Lucy kriegt's gebacken
alt.“
Ich muss lachen. „Du hast echt großes Glück, Parker.“
Sie drückt meine Hand. „Ich weiß. Und jetzt raus aus meinem Wagen.“
„Danke fürs Fahren. Und danke, dass du mich mitgenommen hast. Leider hast du dein Geld verschwendet.“
„Schon gut. Wir reden morgen. Und hey, Lucy …“ Sie sieht mich an, und wie immer bin ich aufs Neue erstaunt, wie großartig sie aussieht.
„Ja?“
„Jimmy wäre stolz auf dich.“
Wieder dieser Kieselstein in meinem Hals. „Danke“, sage ich mit bebender Stimme. „Gib Nicky einen Kuss von mir.“
„Werde ich.“
Statt im Fahrstuhl die Vier zu drücken, drücke ich die Fünf. Ethans Stockwerk. Vielleicht freut er sich über etwas Gesellschaft. Vielleicht - und ich zucke zusammen wie jemand auf Diät, der vor der Kühltruhe steht und genau weiß, dass er gleich einen Becher Ben-&-Jerry’s-Eis vernaschen wird -, vielleicht hätte Ethan nichts gegen rein freundschaftlichen Sex einzuwenden. Unbedeutenden Sex … nur ein bisschen Geschlechtsverkehr, ein Quickie. Oder meinetwegen auch ein längerer Quickie.
Ich klopfe an seine Tür. Wenn er zu Hause ist, ist er noch wach, denn Ethan geht nie vor ein Uhr morgens ins Bett. Jedenfalls soweit ich weiß. Doch so oder so, er macht nicht auf. Enttäuschter, als ich sein sollte, gehe ich in meine Wohnung, wo Fat Mikey sich um meine Fußknöchel windet - in dem Bestreben, meinen frühzeitigen Tod durch Stolpern zu verursachen. Ich hebe ihn hoch, erinnere ihn daran, dass er mich liebt und ich ausschließlich dazu da bin, ihm zu dienen, dann küsse ich ihn auf den großen Kopf.
Obwohl ich das besser nicht tun sollte, sitze ich kurz darauf vor dem Fernseher, um mir schon wieder meine Hochzeits-DVD anzusehen, Fat Mikey neben mir. Nach diesem Abend muss ich einfach Jimmys Gesicht sehen, sehen, wie er sich bewegt. Unsere gemeinsame Zeit war so kurz - so viele Erinnerungen, die wir zusammen gehabt haben könnten, wurden mir durch seinen Tod verwehrt. Es gibt keinen ersten Hochzeitstag, keinen Kindergeburtstag.
Ich schalte auf stumm und sehe mir den Film ohne Ton an. Keine Musik, die mich ablenkt, kein Gelächter, keine Stimmen von anderen Gästen. Ich sauge seinen Anblick in mich auf, Jimmy, für immer und ewig siebenundzwanzig Jahre alt und unbändig in mich verliebt.
7. KAPITEL
Das erste Mal, als Ethan und ich miteinander geschlafen haben, war, hm, nun … es war unvergesslich.
Wie kommt eine Frau überhaupt dazu, mit ihrem Schwager zu schlafen? Hier muss ich wohl ehrlich sein, absolut ehrlich.
Wissen Sie, es ist dreieinhalb Jahre her. Das sind zweiundvierzig Monate des Alleinseins. Damals wurde es langsam besser, die dunkelsten Tage waren vorüber, die Tage, an denen ich aufwachte und mir klar wurde, dass etwas nicht stimmte, aber nicht wusste, was … und dann diese entsetzliche Erkenntnis, dass ich Jimmy nie wiedersehen würde. Irgendwie hatte ich diese gähnende Leere, diese schreckliche schwarze Zeit überstanden. Natürlich gab es immer noch schlimme Momente, aber ich bemühte mich.
Ich hatte erlebt, wie meine Mutter und Tanten ihr Schicksal angenommen hatten, sie waren in meiner Kindheit immer in allererster Linie Witwen gewesen, und ich wollte unter keinen Umständen so enden wie sie. Ich wollte ich selbst bleiben, die fröhliche, optimistische Frau, die Jimmy so geliebt hatte … und nicht jemand, der überall, wo er hinging, eine Fahne mit dem Wort „Witwe“ vor sich hertrug. Natürlich hatte ich oft das Gefühl, dass ein großer, der beste, Teil von mir mit Jimmy gestorben war, aber ich gab nie die Idee auf, dass es mir eines Tage wieder besser gehen würde. Ich versuchte, positiv zu denken, machte Yoga, rief einen Backkurs ins Leben (weil Backen mich einfach beruhigte, obwohl ich das Ergebnis selbst nicht essen konnte) und hörte viel Bob Marley. Eine Textzeile aus „No Woman, No Cry“ ging mir immer dann durch den Kopf, wenn ich wieder diese Dunkelheit in mir aufsteigen fühlte. Everything‘s gonna be alright, everything‘s gonna be alright. Everything‘s gonna be alright, everything‘s gonna be alright . Irgendwie würde ich es schaffen. Alles würde gut werden, dazu war ich fest entschlossen.
Und dann kam mein achtundzwanzigster Geburtstag. Und es war nicht alles gut geworden.
Denn an diesem Tag war ich auf einmal älter, als mein Mann jemals sein würde.
Ich spürte, wie ich wieder in diesem schwarzen Loch versank, aus dem ich so mühevoll gekrochen war. Ich war achtundzwanzig. Jimmy
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