Lucifers Lady
Aufruhr, sie musste sich beruhigen und dann über ihre Lage nachdenken.
Ihr erster Impuls war, sich anzukleiden. Behutsam glitt sie zum Bettrand, wobei sie fürchtete, dass jeden Moment der Kapitän hereinkommen könnte. Die lange Perlenkette glitt dabei über ihre Haut und kitzelte sie.
Du darfst dich jetzt noch nicht anziehen! Sie hielt inne und warf einen scheuen Blick auf die Kleider, die sorgfältig zusammengelegt auf der Kiste warteten, und dachte über die möglichen Folgen ihrer Absichten nach.
Würde eine Frau, eine erfahrene Frau von Welt, sich hastig ankleiden, oder würde sie gelassen liegen bleiben?
Sie schloss die Augen vor dem Schmerz, der in ihren Schläfen pochte. Sie war keine Frau von Welt, und sie war keine Hure. Sie war eine tugendhafte junge Frau, die verzweifelt versuchte, ihren Vater vor einem ungerechten Tod zu bewahren. Und dafür wollte sie alles tun.
Catherine erschauerte bis zu den Zehenspitzen, als sie daran dachte, was es für Konsequenzen mit sich bringen würde, Captain Lucifers Ehefrau zu werden. Dabei wurden ihre Augen immer größer. Er war so kräftig, so überwältigend, so mächtig und so entsetzlich Furcht einflößend.
Sie war fest davon überzeugt gewesen, in Ohnmacht zu fallen, als er sie packte und so fest hielt. Der zornige Ausdruck seiner Augen, der Meeresgeruch, der seinem Hemd entströmte, und sein so kraftvoll-schönes Gesicht, das alles diente dazu, sie über jedes Maß hinaus zu ängstigen. Sie war nicht sicher gewesen, ob er sie küssen oder erwürgen wollte.
Catherine schlüpfte unter das Leinenlaken. Sie fröstelte, obwohl die Morgensonne die Kabine allmählich erwärmt hatte.
Die Vorstellung, dass er sie grenzenlos beherrschen würde, wenn sie erst seine Frau war, ließ sie noch mehr erzittern. Sie sollte dankbar sein, dass ihr ein solches Schicksal erspart blieb. Solange sie ihren klaren Verstand behielt und sich weiterhin wie eine erfahrene Frau verhielt, würde er sie in Ruhe lassen. Er würde sie nicht küssen, nicht anrühren und nicht. . .
Catherine errötete. Sie konnte sich nicht vorstellen, nackt unter Captain Lucifers Körper zu liegen, die Beine gespreizt, während er tat, was ihm beliebte. Gewiss würde er ihr Schmerzen bereiten, sie vielleicht mit seinem Gewicht erdrücken oder sie zwingen, unaussprechliche Dinge zu tun.
Ein plötzlicher Gedanke ließ sie leise aufschreien. Gewiss würde man von ihr erwarten, dass sie eine Menge solcher unaussprechlicher Dinge kannte, da man sie doch für eine erfahrene Frau hielt. Dabei wusste sie wenig über den intimen Akt zwischen Männern und Frauen. Und dieses Wissen hatte sie auf recht undamenhafte Weise erworben. Sie hatte den Gesprächen der Hausmädchen gelauscht. Sie musste im Geiste eine Liste der Dinge erstellen, die sie belauscht hatte, und hoffen, dass ihre Erinnerungen sie nicht trogen.
Sie drehte sich auf die Seite, und die Kette rollte über ihre Haut. Sie streichelte die schimmernden Perlen und suchte Trost in ihnen. Sie waren ihr Schild, ihr Schutz, ein Symbol ihres Selbstvertrauens. Wenn sie die Perlen trug, würde sie sich unter keinen Umständen jemals nackt fühlen. An diesen Glauben musste sie sich klammern, ihr Überleben hing davon ab.
Sie wandte ihre Gedanken wieder dem gegenwärtigen und nächsten Problem zu. Captain Lucifer musste immer wieder an ihre intimen Verhältnisse erinnert werden, damit er davon Abstand nahm, sie anzurühren. Und im Gegenzug musste sie die Dokumente suchen, die die Unschuld ihres Vaters bewiesen.
Der Schmerz in ihren Schläfen pochte wie ein Akkord aus tausend Trommeln. Sie presste die Hände gegen die Adern, um den Druck zu vertreiben. Doch er ließ sich nicht vertreiben, und mühsam konzentrierte sie sich auf ihr letztes Ziel, die Papiere zu finden, die die Unschuld ihres Vaters bewiesen. Sie hoffte, dass sie sich hier irgendwo auf dem Schiff befanden, am besten in genau dieser Kabine und nicht auf der Heimatinsel des Kapitäns.
Sie fürchtete, dass sie die Insel niemals verlassen würde, wenn sie erst einmal ihren Fuß darauf gesetzt hatte.
Die Erschöpfung ließ sie schließlich einschlafen. Ihre Träume erinnerten sie heftig an den Vertrag, den sie mit Captain Lucifer geschlossen hatte. Sie warf sich hin und her und wimmerte, als sie feststellte, dass sie die Braut des Teufels geworden war.
Widerstrebend betrat Lucifer die Kabine. Lieber wäre er auf dem Achterdeck geblieben, wo die Nachmittagssonne auf ihn herunterbrannte, während der
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