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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Schokolade essen?«
    »Nein, Lucy«, sagte er, und wieder wirkte er verärgert. »Es gibt keinen Beweis dafür, daß Hypnose wirkt, und selbst, wenn es so wäre, müßte es der Wunsch des Hypnotisierten sein, mit dem Rauchen oder was auch immer, aufzuhören. Ihr Vater gibt nicht einmal zu, daß er zuviel trinkt, und deshalb besteht keine Aussicht, daß er sich zum Aufhören entschließt. Sobald er sagt, daß er aufhören will, ist er reif für die AA«, fügte er süffisant hinzu. Ich verdrehte die Augen. Er mit seinen verdammten AA.
    Das mit der Hypnose war also Fehlanzeige. Dennoch ließ ich mich nicht entmutigen und fragte: »Und was ist mit Akupunktur?«
    »Was soll damit sein?« fragte er matt.
    »Könnte man da was machen? Könnte man ihm eine Nadel ins Ohr oder sonstwohin pieksen?«
    »Sonstwohin ist ein guter Gedanke«, murmelte er. Es klang ziemlich boshaft. »Nein.«
    Da ich nicht mehr aus noch ein wußte, suchte ich die Nummer der Anonymen Alkoholiker aus dem Telefonbuch und rief dort an, um zu fragen, was ich mit Dad tun sollte. Die Leute waren äußerst freundlich und mitfühlend, teilten mir aber mit, daß ich nichts für ihn tun könne, solange er sich selbst nicht darüber im klaren sei, daß er Hilfe brauchte. Das klang vertraut, das hatte ich irgendwo schon einmal gehört. Ach ja: und wenn der Betreffende einsehe, daß er Hilfe brauche, sei die Schlacht schon zur Hälfte gewonnen. Aber das glaubte ich nicht.
    »Na, hören Sie«, sagte ich ärgerlich. »Sie wollen doch Leute vom Trinken abbringen. Warum tun Sie das dann nicht auch bei meinem Vater?«
    »Tut mir leid«, sagte die Frau, mit der ich sprach. »Das kann niemand außer ihm selbst.«
    »Aber er ist Alkoholiker«, platzte es aus mir heraus. »Von Alkoholikern erwartet man nicht, daß sie von selbst aufhören.«
    »Nein«, sagte sie. »Aber sie müssen es wollen.«
    »Ich verstehe Sie nicht. Er hat es im Leben sehr schwer gehabt, und seine Frau hat ihn vor kurzem verlassen, da muß er doch einfach trinken.«
    »Muß er nicht«, sagte sie. Sehr freundlich.
    »Das ist doch lachhaft«, sagte ich. »Können Sie mir mal Ihren Chef geben? Ich muß mit einem Fachmann darüber sprechen. Es ist ein ganz besonderer Fall.«
    Sie lachte, und das steigerte meinen Zorn noch.
    »Wir haben alle mal gedacht, daß wir ganz besondere Fälle wären«, sagte sie. »Wenn ich für jeden Alkoholiker, der mir das gesagt hat, ein Pfund bekäme, wäre ich reich.«
    »Wovon reden Sie?« fragte ich die Frau kalt.
    »Ich bin Alkoholikerin«, sagte sie.
    »Tatsächlich?« fragte ich überrascht. »Sie klingen aber nicht so.«
    »Wie müßte ich denn Ihrer Ansicht nach klingen?« fragte sie.
    »Na ja... ich nehme an, betrunken.«
    »Ich habe seit fast zwei Jahren nicht getrunken«, sagte sie.
    »Nichts? «
    »Nichts.«
    »Ich meine, überhaupt nichts?«
    »Nein, überhaupt nichts.«
    Wenn sie es sich zwei Jahre lang verkneifen konnte, kann sie nicht viel getrunken haben, dachte ich. Wahrscheinlich eine von den Tussis, die freitagabends vier Gin mit Soda süffeln.
    »Vielen Dank«, sagte ich, bereit, aufzulegen. »Ich glaube nicht, daß man meinen Vater mit Ihnen vergleichen kann. Er trinkt Whiskey, und er trinkt schon vormittags.« Ich sagte es fast prahlerisch. »Es würde ihm sehr schwer fallen aufzuhören. Er könnte nie im Leben zwei Jahre lang nichts trinken.«
    »Ich hab früher auch vormittags getrunken«, sagte die Frau. Ich schluckte. Ich glaubte ihr nicht.
    »Am liebsten Kognak pur«, fuhr sie fort.
    »Eine ganze Flasche am Tag«, fügte sie hinzu, als ich nach wie vor nichts sagte. »Ich war keine Spur anders als Ihr Vater.«
    »Aber er ist alt...« sagte ich verzweifelt. »Ihre Stimme klingt nicht alt.«
    »Bei den Anonymen Alkoholikern gibt es Menschen jeden Alters, auch viele alte Leute.«
    »Ich kann jemand vorbeischicken, der mit ihm redet«, schlug sie vor.
    Doch da mir klar war, daß er sich darüber nur empören und sich gedemütigt fühlen würde, ging ich nicht darauf ein.
    Dann gab sie mir die Telefonnummer einer anderen Gruppe namens Al-Anon und erklärte, dabei handele es sich um Freunde und Angehörige von Alkoholikern, die mir vielleicht helfen könnten. Also rief ich in meiner Verzweiflung dort an und ging sogar zu einem der Treffen, weil ich hoffte, diesen oder jenen Hinweis zu bekommen, wie ich meinem Vater das Trinken abgewöhnen könnte. Vielleicht mußte man den Schnaps vor ihm verstecken, mit Wasser verdünnen, ihn überreden, erst abends um

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