Ludlum Robert - Covert 01
verschlugen Jon den Atem und er wurde von kalter Angst gepackt. Eine halbe Million Tote! Mehrere Millionen Erkrankte! »Wo haben Sie das her?«, fragte er die Kinderärztin.
Dr. Mahuk drückte ihre Zigarette aus. »Wir haben hier im Krankenhaus einen geheimen Computer und den Artikel heute Morgen aus dem Internet heruntergeladen. Offensichtlich beschränkt sich das Auftreten des Virus jetzt nicht mehr auf den Irak, die Vereinigten Staaten oder Menschen, die etwas mit dem Golfkrieg zu tun hatten. Ich glaube nicht, dass biologische Kampfstoffe die Ursache sein könnten. Die hohe Zahl der Todesopfer ist unheimlich.« Die Stimme versagte ihr. »Deshalb war mir klar, dass ich mit Ihnen reden muss.«
Erneut dachte Jon entsetzt an den Zeitungsbericht und die Angaben der Kinderärztin. Nachdem er den Artikel schnell ein zweites Mal gelesen hatte, überlegte er, was er bisher in Erfahrung gebracht hatte. Dr. Mahuk hatte praktisch jeden denkbaren Kontakt zur Außenwelt ausgeschlossen und dennoch hatte der Virus weltweit eine Pandemie verursacht. Wenn man von den drei ersten Toten absah, die vor einem Jahr im Irak gestorben waren, waren alle Todesopfer vor drei Wochen noch am Leben gewesen. Die Geschwindigkeit, mit der sich der Virus mittlerweile ausbreitete, war unvorstellbar.
Er blickte von dem Ausdruck auf. »Die Sache ist außer Kontrolle geraten. Ich muss in die Vereinigten Staaten zurück. Falls es in Amerika wirklich Leute gibt, die über ein Serum verfügen, muss ich sie finden. Vielleicht haben auch einige meiner Freunde neue Informationen aufgetrieben. Ich darf keine Zeit mehr verlieren…«
Plötzlich erstarrte Randi. »Warten Sie.«
Mit erhobener Uzi rannte sie auf die Tür zum Korridor zu. Sofort stand Smith mit gezückter Beretta neben ihr. Randi war angespannt und nervös.
Plötzlich hörten sie vom Flur her eine raue, knurrende Stimme, die arabisch sprach. Leise und verängstigte Stimmen antworteten. Schwere Stiefelschritte kamen dröhnend den Flur herab auf das kleine Untersuchungszimmer zu.
Jon blickte die Kinderärztin an. »Ist das die Republikanische Garde?«
Sie presste die zitternden Finger gegen die Lippen und lauschte. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Es ist die Polizei«, flüsterte sie. Der Blick ihrer ausdrucksstarken Augen wirkte verängstigt.
Randi rannte auf die zweite Tür zu. Mit ihren blonden Locken und dem großen, schlanken Körper, der durch den engen Rock und ihr Jackett noch betont wurde, glich sie eher einem Model als einer erfahrenen CIA-Agentin. Aber Jon hatte erlebt, wie sie in der Gasse hinter dem Laden mit den Autoreifen ihr Leben riskiert und sie gegen die Republikanische Garde verteidigt hatte. Jetzt strahlte sie dieselbe Art von Intelligenz und körperlicher Präsenz aus.
»Es spielt keine Rolle, ob es die Polizei oder die Republikanische Garde ist. Sie werden auf jeden Fall versuchen, uns umzubringen.« Randis Kopf wirbelte herum. Ihr düsterer Blick wirkte wie eine Aufforderung, ihr zu folgen. »Wir müssen durch den Krankensaal verschwinden. Beeilung!« Nachdem sie die Tür aufgerissen hatte, wandte sie sich um und bedeutete Jon und Dr. Mahuk mit einer Kopfbewegung voranzugehen.
Es war ein Fehler - auf der anderen Seite der Tür wartete die Polizei. Sie saßen in der Falle.
Ein uniformierter irakischer Polizist riss Randi die Uzi aus den Händen, bevor sie auch nur reagieren konnte. Drei weitere Polizisten kamen mit erhobenen AK-47-Sturmgewehren in den Raum, und als Jon gerade versuchte, die Beretta zu heben, stürmten zwei weitere Iraker durch die Tür zum Flur und warfen sich auf ihn. Sie waren gefangen.
33
2l Uhr 4l Bagdad
Dr. Radah Mahuk stand reglos mit dem Rücken zur Wand. Sie war zwar tapfer, aber keineswegs tollkühn. Ihre Aufgabe bestand darin, Kranke zu heilen, und tot konnte sie ihre ärztlichen Pflichten nicht mehr erfüllen. Wenn man sie in das berüchtigte Justizgefängnis verschleppte, konnte sie auch nichts mehr zur Befreiung ihres Landes beitragen. Wie der tote Ghassan war auch sie ein Soldat in einer geheiligten Mission, aber sie hatte keine Pistole und kannte sich mit Selbstverteidigung nicht aus. Ihre einzigen Waffen waren ihr Gehirn und das Vertrauen, das sie sich bei ihren Landsleuten erworben hatte. Solange sie in Freiheit war, würde sie ihren Landsleuten und vielleicht auch den Amerikanern helfen können. Also blieb sie hinter dem Tisch stehen und hoffte, nicht beachtet zu werden. Auf ihrer Stirn bildeten sich Schweißperlen.
Zwei
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