Luciano
Oberst.«
»Erkundige dich, wer er ist, und mach mir Meldung.«
Brandt ging sofort hinaus, und Koenig
öffnete das Fenster. Es war kurz nach Sonnenuntergang. Der Sturm
der vergange nen Nacht schien sich ausgetobt zu haben, aber immer noch
sprühte ein feiner Nieselregen herein. Koenig fühlte sich um
Jahre gealtert, unendlich deprimiert, als er langsam seinen Kaf fee
trank und zusah, wie Rudi Brandt drunten über den Hof ging.
Detweiler stand vor Meyers Schreibtisch und wartete
in angstvoller Spannung. Der Major übersah ihn völlig, seine
Aufmerksamkeit galt dem Inhalt des Rucksacks, den Suslow vor ihm
ausbreitete: Reservemunition, ein paar Handgranaten, amerikanische
Notverpflegung. Dazu das M I-Gewehr und der
Colt Automatic.
»Und?« sagte Meyer.
»Die Waffen sehen brandneu aus, Herr Major.«
Meyer nahm Detweilers falsche Papiere zur Hand.
»Mal sehen, wen wir hier haben.« Ohne
aufzublicken, las er: »Mario Brazzi, geboren in Palermo 1917.
Hier steht, Sie sind von Beruf Hirte.«
»Ja, Signor«, sagte Detweiler und hielt den Kopf gesenkt.
»Bei wem beschäftigt?«
Detweiler hielt sich an die Legende,
die Carter ihm einge trichtert hatte. »Die Zeiten sind schlecht.
Ich ziehe von Ort zu Ort. Ein paar Tage hier, ein paar Tage
dort.«
»Im Februar aus der
Fünfzehnten Infanteriebrigade entlassen aufgrund einer in
Nordafrika erlittenen Brustverletzung.«
»Ja, das stimmt, Signor.«
Meyer nickte, und Suslow legte das M
I nieder, streckte die Hand aus und riß Detweilers Hemd auf. Die
große, wulstige Narbe einer Schußverletzung auf der linken
Seite von Detwei lers Brustkorb war deutlich sichtbar, eine Erinnerung
an die unselige Landung bei Dieppe.
Meyer lehnte sich zurück.
»Hier paßt einiges nicht recht zu sammen. Mario Brazzi,
verwundeter Veteran und ehrlicher Schafhirte, wird in den Bergen
aufgegriffen und ist im Besitz brandneuer amerikanischer Waffen,
amerikanischer Schokola de und amerikanischer Notrationen.« Er
wandte sich an Sus low. »Was würden Sie dazu sagen,
Untersturmführer?«
»Partisanenversorgung aus der
Luft in der betreffenden Ge gend, vermutlich erst unlängst, Herr
Major, nach dem Gewehr und den anderen Gegenständen zu
schließen.«
Detweiler zog alle Register, um
seiner Rolle treu zu bleiben. »Ich bin ein ehrlicher Mann, ich
schwöre es. Ich habe in einer Schäferhütte hoch in den
Bergen hinter Viterba übernachtet. Das ganze Zeug habe ich dort
gefunden, es war unter dem Stroh versteckt.«
Meyer verzog das Gesicht, und Suslow
nahm das Gewehr und stieß Detweiler den Kolben mit aller Kraft in
die Magen grube. Detweiler stürzte aufs Gesicht und erbrach sich.
Meyer sagte: »Jetzt das Ganze noch mal.«
Sie zerrten ihn auf die
Füße, und in diesem Augenblick öff nete sich die
Tür, und Koenig trat ein. Über der Uniform trug er eine
Sprungjacke in Tarnfarben, die alte Feldmütze saß über
dem linken Auge.
»Ah, da sind Sie ja,
Meyer«, sagte er. »Ich habe gerade
Dienstschluß.« Er hielt inne und zeigte sich angemessen er
staunt. »Was ist denn hier los?«
Meyer hatte längst gelernt, in Koenigs Anwesenheit seinen Zorn zu beherrschen. Er sprang auf.
»Ein Partisan, vermuten wir
wenigstens, Herr Oberst. Sus low hat ihn mit verschiedenen
amerikanischen Ausrüstungsge genständen in den Bergen
geschnappt.«
Koenig nahm den Colt, wog ihn in der
Handfläche und legte ihn wieder auf den Schreibtisch. »Und
was hat er dazu zu sa gen?«
»Daß er das alles unter dem Stroh in einer Schäferhütte ver steckt gefunden hat.«
Koenig musterte Detweiler von oben
bis unten, und der Ser geant, den die beiden Ukrainer aufrecht hielten,
stand mit ge senktem Kopf da und wagte kaum zu atmen. Koenig sagte:
»Das könnte vielleicht sogar stimmen.«
Meyer war überrascht. »Herr Oberst?«
»Bringen Sie ihn in eine Zelle,
geben Sie ihm zu essen und vierundzwanzig Stunden Zeit, damit er
über seine Lage nach denken kann. Ich muß zum Stab nach
Palermo, aber im Lauf des morgigen Tages bin ich wieder zurück.
Dann möchte ich ihn sehen.«
Meyer lächelte leicht. »Ganz wie Sie wünschen, Herr Oberst.«
Koenig ging zur Tür und
öffnete sie, dann drehte er sich nochmals um. »Und ich
möchte ihn unversehrt vorfinden. Schärfen Sie das bitte Ihren
Leuten ein. Sie sind bei solchen Gelegenheiten gern ein bißchen
übereifrig, und das würde mir ganz und gar nicht
gefallen.«
»Gewiß, Herr
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