Lucy kriegt's gebacken
reicht jetzt bis an meine Waden. Als Parker noch einmal heftig zieht, falle ich gegen die Wand. Corinne lacht fröhlich.
„Wir brauchen nur ein paar Feuerwehrmänner, das ist alles“, brummt Parker mit gerunzelter Stirn.
„Da würde ich lieber meine Küche in Brand stecken. Das kann nicht richtig sein, Parker. Sie passt einfach nicht.“
„Doch! Vertrau mir, wenn du sie einmal anhast, wirst du begeistert sein. Und den Männern wird das Wasser im Mund zusammenlaufen. Heute Abend lernst du auf jeden Fall jemanden kennen.“
Meine Schwester, die jetzt beide riesige Brüste entblößt hat, lächelt. „Wo geht ihr denn hin?“
Ich kann nicht antworten, weil Parker irgendwie die Strumpfhose über meine Taille gezogen hat und ich keine Luft bekomme. „So ein Single-Ding“, erklärt Parker.
Corinne wirft mir einen wachsamen Blick zu. „Single-Ding? Ach du liebe Zeit. Vielleicht kennt Chris ja jemanden. Ich werde ihn mal fragen.“ Emma beginnt zu meckern, und meine Schwester, die aussieht wie kurz vor der Exekution, legt sie sich an die andere Brust. Parker und ich wenden schnell den Blick ab, als das Baby, das offensichtlich Rasierklingen anstelle von Lippen hat, andockt. Corinne wimmert, dann versichert sie dem Baby, dass sie es von ganzem Herzen liebt.
Noch ein herzhaftes Zerren, und die Strumpfhose sitzt. Mein linkes Bein ist eingeschlafen, weil vermutlich eine Arterie draufgegangen ist, als die Spanx sich in meinen Schenkel verbissen hat wie ein wütender Pitbull.
„Wie ist es jetzt?“, will Parker wissen.
„Hol mich da raus“, krächze ich. „Ich meine es ernst, Parker.“
„Chris, hallo, Liebling!“, quietscht Corinne hinter uns. „Wie geht es dir, Schatz?“ Sie lauscht eine Sekunde, dann hält sie das Telefon vom Ohr weg. „Ihm geht es gut“, informiert sie uns.
„Dann kann ich meine Gebete ja einstellen“, brummt Parker und reißt mir die Spanx wieder herunter.
Ich durchwühle meinen Schrank nach einer Jeans, die mir keine zu großen Schmerzen bereiten wird, und schwöre, meinen Twinkie-Konsum auf zwei pro Tag herunterzufahren.
„Okay, wir sind dann weg!“, rufe ich meiner Schwester zu. „Schließ hinter dir ab, wenn du gehst.“
„Viel Spaß!“ Corinne wirkt fast ein wenig verlassen. „Ich werdet euch bestimmt prächtig amüsieren.“
Wenn „amüsieren“ bedeutet, sich wie eine Kriegsgefangene zu fühlen, ja, dann werde ich mich wohl amüsieren. Natürlich will ich keine Spielverderberin sein oder so. Parker zumindest wird sich vielleicht im eigentlichen Sinne des Wortes amüsieren, doch ich frage mich, wann ich aus der Koalition der Willigen aussteigen kann.
„Ja!“ Der Mann vor mir lächelt. Ein Mann, der wie Tante Iris‘ Keller riecht, feucht und modrig. Sein Augenzucken macht die Sache auch nicht gerade besser, fürchte ich. Genauso wenig wie das Rülpsen, das er gerade unterdrückt. Wäh.
„Nein“, entgegne ich so freundlich wie möglich. „Aber trotzdem danke. Du bist bestimmt furchtbar nett. Aber … nein. Nimm‘s nicht persönlich. Ich bin Witwe, verstehst du, und so …“
„Und weiter!“ Lemmingartig mache ich einen Schritt nach links. Der nächste Mann ist extrem dünn und hat einen verzweifelten, hungrigen Blick in seinen rot umrandeten Augen. „Ja“, sagt er.
„Nein, tut mir leid. Es liegt nicht an dir. Sondern an mir. Ich bin Witwe. Niemand wird jemals an ihn herankommen, verstehst du? Trotzdem viel Glück.“
„Himmelherrgott, Lucy“, zischt Parker mir zu, dann beäugt sie den Typ vor sich. „Ja.“
Man musste heute fünfundsiebzig Dollar hinlegen, um bei LoveLines mitzumachen. Nun, Parker musste hundertfünfzig Dollar hinlegen, weil sie für mich mitbezahlt hat. Für dieses Geld stellen wir uns in einer Reihe auf, Schulter an Schulter mit ungefähr vierzig anderen Frauen. Uns gegenüber die Männerreihe. Alle zehn Sekunden machen wir einen Schritt nach links. Dahinter steckt die Idee, herauszufinden, ob die Chemie auf den ersten Blick stimmt. Simpel ausgedrückt schaut man sich kurz an und sagt dann Ja oder Nein. Wenn beide Ja sagen, tauscht man Kärtchen aus und trifft sich in der nächsten LoveLines-Phase zu einer zehnminütigen Plauderei. Wenn einer oder beide Nein sagen, geht man einfach weiter.
Ich wusste nicht, dass zehn Sekunden so lang sein können, habe aber schnell gelernt, zu zögern, als wäre ich hin und her gerissen, und dann erst Nein zu sagen, um auf diese Weise die Kränkung so gering wie möglich zu halten.
Parker
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