Ludlum Robert - Covert 01
werde ich den Mann von hier aus ablenken. Wenn er zu schnell aufwachen und Sie hören sollte, werde ich ihn aus dem Verkehr ziehen.«
»Ich werde mit einem Taschentuch winken.« Sie lächelte kurz. »In Wirklichkeit habe ich nur ein Kleenex.« Sie war erleichtert, dass das Warten vorüber war.
Mit klopfendem Herzen schlich sie zwischen den Bäumen entlang, bis sie außer Jons Sichtweite war. Er kauerte sich in die Dunkelheit am Waldrand und beobachtete den schlafenden Wachposten mit gezückter Waffe. Fünf Minuten verstrichen. Dann sah er direkt hinter dem Humvee etwas Helles aufblitzen. Der Mann bewegte sich, öffnete aber nicht die Augen. Als er wieder eingenickt war, rannte Jon auf das offene Fahrzeug zu.
Aber als er eben die Mitte der Lichtung erreicht hatte, riss der Wachposten plötzlich die Augen auf. Er griff nach der M-16. Hinter ihm tauchte Randi auf. Ihr blondes Haar leuchtete in der Sonne und ihr wunderschönes Gesicht wirkte durch die Anspannung wie versteinert. Während sie lautlos auf den offenen Humvee zusprintete, bewegte sie sich mit der Eleganz einer Wildkatze. Sie sprang hinten auf den Wagen, setzte einen Fuß auf den Rücksitz, den anderen auf die Türkante und presste dem Mann die Uzi ins Genick. Jon verschlug es den Atem. Noch nie hatte er eine Frau so agieren sehen.
»Lassen Sie die Waffe los«, sagte Randi mit kühler und klarer Stimme.
Als ob er seine Chancen abwägen würde, zögerte der Wachposten eine Sekunde lang. Dann legte er die Waffe langsam auf den Beifahrersitz und seine Hände gut sichtbar flach auf die Oberschenkel, ganz wie jemand, der weiß, wie es läuft, wenn man festgenommen wird.
»Eine kluge Entscheidung.«
Als Smith den Humvee erreicht hatte, nahm er die M-16 an sich. Dann brachten sie den Mann zu Marty, der dessen Hemd in Streifen riss. Mit seinem Gürtel und den Kleiderfetzen knebelten und fesselten Jon und Randi ihn. Bewegungs- und sprachlos starrte sie der Gefangene wütend an.
Smith nahm ihm den Schlüsselbund ab. »Die beiden da vorne werden nicht erwarten, dass wir aus dem Sommerhaus kommen.«
»Gute Idee«, sagte Randi zustimmend.
Er blickte sie etwas länger als notwendig an, aber sie schien es nicht zu bemerken.
Marty seufzte. »Ich weiß, was du gleich sagen wirst. ‹Gib einen Warnschuss ab, wenn du etwas siehst.¤ Mein Gott, vor zwei Wochen habe ich noch nie eine Waffe in Händen gehalten. Was für ein Absturz.«
Sie verließen den kopfschüttelnden Marty, der den außer Gefecht gesetzten Mann bewachen sollte, und gingen den Abhang hinab zu einem kleineren Hintereingang. Der Duft der Kiefern war zwar aromatisch, aber auch irgendwie unangenehm.
Während Randi aufpasste, fand Jon den richtigen Schlüssel und schloss die Tür auf. Sie traten vorsichtig in eine kleine Diele, wo das Sonnenlicht durch hohe Fenster schien und sich eine weitere Lichtquelle am hinteren Ende eines Flurs befand. Der Korridor war von Türen gesäumt und es roch schwach nach guten Zigarren.
»Was war das?« Randi blieb auf dem Parkettboden stehen.
Smith schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gehört.«
Sie stand mit vor Konzentration angespannten Gesichtszügen da. »Es ist vorüber. Was immer es auch gewesen sein mag, jetzt höre ich nichts mehr.«
»Wir sollten zur Sicherheit alle Räume untersuchen.«
Jon übernahm eine Seite, sie die andere.
»Verschlossen.« Smith schüttelte den Kopf. »Sieht so aus, als ob das Gästezimmer oder Büros wären.«
»Kümmern wir uns später drum.«
Sie gelangten zu einer Treppe, deren ersten Absatz sie nicht überblicken konnten. Lauschend gingen sie weiter. Der Zigarrengeruch wurde stärker. Nervös blickte Jon sich um. Schließlich standen sie vor dem mit Holz getäfelten Eingang zu einem riesigen Wohnzimmer, das mit Ledermöbeln, Messinglampen und niedrigen Holztischen eingerichtet war. Das musste der große Raum sein, den Marty beschrieben hatte. Das Sonnenlicht fiel durch ein riesiges Panoramafenster. In einem gleichfalls riesigen Kamin glühte Holzkohle, die die kühle Oktoberluft erwärmte. Durch das Fenster sah man zwischen den dichten Wäldern den See liegen und in der Mitte führte eine Glastür auf eine überdachte Veranda.
Schweigend schlichen sie durch den Raum zu der Glastür und überblickten die Veranda. Auf dem Rasen zu ihrer Linken standen Stühle, auf denen sich die zwei anderen Wachposten rauchend und plaudernd entspannten, die Gewehre zwischen den Knien. Sie sahen auf das Tal, wo die Herbstsonne die Blätter der Laubbäume
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