Lucy & Olivia - Allerliebste Vampirschwester: Band 1 (German Edition)
fliehen.
Als sie Gang 9 entlanggingen, stürmten Hunderte von Fragen auf Olivia ein. Wie viel Blut war nötig, um alle Vampire in Franklin Grove satt zu kriegen? Wie viele Vampire gab es überhaupt in Franklin Grove? Dutzende? Hunderte? Tausende ?
Olivia und Sophia trafen wieder auf den Jungen mit dem Nasenring und den nachtschwarzen Stoppeln, der Regale auffüllte.
Vielleicht war das ja neulich gar kein Cranberrysaft, den er da aufgestapelt hat!, dachte Olivia. Ihr Herz raste. Nachdem er hier den Türsteher macht, muss er auch ein Vampir sein. Was, wenn er meine Angst riechen kann?
Sie fasste sich mit der Hand an den Hals und begann zu hyperventilieren.
Sophia warf ihr einen schrägen Blick zu.
»Du schnaufst wie ein Pferd«, sagte sie. Dann wandte sie sich an den Regalbefüller und sagte: »Pumpernickel.«
Er schloss gehorsam die Tür auf und Olivia huschte an ihm vorbei, bemüht, ihm nicht in die Augen zu blicken.
Die dunkle Treppe knarzte bei jedem Schritt. Olivia kam es so vor, als hörte sie Gelächter, dann Wesen, die durch die Wände hindurchhuschten, dann das Geräusch einer Flüssigkeit, die bedrohlich durch Rohre floss. Sie hatte Angst davor, zu stolpern und die Treppe runterzufallen, aber sie hatte noch mehr Angst davor, sich mit einer Hand an der Wand abzustützen. Was, wenn sie feucht war?
Schließlich erreichten sie den engen Flur am Fuß der
Treppe. Vor lauter Entsetzen fühlten sich Olivias Stiefel noch schwerer an als sonst und sie blieb immer weiter zurück. Sie kam an der ersten unbeschrifteten Tür vorbei. Die Tür war riesig, aus dunklem, mattem Metall. Sie hatte auch einen Schlitz zum Durchgucken, sodass man von innen sehen konnte, wer von außen reinwollte. Die Blende über dem Schlitz war zu, aber Olivia konnte die Gespräche und das Gelächter einer Menschenmenge von innen hören.
BloodMart !, dachte Olivia. Hinter dieser Tür schlürfen Vampire gierig BLUT!
Sie taumelte vorwärts. Ihr war übel. Sie beugte sich nach vorne und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab. Lucys schwarze Netzstrümpfe krabbelten wie Spinnen unter ihren Fingern.
»Komm endlich«, rief Sophia von vorne.
Olivia fürchtete, dass sie sich übergeben müsste, wenn sie sich jetzt aufrichtete.
Sophia kam näher. »Keine Panik, Lucy«, sagte sie. »Ich weiß, dass du kalte Füße hast, weil du für die Deko verantwortlich bist, aber es ist bloß ein Treffen. Außerdem machst du das schon ultrageil.«
Dann packte sie Olivias Hand und zog sie bis zur Tür am Ende des Flurs hinter sich her.
Die Vampire warteten schon: Vera mit ihrer unheimlichen weißen Haarsträhne, Raymond mit seinem teuflischen kahlen Schädel, Anise, genauso hager und hohläugig wie eine Ex-Geliebte von Graf Vira. Die Bluthunde, die blutdürstiger und bestialischer aussahen denn je.
Melissa bot Olivia in ihrer dienstfertigen Art und mit ihren entwaffnend dicken Brillengläsern einen Punsch an. Olivia lehnte ab.
»Einen Hafer-Rosinen-Keks?«, versuchte es Melissa. Olivia schüttelte den Kopf wie ein Zombie.
Jetzt nahmen alle Vampire ihre Plätze rund um den Opfertisch ein.
»Möge das Geheimnis in Dunkelheit gehüllt bleiben«, hob Melissa feierlich an.
»Und niemals ans Tageslicht kommen«, ertönte die Antwort.
Olivia brach auf ihrem Stuhl zusammen.
»Okay, Leute«, fing Melissa an und blätterte in ihren Notizen. »Der erste Tagesordnungspunkt ist die Deko. Lucy?«
Olivia bekam keinen Ton heraus. Alle Vampire sahen sie mit ihren Kontaktlinsen-Augen an.
»Lucy?«, sagte Melissa noch einmal.
Sophia kniff sie fest und Olivia zuckte zusammen. Sie schob die Hand in Lucys Umhängetasche aus schwarzem Samt und holte ihren weißen »HALLOWEEN-PARTY-DEKO«-Ordner heraus.
Die Blätter raschelten in Olivias zitternden Händen. »Nehmt euch eins und gebt den Rest weiter«, flüsterte sie.
Olivia trug stotternd ihre Präsentation vor. Sie hatte ihre Ideen in zwei Gruppen aufgeteilt: »Großes.« Das beinhaltete unter anderem die Tischdekoration – künstliche Grabsteine, auf denen die Namen berühmter Vampire standen, umrahmt von Blumengebinden aus weißen
Lilien. Unter »Kleinigkeiten« war der ganze restliche Kram aufgeführt: Gummispinnen, Fledermäuse, Spinnweben, brennende Fackeln und so weiter.
Sogar in ihrem Tran bemerkte Olivia, dass das Komitee auf grufti-artige Weise zufrieden war. Fast gegen ihren Willen ging es ihr langsam besser.
Oh, mein Gott, dachte sie nervös. Vielleicht überstehe ich dieses Treffen ja sogar,
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