Ludlum Robert - Covert 01
gespendet wurde, applaudierte sie heftig.
Nach dem letzten Vorhang sprang sie auf, um erneut zu klatschen. Dann ging sie zum Bühneneingang und wartete, bis die Schauspieler in Zweier- und Dreiergrüppchen erschienen, um sich zu ihren Eltern, Freundinnen und Freunden zu gesellen. Es war die letzte Aufführung des alljährlichen Schuldramas gewesen und die Schauspieler hatten vor lauter Stolz errötete Gesichter. Sie freuten sich auf die Party, die bis spät in die Nacht dauern würde.
»Ich wünschte, dein Vater hätte dich heute Abend sehen können, Billie Jo«, sagte die stolze Mutter, während die Highschool-Schönheit ins Auto stieg.
»Ich auch, Mama. Lass uns nach Hause fahren.«
»Nach Hause?«, fragte die Mutter verwirrt.
»Ich muss mich etwas hinlegen. Danach ziehe ich mich für
die Party um, okay?«
»Du klingst ziemlich heiser.« Die Mutter betrachtete das
Gesicht ihrer Tochter und fädelte sich dann in den Verkehr ein.
Seit über einer Woche litt Billie Jo an Husten und Schnupfen, aber sie hatte darauf bestanden, in der Aufführung mitzuspielen. »Es ist nur eine Erkältung«, sagte das Mädchen leicht irritiert.
Als sie das Haus erreicht hatten, rieb sie sich stöhnend die Augen. Auf ihren Wangen sah man zwei rote Fieberflecken. Ihre
verängstigte Mutter schloss hektisch die Haustür auf und wählte die Notrufnummer. Der Beamte riet ihr, das Mädchen im warmen Wagen sitzen zu lassen. Innerhalb von drei Minuten waren die Notärzte da.
Während der Krankenwagen mit heulender Sirene durch die Straßen von Atlanta raste, wand sich das Mädchen auf der Bahre und rang stöhnend nach Luft. Die Mutter strich ihrer fiebernden Tochter übers Gesicht und brach dann verzweifelt in Tränen aus.
In der Notaufnahme des Krankenhauses ergriff eine Krankenschwester die Hand der Mutter. »Wir werden alles Nötige veranlassen, Mrs. Pickett. Ich bin sicher, dass es ihr bald besser gehen wird.«
Zwei Stunden später begann Billie Jo, Blut zu spucken. Kurz darauf starb sie.
17 Uhr 12
Fort Irwin, Barstow, Kalifornien
Anfang Oktober war das Wetter in der kalifornischen Hochwüste so unsicher und wechselhaft wie die Befehle, die ein frisch gebackener Unteroffizier seiner ersten Truppe erteilt. An diesem Tag war es klar und sonnig gewesen, und als Phyllis Anderson in der Küche ihres komfortablen, zweistöckigen Hauses im besten Teil des National Training Center das Abendessen vorzubereiten begann, war sie optimistisch. Nach dem heißen Tag hatte ihr Mann Keith ein langes Nickerchen gehalten. Seit zwei Wochen hatte er mit einer schweren Erkältung zu kämpfen, und sie hoffte, dass die Sonne und Wärme die Krankheit ein für alle Mal vertreiben würden.
Vor ihrem Küchenfenster waren die Rasensprenger eingeschaltet. Die Schatten des Spätnachmittags wurden immer länger. Auf den Beeten blühten Spätsommerblumen, die sich von der rauen Wildnis mit den dornigen, graugrünen Mesquitbäumen, Yucca, Kreosoten und Kakteen abhoben, die zwischen den schwarzen Felsen der beigefarbenen Wüste wuchsen.
Während sie die Makkaroni in die Mikrowelle schob, summte Phyllis vor sich hin. Sie lauschte auf die Schritte ihres Mannes, der die Treppe herunterkam. Heute musste der Major zu einem nächtlichen Manöver. Aber das Geräusch der stolpernden Schritte klang eher nach ihrem Sohn Keith Junior, der aufgeregt die Treppe herunterturnte, weil sie die beiden Kinder ins Kino mitnehmen wollte, da der Vater zur Arbeit musste. Es war schließlich Freitag.
»Hör auf damit, Jay-Jay«, rief sie.
Aber es war nicht Keith Junior.
Ihr Mann taumelte in die warme Küche, schon halb in seiner
Wüstentarnkleidung. Er schwitzte stark und presste beide Hände gegen den Kopf, als ob er verhindern wollte, dass er explodierte. »Ins Krankenhaus…«, keuchte er. »Ich brauche Hilfe…«
Vor ihren Augen brach er auf dem Küchenboden zusammen. Sein Brustkorb hob und senkte sich, während er mühsam nach Atem rang.
Phyllis starrte ihn entsetzt an, handelte dann aber mit der Schnelligkeit und Zielstrebigkeit der Soldatenfrau. Sie schoss aus der Küche, riss ohne anzuklopfen die Seitentür des Nachbarhauses auf und stürmte in die Küche.
Captain Paul Novak und seine Frau starrten sie mit weit aufgerissenem Mund an.
»Wo brennt’s denn, Phyllis?« Novak stand auf.
Sie verlor keinen Augenblick Zeit. »Ich brauche Ihre Hilfe, Paul. Passen Sie bitte auf unsere Kinder auf, Judy. Schnell!«
Phyllis wirbelte herum und rannte los, gefolgt von Captain Novak und
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