Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
sie sich nicht vorstellen, gerade von ihm getröstet zu werden. Sie beschloss, zu ihren imperianischen Freunden etwas Abstand zu halten. Sie fühlte sich wirklich ei nsam. Das machte sie anfällig für Dinge, die sie nicht wollte. Insbesondere wenn sie an Borek dachte, stellte sich fast wieder ein Verliebtheitsgefühl ein wie zu Anfang, als sie ihn kennengelernt hatte. Aber sie war eben keine Imperianerin und damit Schluss.
***
Drei weitere Tage vergingen. Lucy fühlte sich elend. Momentan gab es für sie nicht viel zu tun, zumindest von den Dingen nicht, die sie gern tat. Es waren keine großen Aktionen, keine Heldenstücke zu vollbringen. Stattdessen wollten alle möglichen Leute, die sie in den meisten Fällen noch nicht einmal kannte, irgendwelche banalen Entscheidungen von ihr. Sollte ein Schiff mit einem neuen Haushaltsroboter ausgerüstet werden oder nicht? Sollte man diesmal etwas mehr Nahrung für schwierige Zeiten bunkern? Sollten die Türen der Innenräume überholt werden? So ging es Tag für Tag. Lucy hatte das Gefühl wahnsinnig zu werden. Sollte doch die Mannschaft selbst entscheiden, was ihr wichtig war!
Lucy saß am Frühstückstisch. Ihr graute vor dem, was sie den Tag über an langweiligen Dingen erwartete. Nuri kam herein geschle ndert. Sie drückte Lucy einen Kuss auf die Wange, setzte sich zu ihr und begann zu erzählen. Lucy bekam noch mit, dass es wieder um das Zusammenleben von Menschen in den Kolonien des Imperiums ging. Das war schließlich Nuris Lieblingsthema. Lucy nickte ab und zu, hörte aber nicht mehr zu. Ihre Gedanken schweiften ab. Sie hatte am letzten Abend Mist gebaut, das wusste sie.
Die Tür ging auf. Riah kam herein. Lucy hätte sich ja denken können, dass ihre Freundin die Sache bereits mitbekommen hatte. Mehr als alles Andere graute Lucy vor der Auseinande rsetzung mit ihrer Freundin. Riah setzte sich ihr gegenüber und sah ihr ernst in die Augen.
»Lucy, ich bin ernsthaft enttäuscht von dir! Und nicht nur ich!«, sagte sie tadelnd.
»Du musst Lucy nicht dauernd anmachen«, fauchte Nuri. »Lucy weiß viel besser, was richtig ist, als du!«
»Nuri, verschwindest du mal kurz? Das ist jetzt kein Gespräch für kleine Kinder!«, sagte Riah ganz ruhig, aber gefährlich streng.
Nuri sah sie mit ihren großen, braunen Augen erschrocken an. Ihre Wangen färbten sich rot vor Scham und Wut.
»Immer behandelst du mich so! Ich bin kein kleines Kind mehr!«, schrie sie.
»Raus!« Riah klang jetzt richtig gefährlich. Sie zeigte auf die Tür und sah Nuri mit einem Blick an, der keinen Widerspruch duldete.
»Ich hasse dich!«, schrie Nuri, sprang aber auf und rannte h inaus.
»Das war jetzt aber nicht sehr pädagogisch«, bemerkte Lucy. Im nächsten Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Riah bedachte sie mit einem vernichtenden Blick.
»Meinst du, du bist die Richtige, um das zu beurteilen«, fragte sie so scharf, wie Lucy sie noch nicht erlebt hatte. »Vielleicht fängst du endlich an, dich um dich selbst zu kümmern.«
Lucy blickte trotzig zurück.
»Ich bin nicht Nuri«, erwiderte sie jetzt genauso zornig wie ihre Freundin. »Ich kann sehr wohl meine Angelegenheiten allein regeln.«
»Ach ja? Das ist dir gestern Abend ja ganz besonders gut gelu ngen.« Riahs Stimme troff vor Sarkasmus. Lucy hasste es, wenn ausgerechnet Riah so mit ihr redete. Sie sagte aber kein Wort.
»Stimmt es, was ich von gestern Abend gehört habe?«, fragte R iah weiter und nagelte Lucy mit einem Blick an die Wand.
»Auch mein Liebesleben ist ganz allein meine Sache«, verte idigte Lucy sich und versuchte so viel Entschiedenheit in ihre Stimme zu legen, wie sie konnte.
»Das stimmt leider nur bedingt.« Riah schlug einen sachlichen Ton an. »Du bist jetzt die Anführerin des Bundes, da musst du d arauf achten, was du tust.«
»Ach und deshalb darf ich kein Liebesleben mehr haben?«, fragte Lucy provozierend. Sie wusste, dass sie in der Defensive war.
»Liebesleben?«, fragte Riah ironisch. Sie wurde wieder ernst. »Lucy du bist seit zwei Jahren die größte jugendliche Heldin des Imperiums. Mittlerweile ist fast jeder zweite Jugendliche auf unserer Seite. Jeder von diesen Jungs und Mädchen würde alles machen, um dein Freund oder deine Freundin zu sein. Das gilt natürlich ganz besonders für alle Imperianer hier an Bord. Das ist dir doch klar, oder?«
Lucy nickte schwach mit dem Kopf.
»Gut, du kannst hier aus der Tür gehen und dir aussuchen, wen du willst.
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