Ludlum Robert - Covert 01
HotZone-Labor waren tödlich. Impfstoff und Heilmethode gab es nicht. Aber eine sofortige Behandlung, durch die die Widerstandskräfte des Körpers gestärkt und der bestmögliche Gesundheitszustand bewahrt wurden, verbunden mit den üblichen medizinischen Schritten bei Virusinfektionen, hatte vielen Menschen das Leben gerettet, die ansonsten unweigerlich gestorben wären.
Fort Detrick verfügte über ein Quarantäne-Krankenhaus, dessen Ärzte alles über die Behandlung von Viruserkrankungen wussten. Wenn irgendjemand Sophia hätte retten können, dann einer dieser Ärzte, und das hatte sie gewusst.
In erster Linie war Sophia Wissenschaftlerin gewesen. Wenn sie geglaubt hatte, dass nur die entfernteste Möglichkeit bestand, dass sie sich mit dem Virus infiziert hatte, dann wäre es ihr Wunsch gewesen, dass alles festgehalten und analysiert wurde, um das medizinische Wissen über den Virus zu vergrößern und vielleicht andere Menschenleben zu retten.
Sie hätte über alles Bericht erstattet.
Wenn Smith zudem die Überfälle in Georgetown bedachte, konnte er nur eine Schlussfolgerung ziehen: Sophia war nicht durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen.
In Gedanken hörte er ihre keuchende Stimme: »Im Labor… Irgendjemand hat…«
In jenem grausamen Augenblick hatten ihm die unter Qualen hervorgebrachten Worte nichts gesagt, aber jetzt hallten sie in seinen Gedanken wider. War jemand in ihr Labor eingedrungen und hatte sie überfallen?
Wie elektrisiert überprüfte er erneut ihre Notizen, Memoranden und Berichte im Hinblick auf mögliche Indizien darauf, was wirklich geschehen war.
Da fiel sein Blick auf die ordentlich geschriebene Nummer oben auf der vorletzten Seite ihres Journals, in dem die tägliche Arbeit an dem unbekannten Virus festgehalten war. Sie lautete PRL-53-99.
Smith wusste, was gemeint war. »PRL« verwies auf das belgische Prinz-Leopold-Institut. Das war nichts Besonderes, sondern lediglich Sophias Methode, auf den Bericht eines anderen Forschers zu verweisen, auf den sie bei ihrer Arbeit zurückgegriffen hatte. Die Nummer verwies auf ein spezifisches Experiment, eine Argumentationskette oder eine Chronologie. Entscheidend war, dass sie diese Nummer immer - immer ans Ende eines Berichts geschrieben hatte.
Ans Ende.
Dieser Hinweis stand oben auf der Seite, am Beginn eines Kommentars über die drei Todesopfer, die geographisch weit auseinander gelebt hatten. Trotz anderer Umstände und obwohl sie nicht dasselbe Geschlecht oder Alter hatten, waren sie gleichzeitig an derselben Viruserkrankung gestorben. Aber es waren keine Todesfälle aus ihrer jeweiligen Umgebung bekannt geworden.
In Sophias Anmerkungen wurden keine anderen Berichte erwähnt - also musste die Nummer am falschen Platz stehen. Behutsam untersuchte Smith die letzten beiden Seiten und presste das Buch auseinander, um den Bundsteg untersuchen zu können, wo die Seiten befestigt waren. Durch seine Lupe entdeckte er nichts.
Nachdem er einen Augenblick lang nachgedacht hatte, legte er das Buch so unter sein großes Seziermikroskop, dass sich der Bundsteg unter der Linse befand. Dann blickte er durch das Okular.
Er atmete mit einem scharfen Geräusch ein, als er den Schnitt sah, der fast so gerade und präzise wie der eines Laserskalpells war. Sehr gute Arbeit, aber nicht gut genug, um unter dem leistungsfähigen Mikroskop die Wahrheit zu verbergen.
Smith sah eine leicht gezackte Schnittkante.
Eine Seite war aus dem Journal herausgetrennt worden.
General Calvin Kielburger stand in der offenen Tür von Jon Smith’ Büro. Mit den hinter dem Rücken gefalteten Händen, den gespreizten Beinen und seiner ernsten Miene wirkte er wie General Patton, der, in den Ardennen auf einem Panzer stehend, die amerikanische Armee anfeuerte.
»Ich habe Ihnen befohlen, nach Hause zu fahren, Colonel Smith. In Ihrem Zustand nützen Sie niemandem etwas. Wir brauchen eine klar denkende Belegschaft. Besonders jetzt, wo Dr. Russel nicht mehr bei uns ist.«
Smith blickte nicht auf. »Irgendjemand hat eine Seite aus ihrem Journal herausgetrennt.«
»Fahren Sie nach Hause, Colonel.«
Jetzt hob Smith den Kopf. »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe? Es fehlt eine Seite über ihre Tätigkeit direkt vor ihrem Tod. Warum?«
»Wahrscheinlich hat sie sie selbst herausgeschnitten, weil sie sie nicht brauchte.«
»Haben Sie alles über wissenschaftliche Arbeit vergessen, seit man Ihnen diesen Stern verliehen hat? Niemand vernichtet eine Notiz über seine Forschung. Die
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