Lucy im Himmel (German Edition)
näher an Bea heran. Schließlich war er weniger als eine Bahnbreite von ihr entfernt. Ich konnte gar nicht mehr hingucken.
Bea, dreh dich weg, flehte ich im Stillen, traute mich aber nicht, ihr den Gedanken zu schicken, weil das bei meinem ersten und einzigen Versuch so gründlich schiefgegangen war. Egal, jetzt war es zu spät. Gregor war ebenfalls am Beckenrand angekommen. Vor lauter Anspannung vergaß ich, dass ich zumindest ihm einen Gedanken hätte suggerieren können. Zum Beispiel: Schwimm weiter! So zog er sich jedoch wie in Zeitlupe die Schwimmbrille vom Kopf, drehte sich um und ... schaute in Beas Augen. Beiden stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben.
Du darfst ihr nicht böse sein. Unbewusst sah ich meinen Schatz flehentlich an. Sie hat einen guten Grund für die Absage.
Gregors Gesichtsausdruck hellte sich schlagartig auf. In dem Augenblick begriff ich, dass ich die Situation beeinflussen konnte – zumindest von seiner Seite. Bea traute ich mich hingegen auch weiterhin nicht zu helfen, obwohl sie meine mentale Unterstützung in dem Augenblick ganz offensichtlich mehr als nötig gehabt hätte: Sie war rot wie eine Tomate.
»Grüß Sie, Frau Middelhauve.«
Bea! Du musst Bea sagen, ihr duzt euch. Schon vergessen?
»Ähm, ich meine natürlich: Grüß dich, Bea. Schön, dich zu treffen.«
»Hallo«, murmelte sie so leise, dass ich sie kaum verstand. Plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper, ihre Schultern strafften sich, sie hob den Kopf. Offenbar wollte sie zum Angriff übergehen. Schließlich ist der die beste Verteidigung.
Nimm ihr den Wind aus den Segeln! Sie muss sich nicht rechtfertigen. Sag, dass du nicht sauer auf sie bist wegen ihrer Absage.
»Es tut mi–«, setzte Bea an, doch mein Mann unterbrach sie.
»Du brauchst dich nicht bei mir entschuldigen. Wenn das einer von uns beiden tun muss, bin ich es.«
Sie schaute ihn überrascht an, schüttelte dann aber entschieden den Kopf. Gregor ließ sich jedoch nicht beirren.
»Ich hätte anhand deiner zögerlichen Reaktion auf meine Einladung bereits bei unserem letzten Gespräch merken müssen, dass du offenbar keine rechte Lust hast, mit mir essen zu gehen. Stattdessen habe ich dich mit der konkreten Einladung für heute Aben–«
»Stooopp!«, fiel Bea ihm ins Wort. »Das stimmt alles nicht.« Sie holte tief Luft und erklärte ihm, was sie auch mir dargelegt hatte. Mein Mann sah sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an, in dem sich sowohl Betroffenheit als auch Erleichterung widerspiegelten.
Plötzlich ertönte die Ansage des Bademeisters: Die Gäste wurden darauf hingewiesen, dass das Bad in Kürze schloss. Man bedankte sich für den Besuch und wünschte einen schönen Abend. Rund um mich herum wurde die Durchsage mit hektischer Betriebsamkeit quittiert: Ein paar Jugendliche sprangen noch einmal mit lautem Geschrei ins Wasser, wohingegen andere Schwimmer aus dem Becken stiegen. Wieder andere bildeten schwatzende Grüppchen, bevor sie zu ihren Handtüchern und Badetaschen hasteten.
Ein paar Minuten lang konnte ich nur sehen, dass Gregor und Bea sich nach wie vor unterhielten. Von dem, was sie sagten, bekam ich allerdings keinen einzigen Wortfetzen mehr mit. Auch als sie aus dem Wasser stiegen, verbesserte sich meine Lage nicht, denn nun musste ich höllisch aufpassen, dass Bea mich nicht entdeckte.
Erst als sie in der Umkleide verschwunden war, traute ich mich aus meinem Versteck hervor und rannte meinem Schatz hinterher. Ich holte ihn gerade noch rechtzeitig ein, bevor er ebenfalls in einer Kabine verschwand.
»Na, mein Liebling? Hast du nun verstanden, wie Bea tickt?«, fragte ich ihn leise, während ich ihm beim Umziehen zuschaute. »Ihre Absage hat wirklich nichts mit dir zu tun.«
Die Verschnaufpause, die mir beim Versteckspiel vergönnt war, entpuppte sich als von kurzer Dauer. Sobald mein Göttergatte aus dem Umkleidebereich trat, waren meine Probleme sofort wieder aktuell: Bea stand wartend vor dem Flachbau. Eilig sprang ich hinter einen besonders großen und breiten Mann.
»Schon fertig?« Mein Schatz schaute sie überrascht an.
»Nicht alle Frauen sind Trödelliesen, die Stunden brauchen, um sich aufzubrezeln.«
»Soso.« Er grinste und musterte dabei ihre nach wie vor nassen Haare, die in alle Richtungen abstanden. »Und
Weitere Kostenlose Bücher