Lucy & Olivia - Die Vampirprüfung
dunkelgraue uniformartige Jacke gehüllt. Darunter trug er ein leuchtend geistergrünes T-Shirt. Seine schwarzen Locken, die noch nass vom Regen waren, glitzerten im gedämpften blauen Licht der Passage. Er sah in jeder Hinsicht umwerfend aus. Geistesabwesend klopfte er mit einem Tischtennisschläger auf die Kante der Platte.
Ihre erste Verabredung hatte vor gar nicht langer Zeit auch hier stattgefunden. Brendan hatte Lucy damit überrascht, sie zu einem fortlaufenden Tischtennisturnier herauszufordern. Und Lucy hatte dabei so viel Spaß wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Mit ihrer Beziehung war auch das Turnier immer weiter fortgeschritten: Inzwischen stand es 23 zu 22 für Lucy. Sie lagen immer Kopf an Kopf. Lucy wollte für immer Kopf an Kopf bleiben. Sie hatte sich jahrelang nach Brendan Daniels verzehrt, ohne sich zu trauen, ihn anzusprechen, und jetzt war er ihr Freund.
Ich kann ihn doch nicht einfach verlassen , überlegte sie, und ein stechender Schmerz durchfuhr ihr Herz. Aber sie wusste, dass sie keine Wahl hatte.
Lucy war sich bewusst, dass das heute möglicherweise ihre letzte Verabredung war. Wie konnten sie noch zusammenbleiben, wenn sie bald ein ganzer Ozean trennen würde? Lucy nahm all ihren Mut zusammen und trat aus der Ecke hervor. Brendan entdeckte sie sofort. Er kam herbeigesprungen, küsste sie auf die Wange, nahm ihre Hand und zog sie zurück zur Tischtennisplatte.
»Ich warte schon die ganze Woche darauf, dich aus den Schlagzeilen zu bekommen!«, verkündete er. Er blieb neben der Platte stehen und breitete die Hände über seinem Kopf aus, als stellte er sich die Titelseite der nächsten Schülerzeitung vor: »›Daniels schlägt Vega bei Tischtennis-Spektakel!‹« Brendan holte einen Ball hervor, den er gerade auf die Platte werfen wollte.
Doch Lucy zwang sich, im letzten Moment ihre Hand auf seine zu legen. »Warte«, sagte sie leise.
Brendan hielt inne und sah sie an. Lucy verschränkte ihre blassen Finger mit seinen und führte ihn von der Platte weg, weiter in die Passage hinein. Schließlich standen sie in einer ruhigeren Ecke.
»Brendan«, ihre Stimme zitterte, »mein Dad hat eine neue Stelle.«
»Das ist ja genial!«, entgegnete er, aber sein Lächeln begann zu verblassen, als seine Augen ihr Gesicht musterten. »Oder?«
»In Europa«, erwiderte Lucy. Sie holte tief Luft. »In drei Wochen ziehen wir um.«
Etwas Dunkles flackerte in Brendans Augen auf. Plötzlich sah er auf ihre Hände hinab. »Du ziehst weg?«, fragte er, ohne aufzublicken.
Lucy nickte. Er schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen.
Das ist das Ende, war sich Lucy sicher.
Dann begann Brendan, nachdenklich Lucys Finger zu streicheln. Plötzlich blickte er entschlossen auf. »Die Entfernung spielt keine Rolle«, erklärte er.
»Brendan …«, hob sie an, da sie aus irgendeinem Grund das Gefühl hatte, sie müsse etwas dagegen einwenden.
»Wirklich nicht«, er blieb energisch. »Wir können telefonieren und mailen und uns Kurznachrichten schicken.«
»Es gibt einen Zeitunterschied«, gab Lucy zu bedenken.
»Ich wollte schon immer mal nach Europa«, sagte Brendan unbeeindruckt. »Alle sagen, es sei echt grottig dort.«
»Du würdest mich besuchen kommen?«, fragte Lucy mit zitternder Stimme.
Brendan sah ihr in die Augen, legte seine Arme um sie und zog sie an sich.
Lucy vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. »Ich weiß nicht, wie ich dir Lebewohl sagen soll«, flüsterte sie.
»Musst du ja gar nicht«, sprach Brendan in ihre Haare. Lucy sah zu ihm auf und ihr Herz schlug Purzelbäume.
Er lächelte leicht auf sie hinunter. »Ich glaube, wir brauchen ein neues Spiel«, sagte Brendan und sah sich um. »Eins, das wir auch an getrennten Orten spielen und dann die Punktestände miteinander vergleichen können.« Plötzlich blieb sein Blick an etwas am anderen Ende des Raums hängen und seine Augenbrauen schossen in die Höhe. »Kegeln!«
Brendan begann, sie durch die Passage zu ziehen, aber Lucy zögerte. Irgendwie kam es ihr nicht richtig vor, jetzt etwas zu spielen. »Ich weiß nicht«, murmelte sie.
»Lucy«, sagte Brendan mit fester Stimme, »uns bleiben nur noch drei Wochen. Es ist okay, traurig zu sein, wenn du weg bist. Aber ich möchte meine Zeit nicht mit Traurigsein verschwenden, solange du noch hier bist!«
Du hast recht, dachte Lucy. Und du gehörst zu mir!
Sie lächelte und zusammen rannten sie durch die Passage.
»Ich warne dich!«, sagte Brendan. »Im Kegeln bin ich
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