Lucy & Olivia - Das Vampirgeheimnis
vorstellen?«
»Was ist denn los?«, fragte Olivia.
»Alle versuchen, ins Fernsehen zu kommen«, antwortete Camilla.
Ganz in der Nähe erblickte Olivia Kyle Glass, einen
der Jungen aus der Gruppe, die alle »Die Bluthunde« nannten. Er hielt einem ahnungslosen Reporter zwei Finger hinter den Kopf, die Hasenohren darstellen sollten. Der Kameramann wedelte aufgeregt mit den Armen im Versuch, ihn zu vertreiben.
Olivia runzelte die Stirn. »Äh, hab ich einen Aushang am Schwarzen Brett übersehen?«
»Willst du etwa sagen, du hast noch nichts davon gehört?« , fragte Camilla ungläubig. »Garrick Stephens ist gestern während einer Beerdigung aus dem Sarg gesprungen. Genauso wie der Bösewicht Zolten, der entkommen konnte, indem er sich in einem Tiefkühlgeschoss versteckte.«
Olivia nahm an, dass sich ihre Freundin auf eins der Science-Fiction-Bücher bezog, die sie so liebte. Olivia selbst war eher ein Fan von Vampirromanen. Vor ihrem Umzug nach Franklin Grove war sie aber davon ausgegangen, dass Vampire nur in Romanen existierten. Damit hatte sie allerdings gründlich falsch gelegen. Ihr wurde immer noch ganz schwindelig, wenn sie daran dachte, dass es in Franklin Grove vor lebendigen, atmenden, bluttrinkenden Vampiren nur so wimmelte. Die meisten jedoch – Garrick und seine Freunde ausgenommen – waren wirklich nett.
Keiner der anderen Menschen in Franklin Grove hatte auch nur den geringsten Schimmer, dass ihre Stadt so etwas wie die Vampirzentrale war, denn die oberste und wichtigste Regel unter Vampiren lautete: kein Wort zu niemandem. Bei einer Beerdigung aus einem Sarg zu springen, ging also wahrscheinlich zu weit.
Der einzige Grund, weshalb Olivia von den Vampiren wusste, war Lucy Vega, der sie an ihrem ersten Tag auf der Franklin-Grove-Schule begegnet war. Lucy war ein Vollblut-Grufti und Olivia ein waschechtes Cheerleader-Mädchen, sodass sie anfangs so unterschiedlich wirkten wie Lakritze und Zuckerwatte. Aber es hatte nicht lange gedauert, bis Olivia und Lucy aufgefallen war, dass sie sich ähnlich sahen. Sie waren sogar – und hier wurde es vollkommen irre – eineiige Zwillinge. Sie waren also identisch, abgesehen von einer Sache: Lucy war ein Vampir und Olivia nicht!
»Wie auch immer«, sagte Camilla gerade, »ganz Amerika ist jetzt fasziniert von Franklin Grove. Und die Medien – allen voran Serena Star – versuchen, Garrick zum Helden dieser Wahnsinnsstory über den Niedergang der amerikanischen Jugend zu machen.«
»Ich glaub’s nicht.« Olivias Unterkiefer klappte runter. »Serena Star von WowTV ? Die ist doch total berühmt!«
Camilla nickte, aber sie war ganz offensichtlich nicht sonderlich beeindruckt.
»Sie glaubt, wir würden alle ein schreckliches Geheimnis hüten.«
Olivias Herz setzte einen Schlag lang aus. »Was denn zum Beispiel?«
»Wer weiß?«, sagte Camilla. »Nicht dass sie was finden wird. Franklin Grove ist wahrscheinlich die allernormalste Stadt in ganz Amerika.«
Olivia lächelte beklommen. Camilla hatte ja keine Ahnung.
Ich mach mich mal besser auf die Suche nach Lucy, dachte Olivia, um rauszufinden, was sie von der ganzen Sache hält!
»Gehen wir rein?«, fragte sie.
Sie und Camilla umgingen die Menge auf ihrem Weg zum Haupteingang der Schule. Plötzlich hörte Olivia eine vertraute hohe Stimme ihren Namen rufen. Sie versuchte, es zu ignorieren, und ging weiter, aber die Stimme kreischte noch lauter. »O – L – I – V – I – A!«
Olivia fuhr zusammen und sagte Camilla, sie solle ohne sie weitergehen. Dann drehte sie sich widerwillig um und erblickte Charlotte Brown, ihre Cheerleader-Kapitänin, die sie zu sich in den Kreis von Kameras winkte, die sie umringten.
Seit Olivia es vor ein paar Wochen ins Cheerleading-Team geschafft hatte, hatte Charlotte offenbar vergessen, dass sie versucht hatte, Olivias Aufnahme zu verhindern. Charlotte und ihre Freundinnen Katie und Allison behandelten Olivia plötzlich, als sei sie ihre allerbeste Freundin.
Wenigstens sind wir beim Cheerleading dadurch wirklich ein Team, dachte Olivia, als sie zu ihr hinüberging.
»Erzähl’s ihnen, Olivia!«, sagte Charlotte, wobei sie ihren Arm ergriff und sie vor die Kameras zog. »Du weißt schon – wie es ist, hier neu anzufangen. Wie beängstigend mit all diesen schlechten Einflüssen.«
Olivia rümpfte die Nase. Eine Kamera leuchtete auf.
»Ich, äh, hab nicht wirklich …«
Ein Reporter in einem zerknitterten Anzug hielt Olivia
ein Mikrofon vors
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