Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
nicht weiß?«
    »Nichts«, erklärte Charlotte verzweifelt.
    »Aber du hast doch gesagt...«
    Es klingelte. Daniel war an der Tür. Auf Karens blendend zurechtgemachtes Gesicht trat Erleichterung. Großer Gott, dachte ich, sie ist tatsächlich verrückt nach ihm. Es gab mir einen kleinen Stich.
    Daniel war wie aus dem Ei gepellt. Er hatte sich die Haare aus der Stirn gekämmt. Zu einem dunklen Anzug trug er ein weißes Hemd, was seine leichte Urlaubsbräune unterstrich; er war im Februar auf Jamaika gewesen. Er hatte zwei Flaschen gekühlten Champagner mitgebracht – der ideale Gast. Ich mußte unwillkürlich lächeln. Untadelige Erscheinung, untadeliges Auftreten, und nur ein ganz klein bißchen klischeehaft.
    Er sagte alles, was nette und höfliche Gäste sagen, wenn sie zum Abendessen eingeladen sind, wie beispielsweise »Hmm, hier riecht es aber gut« und »Du siehst großartig aus, Karen, und du auch, Charlotte.«
    Nur, als er zu mir trat, schien er sein untadeliges Benehmen ein wenig vergessen zu haben. »Was gibt’s zu lachen, Sullivan?« wollte er wissen. »Ist es mein Anzug, meine Frisur – oder was?«
    »Nichts«, gab ich zurück. »Wirklich nichts. Warum sollte ich über dich lachen?«
    »So ohne weiteres ändert niemand lebenslange Gewohnheiten«, murmelte er. Dann trat er ein wenig beiseite und gab noch einige der Dinge von sich, die höfliche Gäste so sagen. »Kann ich mich nützlich machen?«, was ihm die voraussehbare Antwort »Nein« und ein leicht hysterisches »Wir haben alles bestens im Griff« eintrug.
    »Setz dich und trink was«, sagte Karen anmutig, während sie Daniel ins Wohnzimmer schob. Charlotte und ich wollten folgen, aber Karen steckte den Kopf zur Tür heraus und zischte uns zu: »Vorwärts, macht schon«. Sofort schloß sie die Tür, so daß ich auf Charlottes Rücken prallte.
    Es klingelte wieder. Diesmal war Simon an der Tür, wie stets untadelig gekleidet. Er trug einen Smoking mit einem Kummerbund aus rotem Atlas, der wirklich bescheuert aussah. Auch er hatte eine Flasche Champagner dabei.
    Ach je, dachte ich. Gus würde der Außenseiter sein – und zwar noch mehr als sonst. Nicht nur würde er keinen Champagner mitbringen, sondern höchstwahrscheinlich mit leeren Händen kommen.
    Mir wäre das zwar nicht peinlich gewesen, aber ich machte mir Sorgen, daß es ihm peinlich sein könnte.
    Ich überlegte, ob ich schnell zum Laden um die Ecke laufen und Champagner besorgen sollte, den ich Gus bei seinem Eintreffen unauffällig in die Hand drücken konnte, aber ich hatte Kartoffel-Aufwärmdienst und durfte das Kasernengelände nicht verlassen.
    Auch Simon sagte, wie Daniel einige Augenblicke vor ihm, »Hmm, hier riecht es aber gut.«
    Gus würde höchstens sagen: »Wo bleiben die Kartoffeln? Ich hab ’nen Mordskohldampf.«
    »Wie läuft’s?« fragte Karen von der Küchentür aus. Offensichtlich hatte sie Daniel und Simon eine Weile im Wohnzimmer sich selbst überlassen, damit sie sich miteinander verbrüdern konnten.
    »Gut«, sagte ich.
    »Paß auf die Soße auf«, sagte sie besorgt. »Wenn da Klümpchen drin sind, bring ich dich um.«
    Ich schwieg. Ich hatte das dringende Bedürfnis, ihr die Soßenschüssel quer durch die Küche an den Kopf zu werfen.
    »Und wo ist dein verrückter Ire?«
    »Unterwegs.«
    »Er sollte sich besser beeilen.«
    »Keine Sorge.«
    »Was hast du ihm gesagt, wann wir anfangen?«
    »Acht Uhr.«
    »Es ist jetzt Viertel nach.«
    »Karen – er kommt.«
    »Das will ich hoffen.«
    Sie eilte mit einer Flasche unter dem Arm zurück ins Wohnzimmer.
    Während ich weiter in der Soße rührte, meldete sich eine leichte Besorgtheit in der Magengegend. Ach was, er würde bestimmt kommen.
    Allerdings hatte ich seit Dienstag nicht mit ihm gesprochen und ihn seit Sonntag nicht gesehen. Mit einem Mal kam mir das schrecklich lang vor. Ob er mich inzwischen vergessen hatte?
    Kurz darauf war Karen wieder da.
    »Lucy!« schrie sie. »Es ist halb neun!«
    »Ja und?«
    »Wo zum Teufel bleibt Gus?«
    »Keine Ahnung.«
    »Willst du nicht versuchen rauszukriegen, wo er steckt?«, blaffte sie mich an.
    »Du könntest ihn doch anrufen«, schlug Charlotte vor. »Einfach sicherheitshalber, falls er es vergessen oder sich den falschen Tag gemerkt hat.«
    »Oder das falsche Jahr «, sagte Karen boshaft.
    »Er ist bestimmt schon unterwegs«, sagte ich, »aber ich ruf trotzdem vorsichtshalber mal an.«
    Meine Worte klangen weit zuversichtlicher, als ich mich fühlte. Ich war alles

Weitere Kostenlose Bücher