Ludlum Robert - Covert 01
waren, was sie den kranken und sterbenden Kindern geben konnten. Sie hatte Mitgefühl mit ihnen und dem tragischen Schicksal dieses Landes.
Zugleich wütete in ihrem Inneren auch ein Aufruhr. Während sie aufpasste, dass Saddams Elitetruppen nicht überraschend vor der Tür standen, beobachtete sie die beiden Ärzte, die weiterhin tief in ihr Gespräch versunken waren. Dr. Radah Mahuks Gesichtsausdruck wirkte gequält. Sie war eine entscheidende Persönlichkeit der schwachen Oppositionsgruppe, die von der CIA finanziert wurde, die auch Randi und andere hierher geschickt hatte, um den Widerstand zu stärken. Jonathan Smith saß in einem niedrigen Schreibtischsessel und wirkte entspannt. Aber sie kannte ihn gut genug, um zu vermuten, dass sich hinter seinem lässigen Verhalten eine wachsame Anspannung verbarg. Randi dachte darüber nach, was er ihr erzählt hatte - er war hier, um irgendeinen Virus zu erforschen.
Ihr Blick wurde härter. Smith’ Hang, auf eigene Faust zu agieren, konnte Dr. Mahuk und damit die Widerstandsbewegung insgesamt gefährden. Plötzlich war ihr unbehaglich zumute.
»Haben Sie deshalb Ihr Einverständnis gegeben, mit mir zu reden?«, fragte Smith die Ärztin gerade.
»Ja. Aber wir werden alle beobachtet - deshalb war das Täuschungsmanöver notwendig.«
Jon lächelte grimmig. »Je mehr Täuschungsmanöver, desto zufriedener ist die CIA.«
Randi machte ihrem Unbehagen Luft. »Wenn Sie zu lange zusammen sind, wächst die Gefahr für alle. Stellen Sie die Fragen, deretwegen Sie hier sind.«
Jon ignorierte sie und konzentrierte sich auf Dr. Mahuk. »Über die drei Iraker, die im letzten Jahr an dem unbekannten Virus gestorben sind, habe ich schon einiges in Erfahrung bringen können. Irgendwann gegen Ende des Golfkriegs waren sie im südlichen Irak an der Grenze zu Kuwait stationiert.«
»Das hat man mir auch erzählt. Ein Virus, der im Irak nicht bekannt ist - das ist seltsam.«
»Die ganze Geschichte ist seltsam«, stimmte Smith zu. »Einer meiner Informanten behauptet, dass es auch drei Überlebende gegeben hat. Wissen Sie etwas darüber?«
Diesmal musste die Ärztin zur Eile gedrängt werden.
»Also, Dr. Mahuk?«, fragte Randi.
Die Kinderärztin glitt von der Liege herunter, ging zu der geschlossenen Tür, die auf den Korridor führte, und öffnete sie rasch. Zu beiden Seiten war niemand zu sehen. Schließlich machte sie die Tür wieder zu und lauschte mit geneigtem Kopf auf verdächtige Geräusche. »Es ist verboten, über die Verstorbenen und die Überlebenden auch nur zu reden. Ja, drei Menschen haben die Virusinfektion überlebt, und zwar alle in Basra. Das liegt im Süden, wie Sie wahrscheinlich wissen, in der Nähe der Grenze zu Kuwait. Für mich klingt Ihre Frage so, als ob Sie dieselbe Theorie hätten wie ich.«
»Ein Experiment?«, fragte Jon grimmig.
Die Kinderärztin nickte.
»Dann haben also alle drei Überlebenden am Golfkrieg teilgenommen und waren an der irakisch-kuwaitischen Grenze stationiert?«
»Ja.«
»Merkwürdig, dass die drei Infizierten aus Bagdad gestorben sind, während die in Basra überlebt haben.«
»Sehr merkwürdig. Das war einer der Aspekte, die meine Aufmerksamkeit erregt haben.«
Randi studierte die beiden Mediziner. Sie redeten vorsichtig um ein Thema herum, das sie zwar nicht ganz verstand, aber als enorm wichtig erkannt hatte. Der große Amerikaner und die kleine Irakerin blickten sich konzentriert an und die geistige Spannung war spürbar. Jetzt schien die Außenwelt für sie nicht mehr zu existieren, was beide verletzbarer machte - und Randi umso aufmerksamer.
»Haben Sie eine Erklärung dafür, warum die Infizierten aus Basra überlebt haben, Dr. Mahuk?«
»Ja - durch einen Zufall. Ich war in dem Krankenhaus in Basra und habe dort geholfen, die Erkrankten zu behandeln. Da traf ein Team von Ärzten der Vereinten Nationen ein. Sie gaben jedem der Infizierten eine Injektion. Ihr Gesundheitszustand verbesserte sich nicht nur, sondern vier Tage später war nichts mehr von den Symptomen der Virusinfektion zu sehen. Sie waren geheilt.« Einen Augenblick lang schwieg sie. »Es war bemerkenswert«, sagte sie mit hoffnungslosem, ausdruckslosem Gesicht.
»Das ist eine Untertreibung.«
»Allerdings.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, als ob sie gerade ein Frösteln empfunden hätte. »Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dann hätte ich es nicht geglaubt.«
Smith stand auf und ging im Raum auf und ab. Er war tief in Gedanken versunken und
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