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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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ausgeheult?«, schnaubte sie.
    »Hätte sie wohl gern«, gab ich zurück. »Aber ich hab sie nicht gelassen. Was ist denn passiert?«
    »Du glaubst gar nicht, wie egal mir das ist, was gestern hier passiert ist.« Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil sie noch immer über ihre Friseurtasche gebeugt war, aber ihre Stimme klang wieder tränenerstickt. »Sollen die beiden ihren Scheiß allein klären. Ich hab andere Sorgen.«
    »Willst du darüber sprechen?«
    Ein heftiges Kopfschütteln folgte, und als ich Suse in den Arm nehmen wollte, wich sie zurück. »Nein. Lass das. Wie sagst du immer: Probleme werden vom Rumjammern auch nicht besser.« Aber gleichzeitig begannen die Tränen über ihre geröteten Wangen zu rollen. Sie flüchtete sich auf ihr Bett.
    Ich folgte ihr. »Dimo?«, fragte ich leise und setzte mich vor dem Bett auf den Boden.
    Suse nickte. Sie konnte nicht sprechen, so sehr musste sie weinen. Ozzy, den sie wieder in seinen Käfig gesetzt hatte, fiepte in den kurzen Atempausen auf, als wollte er ihr Leid aus der Ferne untermauern.
    Ich stand auf, beugte mich über sie, drückte sie fest an mich und diesmal wehrte sie sich nicht. So verharrten wir eine lange Zeit, ohne etwas zu sagen. Alles, was mir einfiel, hätte daneben geklungen.
    Als Suse endlich leer geweint war, entzog sie sich langsam meiner Umarmung. Mein Pulli war klatschnass und Suses Gesicht war jetzt so geschwollen, dass ihre Augen nur noch schmale Schlitze waren. Sie stand auf, lief zum Fenster und sah hinaus.
    »Gestern«, setzte sie an, »als meine Eltern sich in der Küche die schlimmsten Dinge an den Kopf geworfen haben, bin ich abgehauen. Ich hab gesehen, dass du angerufen hast, aber . . .« Sie verstummte und ich biss mir auf die Lippen.
    »Ich bin dann zu ihm gegangen.« Suse sprach Dimos Namen nicht aus. »Seine Eltern waren im Kino. Wir sind auf sein Zimmer, er war total lieb, hat mir zugehört und mich getröstet und dann . . .
    Sie senkte den Blick. ». . . dann hat er mich geküsst. Und gestreichelt. Irgendwann hat er an meinem BH rumgefingert. Ich hab mich weggedreht und gemurmelt, er solle warten, aber da wurde er ungeduldig und dann hab ich einfach . . . ich hab einfach meine Hose ausgezogen. Und meine Unterhose. Mein T-Shirt hab ich anbehalten. Er hat auch seine Jeans ausgezogen und dann haben wir . . . haben wir . . . na ja, du weißt schon.«
    Suse sah noch immer aus dem Fenster. »Es ging alles so schnell. Als er in mir war, hat er wieder seine Hand unter mein T-Shirt geschoben, und dann konnte ich nicht mehr. Ich hab ihn machen lassen. Bis er . . .«
    Suse drehte sich zu mir um. Wie einen Schutzschild hielt sie ihre Arme vor der Brust verschränkt. » . . . bis er dran war. Erst links . . . dann rechts. Und dann . . .« Sie stoppte.
    »Und dann?« Ich atmete tief ein. »Was war dann?«
    »Dann . . . dann . . .« Suse schüttelte den Kopf und vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Dann ist er in mir . . . klein geworden. Hat einfach schlappgemacht. Wenn du weißt, was ich meine.« Sie wartete meine Antwort nicht ab.
    »Er hat sich im Bett aufgesetzt«, piepste sie zwischen ihren Fingern hervor. »Und hat mir den Rücken zugedreht. Er hat gesagt, ich hätte ihn warnen sollen. Dass er das erst mal verdauen müsse. Dass ich jetzt vielleicht besser gehen sollte. Und das hab ich dann auch getan.«
    Suse nahm die Finger von ihrem Gesicht und schaute zu mir rüber. Sie sah aus wie ein kleines Mädchen.
    Arschloch, dachte ich. Du mieses, dreckiges, kleines Arschloch.
    »Ich schäme mich so«, flüsterte Suse. »Oh Gott, ich schäme mich so. Dimo hat ja recht, ich . . .«
    »Du?«, schrie ich und sprang auf. »Dieser Typ mit seinem mickrigen Wurm in der Hose sollte sich schämen. Er sollte sich im tiefsten Loch auf Gottes Erdboden verkriechen und nie wieder rauskommen, weil ich ihm sonst seine verkackten Eier abschneide. Davor kannst du ihn warnen! Oder vielleicht lieber nicht, ich überrasche ihn gerne. Hast du zufällig auch eine Eierschere in deiner Sammlung?«
    Für einen winzigen Moment musste Suse grinsen. »Wenn man dich so hört, könnte man glatt meinen, du hättest eine Hardcore-Lesbe als Mutter.«
    »Ist doch wahr«, brummte ich und fühlte mich plötzlich noch schuldiger als zuvor. »Es tut mir so leid, dass ich gestern nicht für dich da war. Wenn ich das gewusst hätte . . .«
    »Dann wärst du wahrscheinlich tatsächlich auf ihn losgegangen.« Suse zog die Nase hoch. »Es ist seltsam, oder?«, sagte sie plötzlich.

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