Lucy & Olivia - Das Vampirgeheimnis
Gesicht: »Hast du schon mal in einem Sarg geschlafen?«
»Nein«, reagierte Olivia ungläubig.
Eine Frau mit einem Tonbandgerät in der Hand fragte: »Kennst du eine Straßengang, die »Die Bluthunde« genannt wird?«
Olivia schüttelte den Kopf. »Ich würde sie nicht gerade …«
Eine kleine, entschlossen aussehende Frau in einem engen, leuchtend orangefarbenen Hosenanzug drängelte sich zwischen den anderen hindurch, ihre blonden Haare glänzten in der Sonne. Olivia rang nach Luft – es war Serena Star persönlich! Sie sah viel kleiner aus als im Fernsehen.
»Hast du dich schon mal von jemandem in deiner Umgebung bedroht gefühlt, der Schwarz trug?«, fragte sie und hielt Olivia ihr Mikrofon unters Kinn.
Was für eine blöde Frage!, dachte Olivia. »Seit wann spricht was dagegen, sich schwarz zu kleiden?«, fragte sie.
Charlotte machte einen Satz nach vorn. »Ja, Miss Star, absolut!«, rief sie, ganz offensichtlich total überdreht, weil sie mit einer berühmten Reporterin wie Serena Star sprach. »Einmal«, sagte sie und warf mit einer theatralischen Geste ihre Haare zurück, »war ich im Mädchenklo und trug gerade frisches Lipgloss auf, als zwei Grufti-Mädchen hereinkamen. Sie waren von Kopf bis Fuß in schwarze Lumpen gehüllt und ihre Nägel waren schwarz lackiert. Und was glauben Sie, was sie gemacht haben? Sie haben mich angeknurrt!«
»Dich angeknurrt?«, wiederholte Serena Star.
»Mhm.« Charlotte nickte ernsthaft. »Ich hatte solche Angst, dass ich weggerannt bin, obwohl ich mir noch gar nicht die Wimpern getuscht hatte!«
»Du glaubst also, es ist ein Problem, dass so viele Schüler in Franklin Grove von der Finsternis besessen sind?«, hakte Serena Star nach.
»Absolut!«, pflichtete Charlotte ihr bei. »Schwarz ist so was von out.« Sie zeigte auf Serena Stars türkisfarbene Stilettos. »Ich finde Ihre Schuhe übrigens absolut toll. Sind die aus Hollywood?«
Olivia ergriff die Gelegenheit, sich davonzustehlen, die Treppe hochzulaufen und schnell die Schule zu betreten. Sie musste mit ihrer Zwillingsschwester über das, was da draußen vor sich ging, reden.
Von der Eingangshalle aus sah sie Lucy mit ihrem neuen Freund, Brendan Daniels, an ihrem Schließfach stehen. Noch nicht einmal Brendan war bisher aufgefallen, dass sie und Lucy genau gleich aussahen.
»Dann bis nachher, okay?«, hörte Olivia ihn sagen. Lucy ließ den Smaragdring, der ihr um den Hals hing, rotieren.
»Okay«, gurrte sie.
Ihre Schwester war immer noch dermaßen verknallt. Olivia fand das unheimlich süß. Während sie wartete, bis Lucy und Brendan sich verabschiedet hatten, spielte Olivia an ihrem Smaragdring herum. Es waren ihre identischen Smaragdringe gewesen, an denen Lucy und Olivia sich letztlich erkannt hatten. Die Ringe waren das Einzige, was sie von ihren leiblichen Eltern hatten.
Brendan kam mit einem freundlichen »Hey, Olivia!« an ihr vorbei und Olivia rannte auf ihre Schwester zu.
»Lass mich raten«, begann sie. »Du hast ihm immer noch nicht von uns erzählt.«
»Ich schwöre dir, ich hab’s versucht«, erwiderte Lucy und zog ihren einfarbigen schwarzen Pullover aus, unter dem ein eng anliegendes graues Mini-T-Shirt mit dem Konterfei von Edgar Allan Poe zum Vorschein kam. »Aber irgendwie ist nie der richtige Augenblick, um zu sagen: ›Hey, ich hab übrigens eine Zwillingsschwester, von der ich bis vor Kurzem nichts wusste.‹«
»Irgendwann müssen wir’s allen sagen, auch unseren Eltern«, erklärte Olivia.
Plötzlich entstand am anderen Ende des Gangs ein Aufruhr. Als Olivia aufblickte, sah sie, wie Garrick Stephens mit Sonnenbrille und einem schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift »Interna 3 – Ruhe in Frieden« herangeschlendert kam. Die anderen Bluthunde schlurften hinter ihm her. Alle Leute traten beiseite, um sie vorbeizulassen, als wäre Garrick ein berühmter Sportler, der gerade einen wichtige Wettkampf gewonnen hatte – oder ein Sportler, der gerade das wichtige Spiel verloren hatte, weil er in die falsche Richtung gerannt war.
»Autogramme?«, rief Garrick gönnerhaft. »Autogramme?«
Lucy schüttelte wütend den Kopf.
»Ich erwürge ihn«, sagte sie. »Kannst du dir vorstellen, dass ich heute Morgen durch den Seiteneingang reingehen musste? Brendan auch. Sonst wären wir niemals lebend die Treppe hochgekommen.«
»Darüber wollte ich mit dir reden«, erwiderte Olivia. »Ich hab gesehen, wie Charlotte von Serena Star interviewt wurde. Sie hat gesagt, zwei Gruftis
Weitere Kostenlose Bücher