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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Und Janne hat uns alles erzählt.«
    »Mam irrt sich«, presste ich hervor. »Sie kennt nicht die ganze Geschichte! Bitte, Dad, hör mir doch nur einen Moment lang zu . . .«
    Dad drückte mit dem Daumen auf die Taste seines Handys.
    »Hier ist Alec Reed«, hörte ich ihn Sekunden später sagen. »Schicken Sie bitte sofort einen Wagen in die Delamore Street Nummer 11. Meine Tochter ist zurück. Und der Junge ist bei ihr . . . Ja, genau . . . ja . . . danke . . . bis gleich.«
    Dad steckte das Handy zurück in die Hosentasche und ließ Lucians Jacke los.
    »Das Spiel ist aus«, sagte er. »Was immer in deinem kranken Kopf vorgeht und wie immer du es geschafft hast, Rebecca hierherzufolgen, du wirst meiner Tochter kein Haar krümmen.«
    »Das Einzige, was in meinem Kopf vorgeht«, erwiderte Lucian ruhig, »ist der Wunsch, Rebeccas Leben zu retten. Und dazu müssen wir zusammenbleiben. Wenn Sie mich jetzt von Ihrer Tochter trennen, Sir, dann bin nicht ich Rebeccas Mörder, sondern Sie.«
    Jetzt holte Dad doch zum Schlag aus, aber diesmal blieb seine Hand in der Luft hängen. Sein Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an. Er ließ die Hand sinken, starrte in Lucians Richtung und dann fassungslos zu mir, als hätte ich gerade einen magischen Trick zum Besten gegeben.
    Krampfhaft versuchte ich, ruhig zu bleiben. Ich wusste, was geschehen war.
    Dad schaute Lucian jetzt direkt an, aber er konnte ihn nicht mehr sehen. Sein Blick irrte umher, als hätte er eine Sinnestäuschung, und das hatte er offensichtlich auch, denn genau wie Faye war Luciannoch immer in der Küche, dicht an meiner Seite. Ich fühlte die Wärme seines Körpers und seine Hand, die meine Finger fest umklammerte, ich spürte sogar seinen Atem.
    Auch Michelle war jetzt völlig verstört und vom Türrahmen ertönte Vals Stimme. »Wo ist er denn?«, piepste sie ängstlich. »Wie hat er das gemacht?«
    »Val!« Michelle rannte auf ihre Tochter zu. »Was tust du schon wieder hier unten? Wo ist Faye?«
    »Und wo . . .?«, stotterte Dad.
    Es klingelte an der Tür. Zwei, drei, vier schrille Töne, rasch hintereinander. Dad rannte aus der Küche, Michelle folgte ihm.
    Val hatte sich unter dem Küchentisch verkrochen, während Faye eine leichte Kopfbewegung Richtung Küchentür machte. Ich fühlte, wie sich Lucians Hand aus meiner löste. Verzweifelt versuchte ich, es zu verhindern, aber Lucian entzog sich meinem Griff. Dann ließ er mich los und drehte sich zu mir.
    Sein Blick war ruhig, und in diesem Moment spürte ich, wie er mir das Vertrauen zurückgab, dass alles doch noch gut werden würde. Irgendwie würde Lucian es schaffen. Sein Lächeln gab mir noch einmal Halt, dann ging er in Richtung Küchentür. Faye folgte ihm.
    Im Flur ertönten Schritte. Ich hörte eine fremde Männerstimme, dann die Stimmen von Dad und Michelle.
    »Eben war er noch . . .«
    »Spurlos verschwunden . . .«
    »Von einer Sekunde auf . . .«
    Ein Officer trat hinter Dad und Michelle in die Küche, ein gedrungener Mann mit fuchsrotem Haar. Auf seiner linken Schulter, dicht neben dem Abzeichen, prangte ein glibberiger Fleck, der aussah wie Möwenkacke.
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte er von mir zu Dad.
    »Ich kann . . . », stammelte Dad. »Ich kann es mir nicht erklären, Officer. Bis eben war der Junge noch hier.«
    »Was in Teufels Namen geht hier vor?«, zischte Michelle. »Wo ist der Kerl?«
    Er geht gerade aus der Küche, dachte ich.
    Laut sagte ich: »Ich weiß es nicht«, und versuchte dabei, nicht in Fayes Richtung zu schauen, die jetzt ebenfalls die Küche verließ. »Ich habe keine Ahnung, wo er ist.«

NEUNUNDDREISSIG
    Dad schleifte mich durch das ganze Haus. Über eine Stunde lang, treppauf, treppab. Es war fast so wie an dem Tag nach meinem Geburtstag, an dem ich allein wie eine Verrückte durch das Haus gehetzt war, um in jedes Zimmer zu sehen. Nur dass ich vor meinen Gedanken geflohen war, während Dad eine verbissene Suchaktion veranstaltete.
    Die Frage, was mit Lucian passiert war, stellte er mir ungefähr ein Dutzend Mal und ich wiederholte wie ein dressierter Papagei: »Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht«, bis die Worte sich anhörten wie eine sinnentleerte Litanei. Natürlich nahm mir Dad kein einziges davon ab, ebenso wenig wie Michelle, während der Officer dagegen an ihrer beider Zurechnungsfähigkeit gezweifelt hatte.
    »Einen Jungen, der sich in Luft auflöst, kann ich schlecht zu Protokoll geben«, hatte er gesagt und bedauernd mit den

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