Lucy kriegt's gebacken
ein Kissen darauf. Hör auf, Lucy, das ist nun wirklich unpassend, wie viel soll dieser Mann eigentlich noch ertragen? Ich grunze jetzt wie ein kleines Schwein, woraufhin ich nur noch heftiger lachen muss und wieder grunze. Tränen laufen mir aus den Augen, von Hysterie geschüttelt schlage ich auf die Matratze ein, damit ich endlich damit aufhöre.
„Ich nehme mal an, wir sind noch nicht bereit für Sex“, bemerkt Ethan trocken.
„Tut mir leid“, keuche ich, und dann geht es wieder los. Ich krümme mich vor Lachen.
„Es tut dir nicht leid.“ Er rollt sich von mir herunter. Aber ich kann ein Lächeln in seiner Stimme hören. Er schnappt sich das Kissen, betrachtet mein verzerrtes Gesicht, dann drückt er es wieder darauf.
„Ich nehme mal eine kalte Dusche.“ Er steht auf. „Ich hoffe nur, du hast ein verdammt schlechtes Gewissen.“
21. KAPITEL
„Und hier haben wir Grayhurst, das wunderschöne Anwesen der Familie Welles“, sagt Captain Bob, ein Rülpsen unterdrückend. Heute ist er noch rotgesichtiger als sonst, und ich bin froh, dass ich auf den Hafen zusteuere und nicht er. „Das Haus wurde 1904 als Geschenk für Lancaster Welles‘ zweite Frau gebaut, die ihren Mann mit einem Dienstmädchen im Heu erwischt hat. Sie war die erste in einer langen Reihe von Ehefrauen, die als Wiedergutmachung von ihrem treulosen Mann ein Haus geschenkt bekommen hat“, fährt Captain Bob fort und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee mit Schuss. Das ist zumindest einmal eine wahre Begebenheit.
„Wunderschön“, sagt eine Dame aus Nebraska. Vorn auf ihrem Sweatshirt prangt eine Katze mit grünen Pailletten-Augen. Der Rest der Ausflugsgäste ist ähnlich gekleidet: Eine Frau trägt einen pinkfarbenen Jogginganzug, eine andere hat Dreiviertelhosen mit elastischem Bund an und einen Pulli, der sie als weltbeste Oma deklariert. Meine Mutter würde tot umfallen, wenn sie die Frauen sehen könnte. Oder die ganze Gruppe einfach ermorden.
„Oh, seht!“, kreischt der pinkfarbene Jogginganzug. „Reiche Menschen!“
Captain Bob, dessen Augen scharf wie die eines Adlers sind, unabhängig davon, wie viel er trinkt, nickt. „Das ist die Urenkelin der Lancasters, die wunderbare Parker Welles“, erklärt er.
Tatsächlich geben Parker, Nicky und Ethan gerade ein recht malerisches Bild ab, wie sie so zusammen im Garten sitzen. Die Nebraska-Truppe springt auf, um die drei vor dem Hintergrund des beeindruckenden Gartens zu fotografieren, der ungefähr groß wie ein Fußballfeld und von tierförmigen Büschen gesäumt ist. Ich hupe dreimal laut. Nicky rennt an den Rand des Gartens und winkt, genauso wie Parker und Ethan. Wieder einmal denke ich, was für ein hübsches Paar die beiden abgeben. Ethan mit seinem dunklen Haar und den geschmackvollen Klamotten passt einfach hervorragend zu der todschicken blonden Parker.
Nach der Tour werde ich auch zu einem kleinen intimen Abendessen nach Grayhurst fahren. Ethan, Parker, ihr Sohn und ich. Eines der Dinge ist anders als die anderen, singe ich in Gedanken; eines dieser Dinge gehört nicht dazu.
„Meine wunderschönen Damen, wenn Sie nun Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Felsen richten wollen“, ruft Captain Bob. „Dort fand der berühmte Piratenüberfall auf Mackerly im Jahre achtzehnhundertachtundsechzig statt. Viele junge Mädchen verloren in den folgenden Wochen ihr Herz - und ihre Unschuld - an Captain Jack Sparrow.“
Ich verdrehe die Augen, doch offenbar haben die Nebraska-Damen „Der Fluch der Karibik“ nicht gesehen, denn sie seufzen ergriffen auf. Bob zwinkert mir zu, und grinsend schüttle ich den Kopf.
Eine Stunde später stehe ich zitternd in Grayhursts Weinkeller.
„Worauf hast du Lust?“, fragt Parker.
„Auf nichts zu Teures“, antworte ich, weil ich mir vorstelle, wie ihr Vater das Fehlen seiner unbezahlbaren Flasche Château Lafite bemerkt (die Berichten zufolge einmal Thomas Jefferson gehörte), ausgetrunken von dieser ungarischen Bäckerin, die mit seiner Tochter befreundet ist. Von oben erklingt ein dumpfes Dröhnen - Ethan und Nick spielen gerade eine Runde Star Wars. „Hüte dich vor der dunklen Seite der Macht!“, schreit Ethan, und Nicky bricht in perlendes Gelächter aus.
„Fruchtig? Trocken? Eichiger Unterton mit einer Andeutung von Vanille und Pfirsich-Mango im Abgang?“, fragt Parker grinsend.
„Ähm, ach du meine Güte.“
Meine Freundin, die genau weiß, wie unwohl ich mich angesichts dieses zur Schau gestellten Reichtums fühle,
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