Ludlum Robert - Covert 01
sehen.«
Die Gesichtshaut des großen Mannes in dem Luxuswagen war voller Narben. Er war einer der wenigen, die die einst gefürchtete Pockenkrankheit überlebt hatten. Der Blick seiner schwarzen Augen war verschleiert und ausdruckslos. »Ich habe Ihnen schon mal gesagt, dass Sie nicht so blasphemisch daherreden sollen, wenn Sie weiter für mich arbeiten wollen.«
»Tut mir Leid, okay? Jesus Chr…«
Wie der Kopf einer angreifenden Kobra schoss die Hand des großen Mannes durchs Fenster und seine langen Finger packten Maddux’ Kehle.
Maddux war vor Furcht wie gelähmt und gab würgende Geräusche von sich. Obwohl er den Fluch nicht vollendet hatte, schienen die unausgesprochenen Silben in der Finsternis unheilvoll in der Luft zu hängen. Endlich lockerte sich der Würgegriff etwas. Von Maddux’ Stirn tropften Schweißperlen.
Die Augen des Mannes im Auto glichen einem Spiegel, durch dessen reflektierende Oberfläche niemand hindurchsehen konnte. »Möchten Sie schon sterben?«, fragte er mit gefährlich leiser Stimme.
»Sie sind doch ein Muslim«, antwortete der verängstigte
Mann heiser. »Was ist denn nicht in Ordnung, wenn ich…« »Alle Propheten sind Heilige - Abraham, Moses, Jesus. Alle!« »Okay, okay! Jes…« Maddux begann zu zittern, als der
Würgegriff wieder fester wurde. »Woher soll ich das denn wissen?«
Der große Mann drückte einen weiteren Augenblick lang zu. Dann ließ er los. »Vielleicht haben Sie Recht. Ich erwarte einfach zu viel von verblödeten Amerikanern. Aber jetzt wissen Sie Bescheid und werden es nie mehr vergessen.« Das war eindeutig eine Drohung.
»Aber natürlich, Mr. al-Hassan«, sagte Maddux schwer atmend und nach Luft schnappend.
Der Mann mit dem scharf geschnittenen Gesicht betrachtete ihn mit einem kalten Blick. »Jon Smith war also hier.« Er lehnte sich in dem dunklen Wagen zurück und sagte leise, als spräche er mit sich selbst: »Unser Mann in London hat herausgefunden, dass Smith seinen Flug umgebucht hat und den ganzen Tag über nicht in London war. Ihre Männer haben ihn am Dulles International Airport hier in Washington aufgetan, aber er fährt nicht nach Hause nach Maryland, sondern kommt hierher. Zur selben Zeit verdrückt sich unser geschätzter Mitarbeiter aus dem Hotel. Ich folge ihm, aber er schüttelt mich hier in der Nähe ab. Sie schaffen es nicht, ihn im Park zu finden. Das ist doch ein merkwürdiger Zufall, oder? Warum ist der Kollege von Dr. Russel hier - wenn nicht, um unseren Mr. Griffin zu treffen?«
Maddux schwieg. Er wusste, dass die meisten Fragen seines Chefs Teil eines laut vorgetragenen Monologs waren. Als wieder Stille herrschte, unterbrach er sie nicht. Um sie herum atmete der naturbelassene Park, als führte er eine Art Eigenleben.
Schließlich zuckte al-Hassan mit den Achseln. »Eventuell irre ich mich ja. Vielleicht ist es ein Zufall und Griffin hat nichts damit zu tun, dass Smith hier ist. Eigentlich spielt es keine große Rolle. Die anderen werden sich um Lieutenant Colonel Smith kümmern, okay?«
»Ja.« Maddux nickte begeistert. »Er hat keine Chance, Washington zu verlassen.«
5
Dienstag, 14. Oktober, 1 Uhr 34 Fort Detrick, Maryland
Nachdem sie in ihrem Büro die Schreibtischlampe eingeschaltet hatte, ließ sich Sophia Russel müde und frustriert in ihren Drehsessel fallen. Am Morgen hatte Victor Tremont angerufen und ihr mitgeteilt, dass in seinen Journalen aus Peru der von ihr beschriebene Virus oder der Indiostamm »AffenblutVolk« nirgends erwähnt wurde. Tremont war ihre beste Spur außerhalb des Instituts und sie war am Ende ihrer Weisheit, weil er ihr nicht hatte helfen können.
Obwohl sie und die übrigen Detrick-Molekularbiologen rund um die Uhr gearbeitet hatten, waren sie der Lösung des Problems keinen Schritt näher gekommen. Unter dem Elektronenmikroskop zeigte der Virus dieselbe kugelartige Form mit der behaart aussehenden Oberfläche einiger seiner Proteine, die stark an einen Grippevirus erinnerte. Aber dieser Virus war weitaus simpler aufgebaut als ein Grippevirus - und weitaus tödlicher.
Nachdem sie unter den Hantaviren keinen entsprechenden gefunden hatten, überprüften sie erneut Marburg-, Lassa- und Ebola-Virus, obwohl diese verwandten Killerviren unter dem Mikroskop keinerlei Ähnlichkeit mit dem unbekannten Virus aufgewiesen hatten. Sie versuchten es mit jeder anderen bekannten Variante hamorrhagischen Fiebers und überprüften auch typhoide Beulenpest, Lungenpest, Meningitis und Hasenpest.
Doch
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