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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gesellschaftlich verkehrte, wenn man so will, war Daniel. Er stand immer als Begleiter für mich zur Verfügung, weil er nach wie vor keine Freundin hatte. Es dürfte die längste frauenlose Zeit seit seiner Geburt gewesen sein. Ich hatte kein schlechtes Gewissen, weil er so viel Zeit mit mir verbrachte, denn ich war überzeugt, daß ich ihn auf diese Weise vor Dummheiten bewahrte und es einer bedauernswerten Geschlechtsgenossin ersparte, sich in ihn zu verlieben.
    Ich freute mich jedesmal, ihn zu sehen, aber nur, weil er das durch die Abwesenheit des Vaters in meinem Leben entstandene Vakuum ausfüllte. Daniel das zu sagen schien mir ausgesprochen wichtig. Auf keinen Fall sollte er sich einbilden, ich könnte womöglich hinter ihm her sein. Daher sagte ich jedesmal, wenn ich mit ihm zusammen war, als erstes: »Ich freue mich sehr, dich zu sehen, aber nur, weil du eine Lücke füllst, die das Fehlen einer Vaterfigur in meinem Leben hervorgerufen hat.« Er bewies ungewöhnliche Zurückhaltung, indem er mir geschmacklose Anspielungen vom Schlage »Da gäbe es noch anderes, was ich bei dir füllen könnte« ersparte. So weit ging das, daß ich anfing, der Zeit nachzutrauern, da er mich mit Anspielungen dieser Art eingedeckt hatte.
    Ich sagte diesen Spruch mit der Lücke immer wieder, bis er damit schließlich schneller war als ich. Kaum hatte ich ihm mitgeteilt, »Daniel, es ist wunderbar, dich zu sehen...«, als er mich unterbrach, »Ja, Lucy, ich weiß, aber es ist nur, weil ich in deinem Leben die Lücke fülle, die das Fehlen einer Vaterfigur hervorgerufen hat.«
    Wir gingen zwei- oder dreimal pro Woche aus, und irgendwie kam ich nie dazu, Karen davon zu berichten. Natürlich wollte ich, aber es kostete mich so viel Kraft, die Zahl meiner Verabredungen mit Daniel zu rationieren, daß ich nicht auch noch die Energie aufbrachte, mich Karen zu stellen.
    Jedenfalls redete ich mir das ein. Es war aber auch wirklich schwer, dafür zu sorgen, daß Daniel und ich uns nicht jeden Abend sahen.
    »Hör endlich auf, dauernd mit mir auszugehen«, schimpfte ich eines Abends, während er in seiner Wohnung für uns kochte.
    »Entschuldige, Lucy«, sagte er geknickt und fuhr fort, Karotten zu schneiden.
    »Ich darf keinesfalls zulassen, daß ich von dir abhängig werde«, klagte ich. »Die Gefahr besteht durchaus, denn in meinem Leben klafft eine große Lücke...«
    »... nämlich die durch die Abwesenheit einer Vaterfigur hervorgerufene, und die fülle ich«, beendet er den Satz für mich. »Du bist im Augenblick sehr verletzlich und kannst es dir nicht leisten, dich zu eng an jemanden zu binden.« Ich sah ihn bewundernd an.
    »Sehr gut, Daniel. Jetzt sag aber auch den ganzen Satz. Vor allem nicht an wen? An wen darf ich mich auf keinen Fall zu eng binden?«
    »Vor allem an keinen Mann«, sagte er stolz.
    »Richtig«, strahlte ich. »Volle Punktzahl.«
    Ich war begeistert, daß er das Psychogewäsch so perfekt beherrschte. Vor allem, wenn man bedachte, daß er gut aussah und beachtliche Erfolge bei Frauen hatte. Da hatte er es wahrhaftig nicht nötig, sich mit Populärpsychologie abzugeben.
    »Dabei fällt mir ein«, sagte ich, »kommst du heute abend mit ins Kino?«
    »Natürlich gern. Aber hast du nicht gerade gesagt, daß du keinem Mann zu nahe kommen darfst...«
    »Damit meine ich nicht dich «, sagte ich von oben herab. »Du zählst nicht als Mann.« Er warf mir einen gekränkten Blick zu.
    »Du weißt schon, was ich meine«, erklärte ich verärgert. »Für andere Frauen bist du natürlich einer, aber für mich bist du ein guter Freund.«
    »Trotzdem bin ich ein Mann«, sagte er. »Auch wenn ich dein guter Freund bin.«
    »Daniel, schmoll jetzt nicht. Überleg doch mal – ist es nicht viel besser, wenn ich mit dir zusammen bin als mit einem anderen Kerl, auf den ich dann womöglich reinfallen würde?«
    »Schon, aber...« Er schien verwirrt zu sein und nicht recht zu wissen, was er sagen sollte.
    Er war nicht der einzige. Ich wußte nicht, ob es gut für mich war, mit ihm zusammen zu sein, weil ich dann keine Dummheiten machte, oder ob ich mich damit in die tödliche Gefahr begab, mich zu eng an ihn zu binden. Letzten Endes war es wohl besser für mich, mit ihm zusammen zu sein als nicht. Die zwischen uns bestehenden Schranken erhielt ich einfach dadurch aufrecht, daß ich ihn beständig an ihre Existenz erinnerte. Das Zusammensein mit ihm war nicht weiter schlimm, solange ich uns beide daran erinnerte, daß es ziemlich

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