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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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wolltest es spielen, aber dein Dad hatte keine Lust. Er hörte sich an, als hättet ihr es in den letzten Tagen ungefähr siebentausend Mal gespielt. Und als ich herkam, hab ich es im Regal gesehen.«
    Ich kicherte. Ich erinnerte mich sehr genau daran, wie oft ich gegen Dad gewonnen hatte. Eigentlich immer.
    »Ich kann es dir zeigen«, sagte ich zu Lucian. »Aber ich warne dich. Ich bin unschlagbar in diesem Spiel.«
    »Abwarten.« Lucian stand auf und kam kurz darauf mit dem Spiel zurück. Wir beschlossen, dass der Gewinner einen Wunsch freihatte.
    »Also, Spitz«, sagte ich, als ich jedem von uns sieben Chips ausgeteilt und meinen Spielstein auf der kreisförmigen Unterlage aufgestellt hatte. Den an dem Spielstein befestigten Faden hielt ich fest zwischen Daumen und Zeigefinger, den Becher schob ich zu Lucian.
    »Du nimmst jetzt diesen Becher in die Hand, hältst ihn mit der Öffnung nach unten und ich würfele. Bei einer Sechs versuchst du, meinen Stein mit dem Becher zu fangen. Wenn ich den Spielstein vorher wegziehe, bekomme ich einen von deinen Chips. Wenn du michfängst, bekommst du einen von mir. Verlierer ist, wer als Erster keine Chips mehr hat. Verstanden?«
    »Wuff«, sagte Lucian.
    Ich kicherte, trank einen großen Schluck Champagner und fing an zu würfeln. Eine Vier. Eine Drei. Eine Eins, noch mal eine Eins. Ich kicherte lauter. Während Lucian den umgedrehten Becher in der Hand hielt, sah er mir die ganze Zeit in die Augen. Ich versuchte seinem Blick standzuhalten, schaute immer nur kurz auf die Würfel. Meine Muskeln spannten sich, mein Herz klopfte und immer wieder prustete ich los. Ich würfelte eine Fünf. Eine Vier. Eine Eins. Eine Sechs. Hastig zog ich an dem Faden, aber Lucian war schneller. Sein Becher war auf meinen Spielstein niedergesaust, von dem jetzt nur noch der Faden zu sehen war.
    Lucian pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn und streckte mit einem spöttischen Siegerlächeln die Hand nach dem Chip aus.
    »Pah!«, knurrte ich. »Bild dir bloß nichts ein! Das war pures Anfängerglück.« Ich schnippte einen Chip zu ihm rüber.
    Lucian grinste und ich würfelte weiter: eine Drei, eine Fünf, eine Vier, eine Sechs. Blitzschnell zog ich an dem Faden, aber wieder war ich zu spät. Lucian hob den Becher und warf meinem Spielstein einen mitleidigen Blick zu. »Nicht traurig sein, Omi. Den nächsten Chip, wenn ich bitten darf.«
    Knurrend schob ich ihn zu ihm rüber und würfelte – eine Sechs.
    Lucian grinste. »Nächster Chip.«
    Ein paar Sekunden später: »Nächster Chip.«
    Ich würfelte eine Zwei, eine Drei, eine Zwei, eine Eins, eine Drei, eine Sechs, ich zog am Faden und starrte empört auf den umgedrehten Becher.
    »Das gilt nicht!«, keuchte ich.
    »Oh doch. Es gilt voll und ganz.«
    Ich schob den fünften Chip rüber und streckte Lucian wütend die Zunge raus. Mittlerweile war ich regelrecht davon besessen, das Ruder herumzureißen. Ich presste den Faden zwischen Daumen und Zeigefinger, würfelte eine Vier, dann eine Sechs. Der Becher knallte auf die Unterlage und ich schimpfte: »Oh, du Scheißkerl!«
    »Ich darf doch sehr bitten.« Lucian zog eine Augenbraue hoch und schnappte sich meinen vorletzten Chip.
    Ich würfelte eine Drei, eine Drei, eine Drei, eine Drei, eine Sechs –und verlor meinen letzten Chip.
    »Ich fasse es nicht«, fauchte ich.
    Die Katze sprang vom Schaukelstuhl, tapste auf uns zu, blieb einen Augenblick stehen, zuckte mit dem Schwanz, drehte uns dann würdevoll und fast ein wenig abfällig den Rücken zu und verschwand in der Dunkelheit.
    »Jetzt du«, befahl ich kampflustig. Ich hielt Lucian den Würfel hin und streckte meine andere Hand nach dem Becher aus.
    Lucian platzierte seinen Spielstein auf der Unterlage, hielt den Faden straff und ließ den Würfel rollen. Ich fixierte ihn und stieß ein leises Knurren aus, dann verschluckte ich mich und musste kichern. Lucian verzog keine Miene und ich konzentrierte mich. Er würfelte eine Fünf und dann eine Sechs. Er zog am Faden und im selben Moment sauste mein Becher herab.
    »Ha!« Triumphierend streckte ich die Hand nach dem ersten Chip aus.
    Kurz darauf verlangte ich den zweiten und zehn Minuten später hatte auch Lucian seine sieben Chips an mich abgetreten.
    Zufrieden lehnte ich mich zurück.
    »Du weißt, warum wir das können?«, fragte er. »Oder?«
    Ich nickte und plötzlich war mir schwindelig. Lucian fühlte, was ich fühlte. Ich fühlte, was Lucian fühlte. Es war derselbe Einklang wiein

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