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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schon zwei Stunden, bevor die Sirene ertönte, im Mantel zum Aufbruch bereit dagesessen, die Handtaschen griffbereit auf dem Tisch vor uns.
    Einem Memo zufolge, das vor längerer Zeit im Büro umgelaufen war, war ich als Brandschutzbeauftragte eingeteilt, aber da ich nicht wußte, was das war und es mir auch niemand erklärt hatte, nutzte ich das allgemeine Chaos, ging zur Oxford Street und sah mich in einigen Schuhgeschäften um.
    »Geh nicht hin, Lucy«, sagte Megan. Es klang beunruhigt. »Bestimmt bedeutet es nichts Gutes, daß er wieder aufgetaucht ist.«
    »Ich kann mich um mich selbst kümmern«, versicherte ich ihr, auch wenn mich ihre Fürsorge rührte.
    Sie schüttelte den Kopf und blieb ungewöhnlich still.
     
    Als Jed am nächsten Tag ins Büro kam, sagte er, er habe vor Aufregung nicht schlafen können. Den ganzen Tag hindurch klagte er über Lampenfieber.
    Er ließ es sich nicht nehmen, mein Aussehen persönlich zu begutachten, bevor ich mich mit Gus traf. »Viel Glück, Agentin Sullivan«, sagte er. »Wir alle verlassen uns auf Sie.«
    Es war schon lange her, daß ich mich so jung und glücklich gefühlt hatte. So, als böte das Leben noch Möglichkeiten.
    Gus wartete vor dem Eingang auf dem Gehsteig und tauschte mit Winston und Harry Beleidigungen aus (woran das lag, merkte ich bald darauf). Als ich ihn sah, wurde mir flau im Magen – er sah blendend aus. Sein glänzendes schwarzes Haar fiel ihm über die grünen Augen. Die vier Monate hatten seine Anziehungskraft nicht vermindert.
    »Lucy!« rief er bei meinem Anblick aus und kam auf seine betörende Weise mit weit ausgebreiteten Armen auf mich zugerannt.
    »Gus.« Ich lächelte atemlos und hoffte, daß er nicht sah, wie meine Knie vor Freude und Aufgeregtheit zitterten.
    Er umarmte mich und drückte mich fest an sich. Als ich seine Schnapsfahne roch, war es mit meinem Glücksgefühl schlagartig vorbei.
    Es war nichts Ungewöhnliches, daß er nach Alkohol roch – eher war es ungewöhnlich, daß er nicht nach Alkohol roch. Das gehörte zu den Dingen, die ich an ihm so mochte. Besser gesagt gehörte es zu den Dingen, die ich an ihm gemocht hatte. Jetzt aber nicht mehr, wie es schien.
    Einen Augenblick lang stieg Zorn in mir auf, weil ich glaubte, man habe mir einen Streich gespielt. Sofern es mein Wunsch gewesen wäre, den Abend mit einem stinkenden Trunkenbold zu verbringen, hätte ich zu Hause bleiben können. Mein Abend mit Gus hatte die Große Flucht sein sollen, nicht aber eine Neuauflage von nur allzu Bekanntem.
    Er tat einen kleinen Schritt zurück, um mich zu mustern, hielt mich aber weiterhin fest in den Armen und lächelte unaufhörlich. Meine Laune besserte sich.
    Das Bewußtsein, mich in Kußentfernung seines betörenden und gutaussehenden Gesichts zu befinden, raubte mir die Sinne.
    Ich bin mit Gus zusammen, dachte ich ungläubig. Ich halte meinen Traum in den Armen.
    »Laß uns was trinken gehen«, schlug er vor. Erneut stieg Ärger in mir auf.
    Sieh mal einer an, dachte ich erzürnt. Hätte er sich für unsere Versöhnung nicht etwas Originelleres ausdenken können? Wie dumm von mir, so etwas zu hoffen.
    »Komm schon«, sagte er und begann loszulaufen. Man könnte fast sagen, daß er rannte. Hat der’s aber eilig, dachte ich, während ich mühsam Schritt hielt. Er führte mich zu einer Kneipe in der Nähe, in der wir früher oft gewesen waren. Sie gehörte zu Gus’ Lieblingslokalen, und er kannte nicht nur den Mann hinter dem Tresen, sondern auch die meisten Gäste.
    Während ich Gus, dem es allem Anschein nach gar nicht schnell genug gehen konnte, ins Innere folgte, dachte ich mit einem Mal, ich hasse diese Kneipe. Es war mir nie zuvor aufgefallen, aber ich hatte mich dort immer unbehaglich gefühlt.
    Im Lokal war es schmuddelig, und nie schien jemand die Tische abzuwischen. Es war voller Männer, die mich anstarrten, als ich hereinkam, und die Kellner behandelten junge Frauen ausgesprochen grob. Vielleicht auch nur mich. Aber ich versuchte, die Dinge positiv zu sehen.
    Ich war mit Gus zusammen, und er sah blendend aus. Er war richtig süß, lustig und betörend. Auch wenn er nach wie vor die schreckliche Lammfelljacke trug, von der ich hätte schwören können, daß sie voller Flöhe war.
    Als es darum ging, wer die erste Runde schmiß, kam es kurzzeitig zu einem Bruch mit der Tradition – Gus zahlte. Er holte die Getränke und zahlte dafür. Und er machte daraus ein Schauspiel mit Gesang und Tanz.
    Natürlich griff ich, kaum,

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