Lucy's Song
das Gefühl, alle würden mich ansehen. So weit ich in beide Richtungen gucken konnte, waren in allen Häusern um das Hotel herum Geschäfte. Ich ging nach rechts und schaute ins erste Schaufenster. Kleidung für alte Männer. Graue Anzüge und hässliche Strümpfe. Dann war da ein Schuhladen. Danach ein Reisebüro. Sie hatten ein Plakat mit dem Foto eines norwegischen Fjords im Schaufenster. Daneben befand sich ein Laden, der Fotoausrüstungen verkaufte. Dann kam ein Lebensmittelladen. Und eine Buchhandlung.
Ich überquerte die Straße und ging wieder zum Hotel zurück. In dem Restaurant direkt gegenüber vom Hotel saß eine Familie. Sie redeten Schwedisch miteinander. Ein Stück weiter bog ich um eine Ecke und kam auf eine größere Straße. Dort fuhr der Verkehr in beide Richtungen. Noch ein paar Meter weiter sah ich das Schild einer Tankstelle. Vielleicht konnte ich die ja nach einer Möglichkeit fragen, wo man hier ein Cabrio ausleihen konnte?
Die Tankstelle war viel kleiner als die zu Hause. Es gab nur zwei Zapfsäulen und einen kleinen Verschlag, in dem ein junger
Mann saß und Zeitung las. Es sah nicht so aus, als würde er etwas von Cabrios verstehen. Ich ging die gleiche Straße ein Stück weiter, bis ich zu einem Einkaufszentrum kam. Davor blieb ich eine Weile stehen und guckte mir die Schaufenster an. Sie stopften hier viel mehr in die Schaufenster als zu Hause. Sogar Figuren, die sich bewegten, und lebendige Hundewelpen.
Plötzlich stand ich direkt vor einem blauen Sportwagen. Auch wenn das Verdeck geschlossen war, konnte ich sehen, dass es ein Cabriolet war. Ich versuchte herauszufinden, welche Automarke es war, aber das war nirgends zu erkennen. Als ich hineinschaute, konnte ich sehen, dass es nur zwei Sitze hatte. Genau so eines suchte ich! Auch wenn das Auto nicht rot war. Ich schaute mich um, ob es jemanden gab, der aussah, als würde ihm der Wagen gehören. Aber ich sah niemanden. Alle gingen nur vorbei. Anscheinend fand nur ich, dass an dem Auto etwas Besonderes war. Das Geschäft, vor dem es stand, verkaufte Kleidung. Ich schaute hinein. Es waren wohl mehr als hundert Kunden drinnen. Ich konnte sie nicht alle fragen, ob ihnen der Wagen gehörte. Und dabei war ja gar nicht sicher, dass der Autobesitzer überhaupt in dem Laden war. Ich ging die Straße ein Stück weiter, um zu sehen, ob es irgendwelche Geschäfte gab, die den Besitzer eines blauen Cabrios interessieren könnten. Einen Laden, der Autozubehör verkaufte, vielleicht. Aber ich entdeckte nichts, und als ich mich wieder umdrehte, sah ich, dass das blaue Cabrio gerade auf die Straße fuhr. Es war nicht möglich zu erkennen, wer es fuhr. Ich versuchte gar nicht erst, hinter ihm herzulaufen.
Ich ging ein paar Straßen weiter, um zu sehen, ob ich vielleicht noch ein Cabrio fand. Viele Autos waren richtig schön, einigesahen sogar fast wie Cabrios aus. Aber es war kein richtiges dabei, so eines, bei dem man das Dach herunterklappen kann. Und das musste sein.
Plötzlich entdeckte ich ein Schild. Ein riesiges Schild mit einem »i« darauf. Touristeninformation. Dort konnte ich fragen.
Die Dame, die hinter dem Tresen saß, trug eine schwarze Brille und einen grünen Pullover. Sie sah gleich, dass ich kein Franzose war, denn sie sprach Englisch, als sie mich fragte, ob sie mir mit etwas helfen könne. Ich erzählte ihr von Mama und dem Auto, das wir mieten wollten. Damit sie durch Paris fahren konnte, mit dem Wind in den Haaren.
»Da weiß ich genau das Richtige«, sagte sie. »Hier, sieh mal, wir haben Sightseeingbusse mit zwei Stockwerken. Und oben sind sie offen, das müsste doch was für dich sein, oder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, es muss ein richtiges Cabrio sein.«
Die Frau sprach mit jemandem im Raum hinter ihr.
Eine tiefe Männerstimme antwortete ihr. Dann tauchte sie hinter dem Tresen ab und kam mit einem Prospekt wieder zum Vorschein.
»Der liegt hier schon lange herum. Aber jedenfalls steht hier, dass man klassische Sportwagen aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren mieten kann. Jaguar, Ferrari und Porsche. Was hältst du davon? Es sind auch Fotos von den Autos hier. Guck mal, zwei haben kein Verdeck.«
Ich merkte, wie meine Stimme zitterte.
»Genau an so etwas habe ich gedacht, ja.«
»Soll ich für dich einmal anrufen?«, fragte die nette Dame.
»Ja bitte.«
Sie wählte die Nummer und redete eine ganze Weile.
»Das kostet hundertfünfzig Euro die Stunde«, sagte sie, »und zwar mit Chauffeur.«
Das
Weitere Kostenlose Bücher