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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schluckte. Das war nicht, was ich hatte hören wollen.
    »Schreib ihn schon aus, Lucy, und dann geht’s los.«
    Er strahlte.
    »Aber ich hab kein Geld auf dem Konto. Ich hab meinen Dispokredit überzogen.« Ich kam mir vor wie eine Spielverderberin, obwohl es dazu keinen Grund gab.
    »Ach, spielt doch keine Rolle«, sagte Gus. »Es ist doch nur ’ne Bank. Was können die dir schon tun? Eigentum ist Diebstahl. Komm, Lucy, wir wollen das System mit seinen eigenen Waffen schlagen!«
    »Nein«, sagte ich bedauernd. »Das kann ich nicht.«
    »Dann können wir auch ebensogut nach Hause gehen. Ich frag mich, warum du überhaupt gekommen bist«, sagte er grollend. »Mach’s gut, war schön, dich zu sehen.«
    »Nun ja«, seufzte ich, griff nach der Handtasche und holte das Scheckheft heraus. Ich bemühte mich, nicht an den gräßlichen Anruf von meiner Bank zu denken, der mit Sicherheit kommen würde.
    Gus hat recht, dachte ich, es ist nur Geld. Aber ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, daß ich immer nur gab, wo ich doch gern auch einmal etwas bekommen hätte.
    Ich stellte einen Scheck aus, und Gus ging damit zum Kellner hinüber. Nach dem Ausdruck auf dessen Gesicht und der Länge der Zeit zu urteilen, die Gus fortblieb, schien es nicht besonders einfach zu sein, ihn einzulösen.
    Schließlich kam Gus mit einem ganzen Sortiment an Getränken zurück.
    »Unternehmung erfolgreich ausgeführt.« Mit breitem Grinsen steckte er ein Bündel Geldscheine in die Tasche. Dabei sah ich, daß eine Sicherheitsnadel seinen Hosenschlitz zusammenhielt.
    »Mein Wechselgeld, Gus«, sagte ich und bemühte mich, den Ärger in meiner Stimme zu unterdrücken.
    »Was ist nur mit dir los?« knurrte er. »Du bist ja richtig knauserig geworden.«
    »Findest du?« Mir war schlecht vor Wut, die sich in mir angestaut hatte. »Was ist an mir knauserig? Hab ich nicht heute abend fast alles bezahlt, was du getrunken hast?«
    »Na gut«, sagte er gereizt. »Wenn du so bist, sag mir einfach, was ich dir schulde, und ich geb es dir zurück, sobald ich es hab.«
    »In Ordnung«, sagte ich.
    Mit den Worten »Hier ist dein Wechselgeld« knallte er eine Handvoll Scheine auf den Tisch. Münzen klirrten dazwischen.
    Inzwischen war klar, daß der Abend ein hoffnungsloser Fehlschlag war. Es war zwar nicht so, als ob er vorher ein rauschender Erfolg gewesen wäre, aber ich hatte doch gehofft, daß es besser würde.
    Obwohl mir klar war, wie kränkend das sein mußte, nahm ich das Bündel Geldscheine und begann sie nachzuzählen.
    Ich hatte einen Scheck über fünfzig Pfund ausgestellt, und Gus hatte mir etwa dreißig gegeben. Getränke für uns beide – selbst bei der Menge, die er trank – kosteten nie im Leben zwanzig Pfund.
    »Wo ist der Rest?« fragte ich.
    »Was für ein Rest?« Er versuchte, seinen Ärger nicht zu zeigen. »Ich dachte, es würde dir nichts ausmachen. Ich hab Vinnie – das ist der Kellner – was zu trinken spendiert, weil er uns aus der Patsche geholfen hat. Ich fand, er hatte es verdient.«
    »Und das Übrige?«
    »Keith Kennedy ist vorbeigekommen, und ich dachte, ich sollte auch ihn zufriedenstellen.«
    »Zufriedenstellen?«
    »Ihm was zu trinken kaufen. Er ist schrecklich anständig zu mir.«
    »Das erklärt immer noch nicht die ganze Differenz«, sagte ich und bewunderte mein Beharrungsvermögen.
    Gus lachte, aber es klang ein wenig schrill und gezwungen. »... außerdem war ich ihm, äh, noch ’nen Zehner schuldig«, gab er schließlich zu.
    »Du hast ihm zehn Pfund geschuldet und es mit meinem Geld zurückgezahlt?« fragte ich gelassen.
    »Äh, ja. Ich hatte nicht gedacht, daß es dir was ausmachen würde. Du bist wie ich, ein freier Geist. Du machst dir keine Sorgen um Geld.«
    So ging es eine Zeitlang weiter, und dann begann er John Lennons Imagine zu singen, wovon er ausschließlich die Strophe zu kennen schien, in der es darum geht, sich vorzustellen, daß man nichts besitzt. Er machte ein ziemliches Theater daraus  – streckte die Arme flehend aus und schnitt allerlei Gesichter. »Ach, Lucy, stell dir vor, du hast nichts, stell dir vor, du hast nichts. Komm, sing mit! Imagine no poss-eh-SHENS! Da, da, da, da, daa-aaaaah-aaaaaaaaaah!«
    Er machte ein Pause und wartete, daß ich lachte. Da ich ihm den Gefallen nicht tat, sang er weiter. »You may sa-aay I’m a cleaner, that I’ve got a hairy bum...«
    Früher hätte mich sein Gesang gerührt und bezaubert. Ich hätte über den haarigen Hintern gelacht, ihm

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