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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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wie du. Punkige Lederjacke. Reicht das? Oder brauchst du noch ein paar zusätzliche Stichworte?«
    Ich starrte ihn wortlos an, mein Herz klopfte schneller. »Du hast ihn gesehen?«
    »Sheila«, entgegnete Sebastian knapp. »Und sie hat nicht ihn gesehen, sondern euch. Laut ihrer Aussage wart ihr ziemlich vertieft in euren kleinen Flirt. Ich muss sagen, dass ich das ganz schön heftig von dir finde. Ich lass dir gerne Zeit, Becks. Aber nicht für einen anderen. Das kannst du vergessen.«
    »Scheiß auf Sheila Hameni«, fluchte ich, als mir wieder einfiel, wie sie mich am Sonntag hinter vorgehaltener Hand in der Fischauktionshalle angestarrt hatte. »Glaubst du alles, was die blöde Kuh dir erzählt? Das war kein Flirt. Das . . .«
    »Ja?« Sebastian sah mich an. »Du brauchst nicht stottern. Ich höre dir zu.«
    »Ich hab meinen iPod verloren, okay?«, stieß ich ungewollt heftig aus. »Der Typ hat ihn gefunden und mir in die Hand gedrückt. Ich hab mich bedankt und das war alles. Ich weiß nicht mal seinen Namen.« Wenigstens das entsprach der Wahrheit.
    »Aha. Na, wenn das so ist.« Sebastians Miene war wie versteinert.
    »Ja, so ist es! Und wenn du mir nicht glaubst, kann ich dir auch nicht helfen.«
    Sebastian zuckte mit den Achseln. Plötzlich sah er hilflos aus. »Egal, vergiss es einfach. Lass uns reingehen.«
    Ich folgte ihm und merkte, wie sich alles in mir zusammenkrampfte. Er hatte ja recht. Das, was ich abzog, war alles andere als fair ihm gegenüber.
    Andererseits – ich hatte den fremden Jungen, dessen Namen ich ja tatsächlich nicht einmal kannte, erst dreimal gesehen. Jedes Mal für kurze Zeit. Warum fühlte es sich dann so an, als ob Sebastian allen Grund dafür hätte, eifersüchtig zu sein?
    »Becks, kommst du?« Sebastian hatte ein Lächeln aufgesetzt, das wohl seine Unsicherheit überspielen sollte. Er hielt mir die Tür zum Diner auf. »Seltsam, was Tyger am Schluss gesagt hat, oder? Warum hat er sich selbst nicht auch genannt, als er darüber sprach, dass uns Gedanken quälen? Meinst du, er hat ein Geheimrezept? Würde ihm ähnlich sehen.«
    Ich hatte es nicht verdient. Ich hatte es einfach nicht verdient, wie nett Sebastian zu mir war. Aber ich fühlte die Erleichterung fast körperlich. Sebastian war mein bester Freund und ich wollte ihn um keinen Preis der Welt verlieren. Ich hakte mich bei ihm unter. »Bruder«, sagte ich, »dasselbe habe ich mich auch gefragt.«
    Wir setzten uns zu Suse an den Tisch. Sie hatte schon bestellt und schaufelte ihre Pommes in sich hinein. Sebastian orderte ein Truthahnsandwich für sich und einen Veggieburger für mich und zahltebeides. Und während wir kauten, sorgte Suse für Unterhaltung. In knapp zehn Tagen wollte sie ihren Geburtstag feiern und hoffte auf einen halbwegs warmen Herbsttag, damit sie wie letztes Jahr an der Elbe grillen konnte. Sie betete, dass Dimo kommen würde. Gestern war Bandprobe gewesen und Dimo hatte T-Shirts für seine Backvocals anfertigen lassen. Sie waren weiß mit rotem Kreuz und trugen den Aufdruck Kranke Schwester .
    Jedes Mal wenn Suse Dimos Namen fallen ließ, flackerten ihre Augenlider und Sebastian stieß mich mit dem Fuß unter dem Tisch an.
    Okay, dachte ich. Alles ist wie früher. Alles ist wie immer. Ich atmete aus, lehnte mich zurück – und sah den schwarzen Haarschopf am Tresen.
    Ich verschluckte mich vor Aufregung und fing wie wild an zu husten. Während Sebastian mir den Rücken klopfte, erkannte ich das schmale Gesicht mit den dunklen Augen.
    Er saß am Tresen, ganz hinten in der Ecke und hielt ein Glas Cola in die Höhe. Er sah aus, als prostete er mir zu.
    Ich röchelte. Ein Stück Salat hatte sich in meiner Speiseröhre verfangen. Tränen stiegen in meine Augen, doch ich wendete meinen Blick nicht ab.
    Jetzt glitt der Junge von seinem Barhocker und kam durch den vollen Diner auf uns zu. Auf seinem Gesicht lag ein konzentrierter Ausdruck. Obwohl er langsam ging, waren seine Bewegungen leichtfüßig, geschmeidig, wie bei einem Raubtier, das sich auf leisen Pfoten seiner Beute nähert. Weder Suse noch Sebastian schienen ihn wahrzunehmen, was vielleicht auch an meinem Hustenanfall lag. Der Junge war nur noch wenige Schritte von unserem Tisch entfernt. Er machte einen demonstrativ tiefen Luftzug, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Sein Mundwinkel verzog sich zu einem schiefen Lächeln und dann ging er an mir vorbei.
    Am liebsten wäre ich hinter ihm hergerannt, aber in diesem Moment bekam ich endlich wieder

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