Ludlum Robert - Covert 03
Sie Ihre Codes, das Militär zuerst. Machen Sie Ihre taktischen Elektroniksysteme so selbstständig wie möglich. Nehmen Sie Kontakt mit den anderen NATO-Regierungen auf und koordinieren Sie die Verteidigungsmaßnahmen mit ihnen. In der Zwischenzeit müssen sich unsere Geheimdienste darauf konzentrieren, den Computer zu finden. Und nehmen Sie um Himmels willen unsere sämtlichen Raketensysteme aus dem Netz, bevor diese Mistkerle anfangen, sie zu starten.«
Niemand erhob Einwände, und das Oval Office leerte sich.
Präsident Castilla wartete ungeduldig, bis der Letzte den Raum verlassen hatte. Dann trat Fred Klein durch die Seitentür ein. Er wirkte müde und hatte schwarze Ringe um die Augen. Sein Anzug schien noch zerknitterter als sonst.
Der Präsident seufzte betrübt. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Fred. Wird uns irgendetwas von dem, was die jetzt vorhaben, helfen?«
»Wahrscheinlich nicht. Wie Sie ganz richtig sagten, könnte es sein, dass wir sie damit ein wenig bremsen. Aber sobald sie wissen, wie sie mit dem DNS-Computer umgehen müssen, gibt es kaum etwas, was wir gegen sie tun können. Dieser Molekularcomputer ist einfach zu mächtig. Falls Sie beispielsweise ein Modem an Ihrem Computer haben und damit einmal im Monat eine E-Mail an Ihre Enkelkinder schicken, reicht das für einen Molekularcomputer schon aus, um sich Zugang zu Ihrer Maschine zu verschaffen, binnen Sekunden sämtliche Daten davon zu stehlen und die Festplatte komplett zu löschen.«
»Sekunden …? Wegen eines E-Mails an die Enkelkinder? Du großer Gott. Dann ist niemand mehr sicher.«
»Ja, niemand«, wiederholte Klein wie ein Echo. »Wie Sie und Stevens Brose gesagt haben, unsere beste Chance ist, diesen Computer zu finden. Sobald wir ihn haben, haben wir auch diese Mistkerle. Aber das müssen wir schaffen, ehe die anfangen, ihren eigentlichen Plan in die Tat umzusetzen.«
»Das ist, als würde man sich mit auf den Rücken gefesselten Armen auf einen Ringkampf mit einem Grizzlybären einlassen. Eine miese Chance.« Der Präsident musterte seinen Covert-oneChef. »Wie haben sie wohl vor, uns anzugreifen? Wie und wo?«
»Das weiß ich nicht, Sam.«
»Aber Sie werden es wissen, nicht wahr?«
»Ja, Sir, das werde ich.«
»Und rechtzeitig.«
»Das hoffe ich.«
11
Toledo
Smith’ Wagen rollte in südlicher Richtung auf der Schnellstraße N 401 aus Madrid heraus in Richtung Toledo. Wie versprochen hatten ihn am Flughafen Charles De Gaulle ein Kuvert mit der Adresse des Basken, eine Landkarte und eine Straßenbeschreibung erwartet. Der kleine gemietete Renault rollte munter zwischen den weiten grünen Feldern, auf die sich schon die langen Schatten des Nachmittags senkten. Im Schatten von Pappeln grasten Schafe.
Smith kurbelte sein Fenster herunter, legte den Arm auf den Rahmen und ließ sich vom warmen Wind das Haar zerzausen. Der Himmel von La Mancha, unter dem Miguel de Cervantes’ melancholischer Ritter mit der Lanze seine Windmühlen angegriffen hatte, war blau und schier endlos. Doch Smith’ Gedanken wandten sich bald anderen Dingen als der ländlichen Idylle und dem wilden Don Quixote zu. Er hatte seine eigenen Windmühlen anzugreifen, und die seinen waren harte Realität.
Der Gedanke, dass ihm vielleicht jemand folgte, wollte ihn einfach nicht loslassen. Doch je mehr Zeit verstrich und je normaler ihm die wenigen entgegenkommenden oder ihn überholenden Fahrzeuge erschienen, umso sicherer fühlte er sich. Er dachte an die Zeitungsberichte über die Systemausfälle, die er auf dem Flug von Paris nach Madrid studiert hatte. Im Vergleich zu den vielen Einzelheiten, die Klein ihm geschildert hatte, waren die Artikel oberflächlich und deuteten in keiner Weise darauf hin, dass die Probleme vielleicht auf das Wirken eines futuristischen Computers zurückzuführen waren. Bis jetzt war es der Regierung in Washington also offenbar gelungen, darüber nichts an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.
Doch auch ohne die ganze Tragweite des Geschehens zu schildern, waren die Artikel bedrückend und erschreckend, besonders da Smith ja wusste, was sie zu bedeuten hatten. Während er noch darüber nachdachte und sich fragte, was ihn wohl in Toledo erwarten würde, kam die alte Stadt bereits in Sicht, stieg vor ihm aus der Ebene; die Türme der Kathedrale und des Alcazar ragten majestätisch über die Ziegeldächer der Stadtsilhouette. Er hatte gelesen, dass die Ursprünge Toledos sich noch vor dem Auftauchen der Römer in der Keltenzeit verloren.
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