Lucy kriegt's gebacken
bekommen hatte. Egal, es war so oder so ein mächtiger Fortschritt.
Der Selbstbräuner hatte nicht funktioniert - ich war immer noch weiß wie ein Fischbauch. Dafür hatten meine Fußsohlen jetzt etwas Farbe angenommen, sie waren rosa statt grau … Ups, da war Blut, offenbar hatte ich etwas zu energisch mit dem Bimsstein gerubbelt. Und der kirschrote Nagellack, den ich aufgetragen hatte, war etwas zähflüssig gewesen und jetzt sowohl auf meinen Fuß- wie auf meinen Fingernägeln ziemlich verschmiert, aber trotzdem. Viel besser. Auch an meinen Beinen gab es kleine blutende Wunden zu beklagen, da der Rasierer stumpf gewesen war. Noch immer in Jimmys Bademantel gewickelt tapste ich ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch plumpsen. Fat Mikey sprang auf mich und knetete meinen Bauch - und vernichtete auf diese Weise hoffentlich etwas von der Cellulitis -, dann rollte er sich neben mir ein. Ich fühlte mich besser. Immerhin begrüßte ich mein neues Lebensjahr rasierter und hübscher, als ich es verlassen hatte. Alles gut. „Sehe ich nicht hübsch aus?“, fragte ich meinen Kater. Er schnurrte zustimmend. „Das hat Spaß gemacht. Und wir werden noch mehr Spaß haben, Fat Mikey. Pass nur auf, Welt, jetzt kommt der Spaß!“
Innerhalb von Sekunden war ich eingeschlafen.
Und wurde von einem Klopfen an der Tür geweckt. In der Wohnung, in der es zuvor schon düster gewesen war, war es inzwischen stockdunkel, und ich stolperte mit ausgestreckten Armen zur Tür, bis ich den Lichtschalter gefunden hatte. Die plötzliche Helligkeit ließ mich blinzeln. Ich sah durch den Türspion. Ethan. Ach ja, es war Freitag, also war Ethan zu Hausse. „Hi.“ Ich rieb mir die Augen und öffnete die Tür.
„Hey, Luce, alles Gute zum Geb…“ Er brach ab. „Himmel, was ist denn mit dir passiert?“
„Nichts. Wieso?“ Auf seinem Gesicht zeichnete sich blankes Entsetzen ab. „Ethan. Was ist denn?“
„Was hast du … getan? Deine …“
„Was?“
Sein Blick wanderte über meinen ganzen Körper. „Lucy …“ Er wollte etwas sagen, hielt aber inne. „Ach Lucy.“ Er schlug die Hände vor den Mund.
„Was?“, fragte ich wieder.
„Hm … du … ähm …“ Er begann zu lachen. Zu prusten, um genau zu sein.
Das reichte. Ich floh ins Badezimmer und sah in den Spiegel. Und fing an zu kreischen.
Mein Gesicht war krebsrot, links der Abdruck des gerippten Sofakissens, auf den Augen noch immer etwas grün-gräulicher Schlamm, weshalb ich sie nicht ganz aufbekam - ich sah aus wie ein Schlaganfallopfer. Offenbar hatte ich durch die alte Gesichtsmaske einen Hautausschlag bekommen, denn meine Wangen waren rot und geschwollen. Und mein Haar! Ach du liebe Zeit, mein Haar! Niemals in betrunkenem Zustand selbst Haare schneiden - klar, auf einmal erinnerte ich mich wieder an diese Regel. Ich sah aus, als wäre ich kopfüber in einen Rasenmäher gefallen, der Pony ungleichmäßig und struppig, die Haare links deutlich kürzer als rechts.
Dann sah ich meine Arme. Und meine Beine.
„Nein!“, heulte ich auf.
Braune und orangefarbene Streifen bedeckten meine ehemals weiße Haut, von den Stellen abgesehen, wo ich den Selbstbräuner vergessen hatte. Ich sah aus, als hätte ich im Dreck gewühlt. „Nein!“, jammerte ich, drehte den Warmwasserhahn auf und hielt einen Lappen darunter. Dann begann ich mit aller Gewalt an den Streifen zu reiben, aber nichts. Nichts änderte sich, abgesehen davon, dass meine Haut unter der unechten Bräune noch röter wurde.
Ich brach in Tränen aus. Ich war erbärmlich. Eine erbärmliche, betrunkene, verschmierte Witwe mit orangenfarbener Haut, Ausschlag und der Frisur einer entlaufenen Irren. Gott hatte mir nicht nur meinen Jimmy genommen - er hatte auch noch zugelassen, dass ich mich mit Schere und Selbstbräuner bewaffnet in ein White-Russian-Besäufnis stürzte. Das reichte doch wohl, um Atheistin zu werden.
„Jetzt komm schon, Lucy, so schlimm ist es gar nicht“, hörte ich Ethan auf der anderen Seite der Badezimmertür sagen. „Scheint, dass du dich ein bisschen …“ Er verstummte, und ich wusste einfach, dass er wieder lachte.
„Nicht!“ Ich riss die Tür auf. Ethan krümmte sich vor Lachen. Ich schlug ihm auf die Schulter. „Sieh mich an! Das ist unglaublich! So was kommt dabei raus, wenn ich einfach nur mal etwas Spaß haben will!“
„Ach, ich weiß nicht so recht. Ich finde es ziemlich lustig“, brachte er mühsam heraus.
Wie konnte er es wagen, zu lachen? „Du bist so fies,
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