopf aus der Oberfläche. Er machte noch einen Schritt, ruderte mit den Armen – und ging unter.
Scheiße! Ich kraulte auf die Stelle zu, wo er verschwunden war, schluckte Wasser, rief seinen Namen. »Lucian! Lucian!«
Entsetzt tauchte ich unter, aber
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