Lucifers Lady
hungrig, Santos.“
„Das ist gut“, sagte er und ging zur Tür. „Ich werde das leere Tablett später abholen.“
Sie lächelte, nickte und fragte sich, wie sie das Essen loswerden sollte, gegen das ihr Magen sich so heftig wehrte.
Lucian hatte das Steuerrad des mächtigen Schiffs fest umklammert, hielt sein Gesicht der warmen Nachtbrise entgegen und atmete die salzige Luft tief ein. Er fühlte sich gut, vollkommen frei, wenn er am Ruder stand. Frei, jeden beliebigen Kurs zu wählen, frei von Bindungen und sogar beinahe frei von der Vergangenheit.
Anmutig und würdevoll zog das Schiff über das endlose Meer. Er stemmte die Füße gegen das Deck und hielt den Kopf hoch erhoben. Es hatte viel Zeit und Geduld erfordert, bis er seine Würde zurückerlangt hatte, nachdem man ihn jahrelang wie das niedrigste aller Tiere behandelt hatte. Und während dieser ganzen Zeit hatte er immer und immer wieder den Namen des Mannes wiederholt, der ihn zu diesem Leben in der Hölle verdammt hatte. Abelard, Abelard, Abelard.
Catherine. Leise flüsterte er ihren Namen, und die Nachtluft trug ihn von seinen Lippen fort.
Sie hatte sich als Hindernis an seinem Plan erwiesen, als echtes Hindernis. Er hatte sie verführen wollen, und nun verführte sie ihn, und zwar sehr gekonnt. Als sie seine Wange gestrei-chelt und ihn ganz nebenbei darüber informiert hatte, dass sie ihm nicht wehtun wollte, hatte er gefürchtet, die Kontrolle zu verlieren, hatte ihr das Hemd und die verdammten Perlen vom Leibe reißen und ihr genau das geben wollen, wonach sie vom ersten Tag an verlangt hatte. Aber es war ihm gelungen, seine Leidenschaft zu bezwingen.
Er atmete noch einmal die stärkende Seeluft ein, hob sein Gesicht gen Himmel und betrachtete das sternenklare Firmament.
„Ein Engel“, flüsterte er.
Er schüttelte den Kopf, als hätte er es sich anders überlegt, nun, da er sich erinnerte, wie sie ihm Lust durch Schmerzen bereiten wollte. Der Gedanke allein genügte schon, um seine Erregung zu wecken - und seinen Zorn. Sie mochte das Aussehen eines Engels besitzen, aber ihre Seele war die einer Hure.
Aber damit musste er fertig werden, er hatte keine andere Wahl, wenn er erreichen wollte, was er sich vorgenommen hatte
- den Marquis of Devonshire zu ruinieren.
„Es folgt dir aufs Wort.“
Lucian zeigte keine Überraschung über Santos' Anwesenheit. Er kannte jede Bewegung auf dem Schiff und war durch nichts zu verwirren, außer von der Frau in seiner Kabine. Bei ihr verwirrte ihn alles. „Ich bin der Herr dieses Schiffes, und das weiß es.“
„Dann solltest du vielleicht auch mit der Frau da unten fertig werden“, schlug Santos vor und legte die Hand auf das Steuer, um das Kommando zu übernehmen.
Lucian ließ es los. „Du durchschaust meine Gedanken.“
Santos zuckte die Achseln, während er das Ruder fest packte. „Ich vermute, dass du irgendwann erkennen wirst, was das Richtige ist, und es tust. Ich bin der See überdrüssig, und ich vermisse Zeena. Sieh zu, dass du hier bald fertig bist, damit wir heimkehren können.“
„Es ist vielleicht nötig, sie mitzunehmen auf die Insel.“
Santos zuckte noch einmal die Achseln. „Dann nimmst du sie eben mit. Mach, was nötig ist. Beherrsche sie, wie du dieses Schiff beherrschst, und sorge dafür, dass du dein Rachebedürfnis ein für allemal befriedigst.“
Lucian sah dem Freund in die Augen. „Willst du damit andeuten, dass Catherine Abelard mich beherrscht?“
Santos erwiderte seinen Blick freimütig. „Ich deute gar nichts an. Ich sage dir, was ich mit eigenen Augen sehe, und ich sehe, dass du nicht die Wahrheit erkennst.“
„Dann sag mir die Wahrheit, wie du sie siehst“, verlangte Lucian mit leiser, fester Stimme.
Der kleine Mann schüttelte den Kopf. „Ich kann dir gar nichts sagen. Du musst es selbst herausfinden, sonst wird es für dich keine Bedeutung haben.“
„Du sprichst in Rätseln, genau wie Zeena.“
Santos lachte. „Sie hat es mich gelehrt. Jetzt musst du deine Lektion lernen, wie ich die meine gelernt habe.“
„Welche Lektion?“ fragte Lucian verwirrt.
„Über das Leben, mein Freund.“
„Ich habe meine Lektionen bereits gelernt, und es war nicht leicht“, sagte Lucian. „Oder hast du das vergessen?“
„Nein, ich habe es nicht vergessen, aber ich habe gelernt und es dann überwunden. Du hast es festgehalten und dürstest noch immer nach Rache. Pass nur auf, dass nicht zu dir zurückkommt, was du suchst.“
„Schon wieder
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