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Lucy

Lucy

Titel: Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Gonzales
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darauf nicht selbst gekommen?«
     
    Als Lucy jetzt in der Küche saß und sich Erdnussbutter von den Fingern leckte, erzählte ihr Jenny von der Ärztin, die die Gesundheitsbehörde schicken würde und der erneuten Blutabnahme.
    »Okay«, sagte Lucy. »Dann ist es so weit.«
    »Ja, es ist so weit«, erwiderte Jenny. Und sie wussten beide, was damit gemeint war: Es war Zeit, es der Welt zu erzählen.
    Amanda hatte den ganzen Weg der Nachhausefahrt über aufgeregt geredet und einen Plan entworfen, wie sie es machen sollten: übers Internet. Das war das neue Forum der Gesellschaft. Alle waren bei Twitter, Facebook oder YouTube. |203| Das Internet war der Große Strom des globalisierten Zeitalters. Amanda hatte Lucy geholfen, ihre eigenen Seiten einzurichten. Lucy hatte sie allerdings noch nicht mit Inhalt gefüllt, denn wie sollte man den Leuten alles über sich erzählen, wenn man eine Lüge lebte? Jetzt aber wusste Lucy, wer sie sein wollte: sie selbst. Ihr wahres Selbst. Und es würde alles rasend schnell gehen, quasi in Lichtgeschwindigkeit. In dem Augenblick, in dem sie ihr YouTube-Video hochlud und ihre Facebook-Seite aktivierte, würde die Welt es wissen. Amanda hatte Lucy versichert: Es würde wie ein Blitz um den gesamten Erdball schnellen.
    Lucy griff nach ihrem Handy und schickte Amanda eine SMS. »Hey«, schrieb sie. »Jetzt geht’s los.«
    Amanda schrieb sofort zurück. »Ist es so weit?«
    »Es ist so weit.«
    »OMG.   Bin gleich da.«
     
    Roberta Dyson, die Internistin, kam am frühen Nachmittag. Sie war eine höfliche junge Frau mit kinnlangem Pagenkopf und einem Schmetterlingstattoo über dem Schlüsselbein, und es fiel ihr schwer, anderen direkt in die Augen zu sehen. Aus welchem Grund sie Lucy Blut abnehmen sollte, wusste sie gar nicht. Sie machte einfach nur ihre Arbeit.
    Amanda und Lucy hatten schon die Videokamera aus dem Schrank geholt und filmten in Lucys Zimmer, als Roberta Dyson kam. Amanda bediente die Kamera. »Perfekt, Lucy«, sagte sie. »Das ist der beste Beweis, dass wir der Welt nicht irgendeinen dummen Streich spielen.«
    Dann arrangierte sie die Szene und bat die Internistin, sich neben Lucys Stuhl zu stellen. »Film ab«, verkündete sie. »Legen Sie los, Dr.   Dyson.« Lucy streckte einen Arm aus, machte eine Faust und erzählte die ganze Zeit, was geschah, während |204| die verwirrte junge Internistin ihr zwei Kanülen Blut abnahm. Als Roberta Dyson gegangen war, fingen Amanda und Lucy an zu lachen.
    »Die Ärmste«, sagte Lucy. »Sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was das sollte.«
    »Aber sie wird ihre fünfzehn Minuten Ruhm abbekommen.«
    Ein Gefühl von Liebe und Zuversicht durchströmte Jenny, als sie die Mädchen so aufgeregt an ihrem Projekt arbeiten sah. Sie wollte die beiden allein lassen, dies sollte ganz ihr großes Ereignis sein. Doch es fiel ihr schwer, einfach nur dazusitzen, und so steckte sie immer wieder den Kopf in Lucys Zimmer und sah nach, was die zwei taten. Dann lief sie wieder durchs Haus, räumte auf und versuchte sich abzulenken. Gegen Abend rief Lucy aus dem oberen Stockwerk nach ihr.
    »Hey, Mom. Willst du auch mit in unser YouTube-Video?«
    »Nein, lieber nicht.«
    »Okay. Könntest du uns dann bitte mal Papas Notizbücher geben?«
    Jenny lief die Treppe hinauf. »Wofür brauchst du die denn?«
    Amanda und Lucy waren unglaublich aufgeregt, ihre Augen glänzten geradezu. So aufgedreht hatte Jenny die beiden seit dem Abschlussball der Highschool nicht mehr gesehen.
    »Wir wollen ein paar Passagen aus den Notizbüchern zeigen«, sagte Amanda, »um zu beweisen, dass es kein Schwindel ist.« Sie hielt kurz inne und meinte: »Ich kann’s irgendwie immer noch nicht glauben.«
    »Ja«, erwiderte Jenny. »Mir geht’s genau so.« Sie ging zu dem Schrank, in dem sie den Rucksack aufbewahrte, und brachte ihn den Mädchen. Lucy begann, die Notizbücher durchzublättern.
    »Mädchen, ich halte die Anspannung nicht mehr aus. Ich |205| werde ausgehen. Ich muss es jetzt Harry erzählen. Und das tue ich am liebsten persönlich.«
    »Okay, Mom.«
    »Sie brauchen sich nicht zu beeilen«, sagte Amanda. »Wir sind wahrscheinlich die ganze Nacht auf.«
    »Kann ich euch noch irgendwie helfen?«
    »Ja, Mom, kannst du ein paar Flaschen Gatorade Cool Blue mitbringen?«, fragte Lucy. »Wir wollen nachher noch Pizza bestellen, aber bei Piero’s gibt es kein Gatorade.«
     
    Jenny und Harry trafen sich bei einem Thailänder, der mal ihr Lieblingsrestaurant gewesen war,

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