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Lucy in the Sky

Lucy in the Sky

Titel: Lucy in the Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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aushalten?
    Draußen geht gerade die Sonne unter, und wir beginnen unsere Reise durch die Nacht. Das beruhigt mich etwas, und mir fällt ein, dass ich seit der Abreise von London gestern Abend nichts mehr gegessen habe. Vier Cocktails auf leeren Magen – mein Gott. Auf einmal muss ich dringend auf Toilette. Die Leute neben mir sind nur zu gern bereit, meiner Bitte nachzukommen und mich durchzulassen. Sie beäugen mich äußerst misstrauisch, als ich mich an ihnen vorbeiquetsche.
    Das fiese Neonlicht in der Toilette geht flackernd an. Als mir an meinem Spiegelbild die Diamantohrringe ins Auge springen, spiele ich ernsthaft mit der Idee, sie runterzureißen, in die Toilette zu werfen und sie runterzuspülen. Ha! Vermutlich sind sie nicht mal echt! Wenn man bedenkt, wie dieser Dreckskerl mich dreist angelogen hat … Wahrscheinlich ist das nur bescheuertes, viereckiges Glas. Das würde doch gut passen.
    Inzwischen haben die Flugbegleiterinnen angefangen, vorn im Gang Getränke anzubieten. Ich denke, dass sie bestimmt kurz in die Business Class ausweichen können, um mich zu meinem Platz durchzulassen, und gehe auf sie zu. Die ältere, Franny, nickt der jüngeren zu, die dreht sich um, entdeckt mich und wendet sich mit einem fast unsichtbaren Schütteln ihres perfekt frisierten Kopfs flugs wieder Franny zu. Dann lassen die beiden Zicken mich vor der Toilette warten, während sie in aller Ruhe weitermachen und mit ihrem frostigen, falschen Lächeln ihre Getränke ausschenken, bis sie schließlich bei mir angekommen sind und ich endlich an ihnen vorbeigehen kann. Inzwischen bin ich außer mir vor Wut, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich kehre an meinen Platz zurück, wo ich feststelle, dass ich noch nicht mal etwas zu trinken bekommen habe.
    Jetzt servieren Franny und ihre bösartige Kollegin das Essen. Das Hühnchen ist schleimig und unappetitlich, aber ich bin halb verhungert und esse alles auf. Sogar das Törtchen mit Sahneimitat kriege ich gut runter. Allmählich beginnt die Wirkung des Alkohols nachzulassen, und ich fühle mich erschöpft, obwohl ich immer noch so sauer auf James bin, dass ich kaum Luft kriege, wenn ich an ihn denke.
    Er hat mich also angelogen. Ich kann nicht glauben, dass ich mich tatsächlich bei ihm für mein Misstrauen entschuldigt habe. Wie kann er es wagen? Das Bild von ihm mit einer anderen Frau im Bett taucht erneut in meinem Kopf auf, aber schnell besinne ich mich auf meine maßlose Wut. Mit Wut kann ich viel besser umgehen als mit Übelkeit.
    Ich muss schon wieder aufs Klo. Die Flugbegleiterinnen haben unsere Essenstabletts schon weggeräumt, aber sie sind noch mit den Reihen hinter uns beschäftigt. Der Vorhang, der die billigen Plätze von der Business Class trennt, ist zurückgebunden, und die Business-Class-Toiletten reizvoll nah. Was soll’s, denke ich und gehe den Gang hinauf.
    Hier drin ist es auch viel hübscher. Es gibt sogar Handcreme und Blumen.
    Es klopft an der Tür. Was nun? Ich pinkle so schnell ich kann, während das Klopfen immer drängender und lauter wird. Als ich fertig bin, schließe ich sofort die Tür auf. Überraschung! Vor mir steht Frannys frostige Freundin. Wahrscheinlich hat sie mich reingehen sehen. Ich hatte noch nicht mal Zeit, die Handcreme zu benutzen. Verdammt.
    »Miss, das sind Business-Class-Toiletten. Die Economy-Class-Toiletten befinden sich am anderen Ende«, erklärt sie mir herablassend.
    Ich mache eine Handbewegung zu den Leuten in der Business Class und erwidere: »Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier etwas – Moment mal! Sind das Telefone?«
    Da sitzt doch tatsächlich ein asiatischer Geschäftsmann und telefoniert, und sein Telefon ist durch ein Kabel mit der Rückenlehne des Sitzes vor ihm verbunden.
    »Sieht ganz danach aus, oder?«
    Ich sehe die Frau verzweifelt an. »Ich muss telefonieren.«
    »Ich fürchte, das geht nicht. Dieser Service ist nur für Passagiere der Business Class vorgesehen.«
    »Nein, Sie verstehen mich nicht. Ich
muss unbedingt
telefonieren.«
    »Tut mir leid, aber ich kann wirklich nichts machen. Gehen Sie jetzt bitte wieder an Ihren Platz zurück.«
    Ich hätte es besser wissen müssen. Man sollte sich nie mit einer Flugbegleiterin anlegen.
    Entschlossen führt sie mich an meinen Platz zurück, während ich mich verzweifelt nach den Telefonen umschaue. Mir ist es vollkommen gleichgültig, dass der Flug nur noch ein paar Stunden dauert. Ich möchte diesen Dreckskerl anrufen und ihn anschreien, und zwar JETZT .

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