Luciano
Oberst, das versteht sich von selbst.«
Die Tür schloß sich, und Suslow sagte: »Das ist doch ver
rückt, Herr Major. Lassen Sie mich den Kerl
in die Mangel nehmen.« Meyer schüttelte den Kopf.
»Wenn der rechte Au genblick da ist, dann breche ich Koenig den
Hals, glauben Sie mir, aber ich habe nicht die Absicht, durch einen
Streit in die ser Sache irgend etwas zu riskieren. Dazu ist sie nicht
wichtig genug.«
»Was machen wir also mit dem Burschen?«
Da Detweiler nicht Deutsch konnte, hatte er nicht verstan
den, was gesprochen wurde. Er wartete voller
Angst, in der Haltung des demütigen Bauern, während er
versuchte, aus Meyers Gesichtsausdruck zu entnehmen, was vor sich ging.
Meyer sagte nachdenklich:
»Vierundzwanzig Stunden zum Nachdenken, sagte der Oberst. Sehr
schön, die soll er haben. Bringen Sie ihn hinunter in
zweiundzwanzig.«
»Zu Befehl,
Sturmbannführer.« Suslow machte seinen Män nern ein
Zeichen, und sie schleppten Detweiler hinaus. Sie stiegen eine
Steintreppe hinunter, Suslow voran, hinter ihm die beiden Ukrainer mit
Detweiler in der Mitte.
Detweilers Hirn arbeitete fieberhaft,
er erwog sämtliche Möglichkeiten. Natürlich war er
während des Trainings auf eine derartige Situation vorbereitet
worden. Einzelhaft, damit fing es gewöhnlich an, in einer
Dunkelzelle. Er erinnerte sich, was der Psychiater in seinem Vortrag
gesagt hatte. Aussper rung aller sinnlichen Wahrnehmungen, die zu
totaler Geistes gestörtheit führt. Okay, aber er würde
nur die Ohren steifhalten müssen, denn er wußte etwas, was
diese Hunde nicht wußten: daß die Invasion unmittelbar
bevorstand.
Vor einer Zellentür machten sie
halt, und Suslow schloß auf. Der Gestank war entsetzlich. Als
Detweiler zur Tür gestoßen wurde, sah er im einfallenden
Licht, daß sich drinnen ein Dut zend oder mehr verdreckte und
zerlumpte Menschen auf eng stem Raum zusammendrängten.
Suslow nickte, und die beiden
Ukrainer begannen, Detweiler die Kleider vom Leib zu reißen. Als
er nackt war, wurden ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt.
Detweiler hatte sich noch nie so ausgesetzt gefühlt wie jetzt, als
Meyer die Treppe herab kam und den Korridor entlangging. Er betrachtete
Detweiler ruhig, dann trat er in die Türöffnung der Zelle.
»Jetzt hört mir gut
zu«, sagte er in seinem schlechten Italie nisch. »Dieser
Mann wird sich nicht niederlegen, er wird nicht sitzen, er wird
überhaupt nicht ausruhen. Und er darf auch nicht im Stehen
schlafen. Ihr löst einander ab und sorgt dafür, daß
meine Befehle ausgeführt werden. Wenn ihr nicht spurt, eine Woche
lang kein Wasser und nichts zu essen. Ihr könnt euch dann
gegenseitig auffressen.«
Er gab Suslow ein Zeichen, der
Detweiler in die Zelle hinun terstieß und die Tür ins
Schloß warf. Detweiler fiel über einen hingestreckten
Körper, der pestilenzische Gestank in der Zelle
überwältigte ihn, und er schlug wie wahnsinnig um sich.
Schon waren Hände überall,
Hände krochen über seinen ganzen Körper und zogen ihn
auf die Füße. Eine heisere Stim me sagte: »Ich
weiß nicht, wer du bist, Freund, und es ist uns auch egal. Hier
drinnen heißt's: mein Leben oder deins. Das bedeutet, daß
wir tun, was dieser Gestapo-Hund will, und du tust, was wir
wollen.«
Detweiler stand im Dunkeln und hatte
plötzlich furchtbare Angst. »So hört doch, um Gottes
willen«, begann er.
Die gleiche heisere Stimme sagte:
»Gott hat hier nichts zu suchen, also sei vernünftig und tu
genau, was man dir sagt.«
Im späten Frühling und zu
Beginn des Sommers, wenn die erste wirkliche Hitze einsetzt, sind
heftige Unwetter im sizilia nischen Hochland keine Seltenheit. Als
Savage und Rosa einen schmalen Grat zwischen zwei Berggipfeln
entlanggingen, fing es wieder an zu regnen.
Savage sagte: »Regnet es auf Sizilien immer so viel?«
Sie lachte. »Nein, im allgemeinen nicht.«
Savage störte der Regen nicht.
Manche Menschen gehen be sonders gern bei schlechtem Wetter ins Freie.
Dann sind sie so recht in ihrem Element. Auch auf Savage übte der
Gewitterre gen, der an diesem Morgen über der Gegend von Cammarata
niederging, den gewohnten Zauber aus. Die Erde wurde leben dig, und
alles war frisch und rein.
Rosa hängte sich bei ihm ein.
»Eines verstehe ich nicht. Ge stern nacht, als du mit mir
geschlafen hast …«
»Das wievielte Mal meinst
du?« Er bemühte sich, keine Miene zu verziehen. »Das
dritte oder das
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