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Lucy

Lucy

Titel: Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Gonzales
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kennenzulernen. Ich musste seitdem immer wieder an Sie alle denken.«
    »Oh, ich danke Ihnen, Ruth. Wir haben uns auch sehr gefreut.«
    »Ich habe mir erlaubt   – und es macht Ihnen hoffentlich |250| nichts aus   –, unseren Anwalt bei der Flughafensicherung in New York anrufen zu lassen. Ich denke, Sie werden wegen des Vorfalls ein Entschuldigungsschreiben bekommen.«
    »Wie hat Ihr Anwalt das denn zuwege gebracht?«
    »Nun, der Mann, der sich weigerte, Sie an Bord zu lassen, hat nicht nach offizieller Dienstanweisung gehandelt. Es gab offenbar schon vorher Probleme mit ihm. Wegen Profilierungssucht oder so etwas. Ich glaube, sie wussten bereits, dass der Vorfall höchst misslich ist und sehr kostspielig werden könnte, sollten Sie sich entscheiden, zu klagen.«
    »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen. Vielen Dank.«
    »Also, ich bin jedenfalls froh, dass Ihnen meine Einmischung nichts ausmacht. Das Verhalten dieser Leute hat mich sehr wütend gemacht, und da habe ich etwas impulsiv gehandelt, fürchte ich. Aber nun werden Sie hoffentlich keine solchen Vorfälle mehr erleben.«
    »Sie haben uns sehr geholfen.«
    »Ich musste übrigens auch noch einmal an diese Szene auf dem Flughafen bei unserer Ankunft denken. Und da kam mir der Gedanke, dass Sie und die Mädchen sicher auch einmal irgendwo hinwollen, wo Sie Ihre Ruhe haben. Also dachte ich, lade sie doch alle auf die Ranch ein.«
    »Auf die Ranch?«
    »Ja. Luke und ich besitzen eine Ranch in New Mexico, eine sehr gemütliche, mit jeder Menge Platz. Wir haben sogar zwei alte Pferde. Ich gehe dort gern schwimmen und wandern. Den Mädchen würde es sicher gefallen. Ich kann auch zu Ihnen kommen und Sie mit dem Flugzeug abholen. Jederzeit. Denken Sie einfach mal darüber nach.«
    »Wie großzügig von Ihnen.«
    »Nun, offen gestanden kann ich ein wenig Gesellschaft ganz gut gebrauchen.«
    |251| »Ich werde auf jeden Fall mit den Mädchen darüber reden.«
    »Gut. Gut. Die Ranch ist genau der richtige Ort, um mal rauszukommen. Und Sie werden dort vollkommen sicher sein.«
    »Vielen Dank, Ruth. Ich werde mich bei Ihnen melden.«
    »Okay. Also dann. Rufen Sie jederzeit an.«
    »Auf Wiederhören, Ruth.«
    Jenny kehrte an den Tisch zurück, in Gedanken versunken. Vielleicht war es gar keine schlechte Idee, für eine Weile wegzufahren. Sie wollte den Mädchen gerade davon erzählen, als Lucy ihr einen Brief reichte, der das Emblem des Senats der Vereinigten Staaten trug. Jenny las ihn.
    »Worum geht es?«, fragte Amanda.
    »Es gibt eine Anhörung«, sagte Lucy. »Sie wollen, dass ich hinkomme. Senator Martin Cochrain aus Connecticut schreibt, dass er meine Rechte schützen will.«
    »Gut«, sagte Jenny. »Das soll er tun.«
    »Werden wir hinfahren, Mom?«
    »Auf jeden Fall.«
     
    Wo immer sie hinkamen, drängten sich Leute um sie und baten um Autogramme oder machten mit ihren Handys Fotos. Bei den meisten konnte Lucy leicht erkennen, dass sie einfach nur neugierig, aber eindeutig freundlich waren. Doch es gab auch einige seltsame Gestalten unter all den Leuten, und Lucy musste immer wieder unwillkürlich daran denken, wie John Lennon an einem ganz normalen Abend vor dem Dakota Building aus seiner Limousine stieg und ein Verrückter, der sich für Holden Caulfield hielt, ihn von hinten erschoss. Da sie im Wald aufgewachsen war, wusste sie, was es hieß, vorsichtig und wachsam zu sein. Aber im Wald gab es Regeln. Hier dagegen war immer alles möglich. Es gab keinen allen gemeinsamen Kommunikationsfluss.
    |252| Als Lucy in den Vereinigten Staaten ankam, dachte sie, sie würde es nie schaffen. Dann lernte sie Amanda kennen und gewöhnte sich in der Schule ein, und sie begann zu glauben, dass die Dinge sich schon positiv entwickeln würden. Doch jetzt konnte sie nicht mehr in die Zukunft sehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es weitergehen würde mit ihr   – im College und im Leben. Würde sie heiraten und eine Familie gründen? Wo? Auf dem Abschlussball der Highschool hatte es einen Moment mit Weston Temple gegeben, in dem sie dachte, dass es vielleicht möglich wäre.
    Lucy hatte es so viel Spaß gemacht, sich mit Jenny und Amanda auf den Abschlussball vorzubereiten. Sie fuhren zum Einkaufen nach Chicago, und bei Bloomingdale’s verliebte Lucy sich in ein lindgrünes Kleid, das Amanda nur ihre »Abendschürze« nannte, weil es so viel Rücken sehen ließ. Amanda selbst fand etwas Bezauberndes in Rot.
    In den Wochen vor dem Abschlussball hatte Weston Lucy das

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