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Lucy

Lucy

Titel: Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Gonzales
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sie sich zum Teufel scheren sollen«, sagte Jenny, stand auf und marschierte zur Tür.
    Amanda und Lucy hörten, wie sie die Reportermeute draußen herunterputzte. Schließlich rief sie: »Das wird sie tun, sobald sie dazu bereit ist. Und wenn Sie jetzt nicht sofort aus meinem Garten verschwinden, rufe ich die Polizei.« Mit diesen Worten knallte sie die Tür wieder zu. Lucy und Amanda kicherten hinter vorgehaltener Hand, als Jenny mit wütender Miene in die Küche zurückgefegt kam. Sie blieb stehen, warf auch den Mädchen kurz einen finsteren Blick zu, lachte dann aber selbst.
    »Denen haben Sie es aber ordentlich gegeben«, sagte Amanda.
    »Und zwar unmissverständlich. Niemand trampelt ungestraft auf meinen
Koeleria cristata
herum.«
    Wieder klingelte das Telefon. Jenny wandte sich an Lucy. »Gib mir mal dein Handy, ja?« Lucy reichte es ihr, und Jenny wählte eine Nummer. Einen Moment später sagte sie: »Harry, ich brauche dich.«
    »Ich verpflanze nur noch schnell ein paar Herzen und bin gleich bei dir«, hörte Lucy ihn erwidern.
    »Das sollte kein Witz sein«, sagte Jenny.
    »Ich weiß. Ich hatte mir schon gedacht, dass es heikel werden könnte, und habe mir für heute eine Vertretung gesucht. Bin im Nu da, Puppe.« Ganz ohne Scherz ging es bei Harry nie.
    Jenny legte auf. »Kommt, wir packen. Hier werden wir keine ruhige Minute mehr haben.«
    Eine halbe Stunde später rief Harry an. Sie warteten schon zu dritt in der Garage. Jenny öffnete das Garagentor, Harry fuhr hinein und sie schloss das Tor schnell wieder.
    |218| »Ist ja total krass«, sagte Amanda. »Ich komme mir vor wie in einem Film.«
    Die Mädchen lachten. Sie beluden das Auto und stiegen ein. Jenny öffnete das Garagentor, und Harry fuhr hinaus. Als er den Seitenweg zur Straße hinauffuhr, kam vom anderen Ende her sogleich eine Horde Reporter angerannt. Lucy drehte sich nach ihnen um und spürte, wie es ihr kalt den Rücken herunterlief.
    »Die Leute verfolgen dich«, sagte Amanda.
    »Es sind nur Reporter«, meinte Harry.
    »Dich verfolgen sie auch«, sagte Lucy zu Amanda, und die beiden Mädchen tauschten einen ernsten Blick.
    Amanda drehte sich noch einmal nach den Reportern um. »Wow, echt irre, das Ganze.«
     
    Am Spätnachmittag desselben Tages saß Jenny in der Küche und sah Harry beim Kochen zu, während die beiden Mädchen wie zwei neugierige Welpen die geheimen Ecken des alten Hauses erkundeten. Harry holte einen großen Wok aus dem Schrank. Jenny begann Zitronen zu schneiden, um frische Limonade zu machen.
    »Ich fürchte, das wird noch eine ganze Weile so ein Katz-und-Maus-Spiel bleiben«, sagte Harry.
    »Ja. Wir sind die neueste Sensationsmeldung.«
    »Du hast vermutlich einen Plan. Falls die Dinge sich ungut entwickeln sollten.«
    »Ja, habe ich«, erwiderte Jenny bloß.
    »Erzähl mir nicht davon. Ich will es gar nicht wissen. Aber was ist mit Amanda?«
    »Lucy und sie sind unzertrennlich.«
    »Und wenn es Schwierigkeiten gibt   – was wird dann aus Amanda?«
    |219| »Sie wird bei mir bleiben. Bis sie selbst gehen will.« Jenny wusste, worauf Harry mit seinen Fragen hinauswollte, aber eine bessere Antwort hatte sie nicht.
    »Ich habe Angst um dich, Jenny. Ich hatte auch immer Angst um dich, wenn du im Dschungel warst. Doch jetzt ist sie noch viel stärker.«
    »Warum kommst du dann nicht mit uns nach New York?«
    »Nach New York?«
    »Ja, wir sollen in
Good Morning America
auftreten.«
    »Ich kann nicht, tut mir leid. Ich muss operieren.«
    »Schon okay.«
    »Das Abendessen ist in einer halben Stunde fertig. Du könntest mal nachsehen, wohin die Mädchen verschwunden sind.«
    Jenny schüttelte lachend den Kopf. Sie beide hörten sich an wie ein altes Ehepaar. Sie machte sich auf den Weg durch das labyrinthische Haus und dachte über das nach, was hätte sein können.
    Harrys Haus bot einen tiefen Einblick in seine Persönlichkeit. Er hatte es schon als junger Arzt gekauft. Jenny hatte ihn damals gerade erst kennengelernt und damit aufgezogen, dass es darin wahrscheinlich spukte. Die alte Frau, der es vor ihm gehörte hatte, war hier gestorben. Überall hingen schwere braune Vorhänge, und alte abgenutzte Orientteppiche voller Flecken lagen auf den zerkratzten Holzfußböden. Als Jenny darüber spottete, sagte Harry nur: »Das, mein liebes Kind, sind seidene Perserteppiche.«
    »Nur leider völlig mottenzerfressen.«
    »Wie kann man nur so pingelig sein.«
    Der Kamin im Wohnzimmer war darauf ausgelegt, mit Kohle beheizt zu

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