Lübeck
Holstentor,
St. Petri und Dom
Salzspeicher
Weißes Gold
Erdöl wird oft als das „schwarze Gold“ bezeichnet,Salz war über Jahrhunderte
hinweg das „weiße“. Wer das „Salzregal“ innehatte, ein
mittelalterliches Monopol für den Abbau, war einflussreich. Wer mit Salz
handelte, mächtig. Beides trifft für Lüneburg und für Lübeck zu. Vom 12.
bis 15. Jh. waren die Salinen in Lüneburg das einzige Salzwerk für
Norddeutschland und die Ostseeanrainer. Lübecker Familien und geistliche
Institutionen besaßen „Salzpfannen“ in Lüneburg. Über die „Alte
Salzstraße“, eine 127 km lange Route, gelangte das wertvolle Gut in die
Hansestadt. Seit 1398 verschiffte man die Ware auf dem Stecknitzkanal, doch
auch der Wasserweg (97 km) war beschwerlich: Die Prähme (Lastkähne) mussten
vom Ufer aus gegen die Strömung an 13 Schleusen vorbeigetreidelt (gezogen)
werden, die Fahrt dauerte zwei bis drei Wochen. Nichtsdestotrotz erreichte der
Warenumschlag zwischen 1562 und 1569 einen Höhepunkt. Sage und schreibe
11.000 t Salz gingen jährlich in die Handelsstadt – und von dort in die
(nordische) Welt. Erst im 17. Jh. konnte das aus Westfrankreich eingeführte,
günstigere Baien-Salz (Seesalz) das Lüneburger Produkt überflügeln. Dennoch
blieb der Stecknitzkanal bis 1896 in Betrieb. Somit verdankte Lübeck seinen
Reichtum im Mittelalter einem uralten, natürlichen
Konservierungsmittel …
Rechts neben dem Holstentordirekt an der Trave
befinden sich sechs Salzspeicher . Man setzte sie zwischen 1579 und 1745 an
die Stelle ehemaliger Heringspackhäuser. Der älteste liegt am nächsten zum
Holstentor und verwirrt durch eine Jahreszahl: „1694“ war das Jahr der
Renovierung, das Richtfest fand früher statt.
Hering war jahrhundertelang eine beliebte Fastenspeise, Lübeck der
Salzhafen des Ostseeraums. Um den Speisefisch haltbar zu machen, benötigte man
einen Konservierungsstoff: Ein Fass Salz, das aus den Salinen von Lüneburg
mühsam mit den Stecknitzfahrern nach Lübeck reiste, wurde für etwa fünf
Fässer Fisch gebraucht. Die Hälfte des begehrten Handelsgutes – die Rede
ist von fünfstelligen Tonnenbeträgen! – ging nach Schonen, wo der Hering
gefangen wurde; die andere Hälfte in die Städte des Ostseeraums.
Morgenstimmung an der Obertrave
Übrigens – sogar Nosferatu nahm Quartier in den Salzspeichern: zunächst
in Murnaus Stummfilmklassiker von 1921/22, dann in Herzogs Remake in den 70ern
mit Klaus Kinski. Leider sind die Salzspeicher nicht zu besichtigen.
Spaziergang 1: Holstentor,
St. Petri und Dom
Abstecher entlang derObertrave
Wenn man die Trave auf der Holstentorbrücke überquert hat, kann man rechts
in die Straße An der Obertrave einbiegen. Schlendert man die charmante
Obertrave bis zum Kleinen Bauhof entlang, präsentieren sich die Häuser in
Ufernähe von ihrer besten Seite und werden zum Ende hin immer niedlicher.
Manche Einheimische sprechen sogar von der „schönsten Ecke der Altstadt“.
In lockerer Folge wechseln sich gotische, barocke und klassizistische Prachtfassaden sowie Baustile der Renaissance und des Rokoko miteinander
ab. Nur die drei Restaurants zu Beginn der Obertrave verlassen sich allzu sehr
auf ihre zweifellos schöne Aussicht auf die Salzspeicher.
Jahrhundertelang lebten auf dieser Uferseite die Flussfischer: Neben Salz
wurden Holz und andere Baumaterialien umgeschlagen und gelagert. In der Kleinen
Petersgrube links sieht man unter den Dachfirsten zweier Speicherhäuser eine
Seilwinde, um Waren heraufzuziehen. An der Obertrave 8 (Ecke Pagönnienstraße)
ist eine Sturmflutmarke angebracht, die auf das schwerste
Sturmhochwasser der Ostsee vom 13. November 1872 hinweist. Ganze Straßenzüge
standen unter Wasser, im Ostseeraum starben 271 Menschen.
In der abzweigendenHartengrube sind das Amtshaus der
Stecknitzfahrer (Nr. 25–27) und ein Renaissancegebäude mit
außergewöhnlicher Fachwerkkunst sehenswert (Nr. 20). Bevor es wieder
zurückgeht, wird die gewaltige Domfassade sichtbar.
Während des kleinen Abstechers stößt man außerdem auf die
Musikhochschule und den Malerwinkel.
Spaziergang 1: Holstentor, St. Petri und Dom
Musikhochschule
In 22 ehemaligen Kaufmannshäusern von der Petersgrube bis zur Depenau ist die einzige Musikhochschule von Schleswig-Holstein untergebracht. Am faszinierendsten ist wohl das klassizistische Hauptgebäude, von dem seit 2007 eine angenehm schlicht gehaltene Brücke zu den Ãbungsräumen der Holstentorhalle
Weitere Kostenlose Bücher