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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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ewig.
    »Was heißt das jetzt für dich?«, fragte ich Lucian. »Was heißt das jetzt für uns?«
    Es tat mir weh, es auszusprechen, es war ein echter körperlicher Schmerz, anders als der, den unsere Trennung verursacht hatte, aber ähnlich unerträglich. »Kannst du . . . willst du . . . zurück?«
    Ich dachte an Fayes Worte. Es müssen beide wollen, hatte sie gesagt. Ich klammerte mich an Lucian fest und er legte seinen Arm um mich, aber diesmal hielt er mich so fest wie ich ihn.
    »Nein«, flüsterte er an meinem Hals. »Nein, ich will nicht zurück. Ich lass dich nicht allein. Ich bin ein Mensch geworden, weil ich dich liebe. Ich bin ein Mensch geworden, weil ich dein Leben retten wollte. Und Engel können nicht retten, stimmt’s?«
    Er nahm mein Gesicht in beide Hände.
    »Wir müssen versuchen, zusammenzubleiben, bis es geschieht. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht getrennt werden. Das ist unsere einzige Chance.«
    »Was heißt hier versuchen?«, rief ich entsetzt. »Hör endlich auf, davon zu reden, dass es geschieht. Es muss nicht geschehen! Bei Finn ist das Haus abgebrannt. Lovell hat Selbstmord begangen. Einen Brand kann man nicht verhindern und einen Selbstmord plane ich auch nicht. Bei uns ist es anders, Lucian! Bei uns geht es um irgendeinen fremden Raum, den wir nicht einmal kennen, der nichts mit meinem Leben zu tun hat! Wer sagt denn, dass ich wieder in diesem Scheißraum landen muss?«
    »Rebecca.« Lucian streichelte mir über das Haar. »Das hast du mich eben schon gefragt. Und ich habe dir gesagt: Es wird passieren.«
    »Woher weißt du das?« Ich konnte, ich wollte mich nicht mit seinen Erklärungen zufriedengeben, es waren ja nicht mal welche!
    Lucian sah aus dem Fenster. Draußen war es jetzt fast hell. »Woher weißt du, dass dein Leben endlich ist?«, fragte er, anstatt mir zu antworten. »Woher weißt du, dass du eines Tages auf jeden Fall sterben musst?«
    »Was soll das denn?«, schnaubte ich. »Das ist doch kein Vergleich. Jeder . . . Mensch weiß, dass er irgendwann sterben muss.«
    »Das ist richtig«, sagte Lucian. »Aber woher?«
    »Na, weil jeder irgendwann stirbt.«
    »Und woher weißt du, dass es bei dir nicht anders ist? Dass bei dir keine Ausnahme gemacht wird?«
    »Weil . . . weil . . . ach, verdammt!«, stöhnte ich in die Enge getrieben. »Es ist mir scheißegal, ob ich irgendwann sterbe, darum geht es doch überhaupt nicht. Es geht um jetzt . Es geht um uns ! Wenn ich daran glauben würde, dass man nichts ändern kann, dann wäre ich nicht hier, sondern in Los Angeles geblieben und hätte mich mit meinembeschissenen Schicksal abgefunden. Aber das habe ich nicht und das werde ich auch jetzt nicht tun!«
    Ich schwieg verbissen, während Lucian mir leise übers Haar strich. Er schwieg anders als ich, sanfter, aber es sagte mir alles. Meine Worte erreichten ihn nicht.
    Im Zimmer schien es immer kälter zu werden.
    Als ich nach meinem Pullover griff, fiel mir plötzlich wieder Lucians Traum von dem Pappmaschee-Affen und dem Farbtopf ein.
    Okay, das war der beste Beweis!
    Ich erzählte Lucian von dem Atelier in Hamburg und der verdreckten Küche. »Es ist nicht so passiert, wie du es geträumt hast. Ich war darauf vorbereitet. Ich habe verhindert, dass der Farbtopf auf mich draufgefallen ist. Also . . .«
    Triumphierend sah ich Lucian an. » . . . also ist es nicht passiert. Wie der Raum aus unserem Traum aussieht, wissen wir genau. Es muss bei uns gar nicht erst so weit kommen wie bei Faye und Finn. Selbst wenn dieser Raum existiert, wir müssen einfach nur darauf achten, ihn nicht zu betreten!«
    Neue Energie durchflutete mich. Ich legte meine Hand auf Lucians Arm. »Wir fahren zurück zu meinem Dad und reden mit ihm«, sagte ich fest. »Er ist nicht wie Janne. Er will mich auch beschützen, aber er wird mir zuhören. Er wird uns zuhören und dann wird er versuchen, uns zu helfen.«
    »Weiß er überhaupt, wo du bist?«, fragte Lucian.
    »Nein«, sagte ich – und zum ersten Mal, seit ich hier war, wurde mir voll bewusst, dass Dad seit zwei Tagen und zwei Nächten kein Wort von mir gehört hatte.
    »Wir können mit ihm reden«, wiederholte ich störrisch. »Er wird uns helfen. Er wird dafür sorgen, dass wir zusammenbleiben können!«
    »Woher weißt du das?«, fragte Lucian.
    Draußen sang ein Vogel. Und ich sah Lucian an. »Ich weiß es einfach!«, sagte ich. »Genau wie du.«
    Lucians Ausdruck veränderte sich. In sein Gesicht kam wieder Farbe, in seine Augen kehrte

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