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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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aufeinander. Eine Entschuldigung rang sie sich nicht ab und eine böse Absicht ließ sich höchstens vermuten, aber nicht beweisen.
    In der Zwischenzeit war Suse wieder an ihren Platz gegangen, und als es kurz klingelte, lief sie aus dem Chemieraum, ohne ein weiteres Wort an mich zu richten. Ich raffte meine Sachen zusammen, rannte zum Fahrradständer und war zwei Minuten später unterwegs.
    »Hallo Rebecca.« Suses Mutter hatte mir die Wohnungstür geöffnet. »Tut mir leid mit gestern, ich . . .« Sie brach ab und sah auf die Wollmütze, unter der ich meine Haare verborgen hatte. »Ist ganz schön kalt draußen, hm?«
    »Geht so«, sagte ich ausweichend. Offensichtlich hatte Suse ihr nichts von meinem Unfall erzählt. Frau Rossmann straffte die Schultern und sah mir Hilfe suchend in die Augen. »Suse hat gestern eine ziemlich unschöne Auseinandersetzung zwischen mir und ihrem Vater mitbekommen«, platzte sie heraus. »Hat sie . . . hat sie dir davon erzählt?«
    Ich schwieg irritiert und Suses Mutter holte tief Luft. »Weißt du, wie es ihr geht?«
    Das war im Grunde nicht zu überhören. Die Punkmusik aus Suses Zimmer sprach Bände. Die Bässe wummerten nur so durch den Flur. Aber erwartete Suses Mutter allen Ernstes eine Antwort von mir? »Warum fragen Sie Ihre Tochter das nicht selbst?«, gab ich zurück.
    Frau Rossmann sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
    »Sie macht total zu«, jammerte sie. »Mein Gott, ich verstehe ja, dass das Ganze nicht leicht für sie ist, aber was soll ich denn machen? Soll ich etwa so weiterleben?«
    »Das fragen Sie am besten auch jemand anderen«, sagte ich so höflich wie möglich. »Dürfte ich jetzt bitte zu meiner Freundin?«
    »Aber natürlich, natürlich . . .« Suses Mutter riss die Türe auf. »Geh nur. Suse ist in ihrem Zimmer.«
    Ach nee. Echt?
    Ohne ein weiteres Wort drängte ich mich an ihr vorbei.
    Mit dem Lärm, der mir aus Suses Lautsprecherboxen entgegendröhnte, hätte man einen schwerhörigen Tiefseetaucher an die Oberfläche locken können. Meine Freundin hockte mit angewinkelten Knien auf ihrer Hollywoodschaukel. In ihrer Hand saß Ozzy und ich fragte mich, ob Hamster gegen Hörstürze gefeit waren.
    »Kann ich das leiser drehen?«, brüllte ich.
    Suse zuckte mit den Achseln, ohne mir in die Augen zu sehen. Gehört hatte sie mich ganz bestimmt nicht, aber vielleicht konnte sie von den Lippen lesen.
    »Hey«, sagte ich, als ich die Musik heruntergedreht, mir die Mütze vom Kopf gezogen und mich vor Suse auf den Teppich gesetzt hatte. »Ich war beschissen zu dir, ich kann gar nicht fassen, wie beschissen. Ich weiß, dass es eine lahme Ausrede ist, aber ich war total mit den Nerven runter, ich bin nur noch um mich selbst gekreist. Du bist meine Freundin, Suse, die beste, die es gibt.«
    Ich legte meine Hand auf ihren Arm. »Es tut mir so leid. Ehrlich.«
    Suse starrte auf den Boden und ich auf Ozzy. Seine winzigen Schnurrbarthärchen zuckten, eine gefühlte Ewigkeit lang, bis Suse endlich ihren Kopf hob und mich ansah. Ihre Augen waren feuerrot.
    »Deine Frisur sieht infernal scheiße aus«, sagte sie und grinste schief.
    Ich musste lachen vor lauter Erleichterung, gleichzeitig schossen mir Tränen aus den Augen.
    »Hey, kein Grund zu flennen«, sagte Suse und stand auf. »Du kommst genau richtig, damit ich mich abreagieren kann.« Sie verschwand im Bad und kam mit Kämmen und ihrer Friseurschere zurück.
    Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Meine Freundin, die schon als Kind an ihren Barbiepuppen rumgeschnippelt hatte, hatte ihr Schülerpraktikum bei einer Hairstylistin absolviert und innerhalb der letzten Jahre an einigen lebenden Modellen geübt. Mir schnitt sie schon die Spitzen, seit ich dreizehn war. Allerdings auch nicht mehr, denn ich hatte mich nie von meinen langen Haaren trennen wollen.
    Als ich einen Moment später das Geräusch von Suses Schere hörte,musste ich die Zähne zusammenbeißen. Ratsch, ratsch, ratsch . . . Vor meinen Augen regnete es Haarbüschel.
    Suse arbeitete konzentriert und schnell und wir sprachen erst wieder, als sie die letzten Spitzen begradigte.
    »Abreagiert?«, fragte ich vorsichtig. Einen Blick in den Spiegel brachte ich trotzdem noch nicht fertig.
    »Supersexy«, kommentierte sie ihr Werk und packte ihre Scheren ein.
    »Ich hab gehört, dass es gestern hier Stress gab«, begann ich und schielte zu Suse hinüber. Schlagartig verdüsterte sich ihr Gesicht.
    »Hat sich meine Mutter jetzt bei dir

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