Lübeck
östlich und südlich der Altstadt einzelne Gewerbe wie Bleicher, Leimsieder und Gerber nieder. Zwei Wasserkünste vor dem Hüxtertor transportierten das nasse Gut der Wakenitz in einem komplexen System aus Pipen (Rohrleitungen aus Holzstämmen) zu den Brauern der Altstadt, das Travewasser war nämlich zu salzhaltig. Vor dem Mühlentor befand sich eine Kienräucherei zur Herstellung von Druckerschwärze. AuÃerdem gab es hier seit dem Mittelalter bis ins 19. Jh. Nutz- und Ziergärten, aber auch die Sommerhäuser und Villen gut situierter Bürger. In der Lindeâschen Villa z. B. entstand das weltberühmte Kinderportrait des genialen Edvard Munch, das man im Museum Behnhaus Drägerhaus besichtigen kann (siehe Spaziergang 3).
Die nach dem Ersten Weltkrieg vorherrschende Wohnungsnot führte zur weiteren Besiedelung von St. Jürgen, zumal eine groÃflächige Bebauung der Vorstädte in den Jahrhunderten vorher aus militärischen Ãberlegungen nicht erlaubt war.
Eine ehemalige Besitzung des Johannisklosters kennt man über die Grenzen Lübecks hinaus: Blankensee, wo heute der Flughafen liegt. 1916/17 nahm die kaiserliche Fliegerschule Lübeck den Flugplatz in Betrieb, 1933 wurde er ausgebaut. Von Juni 1948 bis Mai 1949 war der Flughafen ein Teil der Berliner Luftbrücke: 2.600 Einsätze flogen die Rosinenbomber der Royal Air Force von Lübeck aus. Knapp 18.000 Flüge und mehr als 700.000 Passagiere verzeichnet der gröÃte Airport des Bundeslandes alljährlich. Doch die Zahlen trügen: Lübeck-Blankensee kostet die Stadt Millionen â und sollte für weitere Millionen abgewickelt werden. Die Lübecker entschieden anders: âErstmals in der Geschichte der Hansestadt kippten die Wähler eine Entscheidung der Bürgerschaft â ein historisches Ergebnisâ, schrieben die Lübecker Nachrichten. Laut einer Studie verdankt man dem Airport jährlich immerhin 42.000 zusätzliche Ãbernachtungen.
Das Hünengrab, das in der Nähe des kleinen Airports entdeckt wurde, ist schwer zu finden (nicht ausgeschildert!) und nicht so spannend wie das GroÃsteingrab in Waldhusen bei Pöppendorf (siehe Kücknitz).
Unbekanntes Lübeck
Schlutup
Relikt aus alten Fischertagen
Wer heute Lübeck besucht, der vergisst eines gerne: Die Hansestadt war während der deutschen Teilung die nördlichste Grenzstadt zur DDR. Schlutup (auch Slut up) lag am gut bewachten Posten nach Mecklenburg â und wurde deshalb gerne mit âSchlieà aufâ fehlgedeutet. Die historischen Tatsachen sind profaner: Slucup, wie Schlutup als Fischerdorf 1225 erstmals erwähnt wird, bedeutet soviel wie âSchluck weg!â und lässt auf eine alte Kneipe schlieÃen. Vielleicht war aber auch ein Fischlokal gemeint, denn über Jahrhunderte hinweg lebten die Bewohner Schlutups vom Fischfang.
Ãberholte Reiseführer
1795 wohnen hier die meisten Lübecker Fischer, 60 an der Zahl, in Gothmund waren es im gleichen Zeitraum gerade einmal 22. Richtig in Fahrt kommt Schlutup aber erst in der Mitte des 19. Jh. mit Fischräuchereien, Bratereien sowie Marinier- und Verpackungsbetrieben. Friedrich Ewers entwickelte ein Patent für eine Maschine, die den Dosenfisch in groÃem Stil überhaupt erst möglich machte. Die Blechdosen konnten nach diesem neuen Verfahren relativ einfach geschlossen werden, umständliches Verlöten gehörte der Vergangenheit an.
Firmen wie z. B. die 1909 gegründete Hawesta GmbH & Co. KG benötigten so viele Heringe, dass man diese aus Dänemark und Schweden importieren musste. Schon 1889 war ein Anleger für Fischkutter gebaut worden, 1902 sogar ein Eisenbahnanschluss. 1940 war Schlutup mit 40 Firmen endgültig zum Zentrum der fischverarbeitenden Industrie geworden. 75 % aller in Deutschland verzehrten Fischkonserven wurden hier verarbeitet. Dazu waren 35 Mio. kg Frischfisch nötig. Noch heute macht Hawesta â unlängst von der Rügen Fisch AG geschluckt â einen Umsatz von 50 Mio. â¬. Im Werk Lübeck-Schlutup werden bis zu 300.000 Fischkonserven täglich gefertigt.
Ein zweites Standbein des Stadtteils ist der Schlutupkai II, ein RoRo-Hafen für den Papierumschlag aus Skandinavien. Dabei ist der östlich von St. Gertrud gelegene Stadtteil mit etwas über 5.800 Einwohnern der bevölkerungsärmste. Die Schlutuper freilich
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