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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Vormittag über alles informiert hatte. Ich war wütend auf Chris, denn er hätte mich schließlich anrufen und mir einen Tip geben können. So zankten wir ein wenig, was ganz nett war, weil ich dabei einen Augenblick lang nicht an Dad denken mußte. Chris war ziemlich erleichtert, als ich sagte, daß ich den Abend mit Dad verbringen würde (»Danke, Lucy, dafür muß ich mich gelegentlich erkenntlich zeigen.«). Chris und Verantwortung vertrugen sich nicht besonders gut, besser gesagt sie waren einander noch nie von Angesicht zu Angesicht begegnet.
    Dann rief ich Daniel an und erzählte ihm, was vorgefallen war. Ihm konnte man so etwas gut sagen, weil er stets voll Mitgefühl war. Außerdem hatte er meine Mutter immer gemocht, und ich war froh, daß er eine Gelegenheit hatte zu sehen, was für ein Miststück sie in Wirklichkeit war.
    Ohne sich über ihren Weggang zu äußern, schlug er vor, mich mit dem Auto zu Dad zu fahren.
    »Nein«, sagte ich.
    »Doch«, sagte er.
    »Kommt nicht in Frage«, sagte ich. »Ich bin schrecklich durcheinander und keine angenehme Gesellschaft. Es ist eine lange und langweilige Fahrt, und wenn wir da sind, möchte ich mit meinem Vater allein sein.«
    »Von mir aus«, sagte er. »Ich möchte trotzdem bei dir sein.«
    »Daniel«, seufzte ich. »Es ist sonnenklar, daß du einen Psychiater brauchst, aber ich hab im Augenblick wirklich keine Zeit, mich mit deinen seelischen Problemen zu beschäftigen.«
    »Lucy, sei vernünftig«, sagte er mit fester Stimme. Darüber mußten wir beide ein bißchen lachen.
    »Du verlangst das Unmögliche«, sagte ich. »Hör auf, mir Forderungen mit eingebautem Mißerfolg zu stellen.«
    »Jetzt hör mir mal zu«, brüllte er. »Ich hab ein Auto, du hast einen langen Weg vor dir, du mußt noch in deine Wohnung, um Klamotten und was weiß ich zu holen. Ich hab heute abend nichts weiter vor, also fahr ich dich nach Uxbridge und will nichts mehr darüber hören!«
    »Uijui«, sagte ich belustigt und trotz der schrecklichen Umstände ein wenig beeindruckt. »Da spricht der Held aus einem Groschenroman. Wirf mal ’nen Blick auf deine Oberschenkel. Würde mich gar nicht wundern, wennn man da richtig die Muskeln vorstehen sähe.«
    Er verstand nicht, wovon ich sprach. Komischerweise hatte ich mir noch nie Gedanken über Daniels Oberschenkel gemacht. Ich hatte den leisen Verdacht, daß sie tatsächlich muskulös waren. Ich kam mir ein wenig merkwürdig vor, war ein bißchen nervös und hörte daher auf.
    »Danke, Daniel«, gab ich nach. »Falls es dir wirklich nichts ausmacht, wäre es mir eine Hilfe, wenn du mich fahren würdest.«
     
    Das schreckliche Ereignis von Mums Auszug hatte meine Angst vor Karen und vor dem überlagert, was sie mir antun würde, wenn sie dahinterkam, daß ich mich von Daniel nach Uxbridge fahren ließ. Aber als er und ich die Wohnung verließen, war sie zum Glück noch nicht von der Arbeit zurück.
    Unterwegs machten wir an einem Supermarkt halt, um für Dad Vorräte einzukaufen. Ich gab ein Vermögen aus und kaufte alles, was er, soweit ich mich erinnerte, gern hatte – Buchstabensuppe, kleine Portionen Fertignachtisch, alles mögliche zum Kabbern und Naschen, süße Krümelkekse, Marmeladentörtchen mit Mandelsplittern, bunte Pfefferminzbonbons und eine Flasche Whiskey. Mochte ihn meine Mutter ruhig als Trinker hinstellen, ich glaubte es nicht, und wenn, es hätte mich kaltgelassen. Ich hätte ihm alles gegeben, um ihn ein wenig glücklicher zu machen und ihm das Gefühl zu vermitteln, daß es jemanden gab, der ihn liebte.
    Mit geradezu missionarischem Eifer nahm ich mir vor, ihm ein gemütliches Heim zu bereiten und freute mich richtig darauf. Ich würde meiner Mutter schon zeigen, wie man so etwas macht.
    Im Haus meines Vaters angekommen, fanden Daniel und ich ihn betrunken und in Tränen aufgelöst in seinem Lehnsessel. Ich war erschüttert, wie mitgenommen er war, hatte ich doch angenommen, daß ihn der Weggang meiner Mutter in gewisser Weise freuen würde, da er jetzt seine Ruhe hatte. Fast hatte ich erwartet, daß er erleichtert war, wenn er sah, daß nur noch er und ich da waren.
    »Armer, armer Dad.« Ich stellte die Einkaufstüten auf den Tisch und eilte an seine Seite.
    »Ach, Lucy«, sagte er, langsam den Kopf schüttelnd. »Ach, Lucy, was soll nun aus mir werden?«
    »Ich kümmere mich um dich. Da, trink was«, forderte ich ihn auf und gab Daniel mit einer Geste zu verstehen, daß er den Whiskey bringen solle.
    »Hast

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