Lübeck
Siems ernährten die Arbeiter. Vom stolzen Industriestandort, der 1913 eingemeindet wurde, sind nur noch ein Outlet des Keramikherstellers in Dänischburg übrig geblieben â und ein Museum in Herrenwyk. Dabei stand z. B. das Hochofenwerk bis zur Stahlkrise in den 1970er-Jahren hoch im Kurs, und die Flender Werft war nach dem Zweiten Weltkrieg eine der gröÃten Werften Deutschlands. 2002 ging diese letzte GroÃwerft im Lübecker Raum in Konkurs.
Der direkte Ãbergang von St. Gertrud nach Kücknitz ist nur durch den mautpflichtigen Herrentunnel möglich. Wer die ca. 1,50 ⬠sparen will, muss über die etwas umständlichere A 1 und die sich anschlieÃende A 226 fahren.
Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk : Inmitten der immer noch bewohnten Werkskolonie von 1906/07 hat sich in den Räumen des alten Werkskaufhauses ein aufschlussreiches Museum niedergelassen. Präsentiert werden âLeben und Arbeit in Herrenwykâ, jener Metallhütte, die im August 1981 pleiteging. Zuvor hatte sie die Silhouette am Traveufer geprägt und das Ãberleben von 1.000 Arbeitern gesichert. Was zu Zeiten des Raubtierkapitalismus nicht mehr gefragt ist, hatte in den 1920/30er-Jahren und später in der Wirtschaftswunderzeit seine Licht- und Schattenseiten. Zum einen kümmerte sich die Werksführung um ihre Angestellten, förderte kulturelle Veranstaltungen, organisierte Ausflüge, schuf Vereine und Wohnraum, versorgte die Arbeiter medizinisch und mit Konsumgütern. Zum anderen muss von einer patriarchalischen Führung durch Generaldirektor Dr. Neumann gesprochen werden, der die Siedlung autark machte und das alltägliche Leben zumindest mitkontrollierte.
Ausgestellt werden z. B. eine typische Arbeiterküche, der Projektor der Hochofenlichtspiele, das Büro eines höheren Angestellten sowie eine nachgebildete Arbeitsstätte mit Schmiede und Dampfhammer aus den Anfängen des 20. Jh. Von besonderem Interesse sind die Zeitzeugenzitate, die ein lebendiges Bild entstehen lassen. Zwei 20 Jahre alte, grieÃelige Filme werden auf Anfrage eingelegt. Doch auch Themen wie die Arisierung des Hochofenwerks und v. a. das Schicksal der Zwangsarbeiter werden angesprochen. Zwei gut gemachte Plastikordner mit Dokumenten (âWer plündert wird erschossen!â), Fotos und Briefen basieren auf Christian Rathmers Werk âIch erinnere mich nur an Tränen und Trauer ⦠bnZwangsarbeit in Lübeck 1939 bis 1945â, das auch im relativ gut sortierten Buchshop für 7,70 ⬠zu haben ist.
Kokerstr. 1â3, Tel. 301152, www.die-luebecker-museen.de. Fr 14â17 Uhr, Sa/So 10â17 Uhr. Eintritt 2,50 â¬, erm. 1 â¬, Kinder (6â18J.) 1 â¬, unter 6 J. frei, Kombi-Karten und Familienkarten. Führungen (bis 30 Pers., Dauer 2 Std.) auÃerhalb der Ãffnungszeiten für 25 â¬. Bitte telefonisch anmelden, auch kurzfristig möglich! Drei bis fünf Sonderausstellungen jährlich zu Industrie-, Sozial-, Technik- und Zeitgeschichte. Buslinie 32 vom Koberg bis Haltestelle Herrenwyk (Fahrtdauer rund 20 Min.), MoâSa alle 50 Min., So alle 60 Min. Vom ZOB fährt MoâFr zusätzlich alle 40 Min. Line 34 (Fahrtdauer rund 30 Min.).
Das Industriemuseum im Arbeiterviertel
Pöppendorfer Ringwall und GroÃsteingrab: In Pöppendorf, dem nördlichsten Stadtbezirk von Kücknitz, befindet sich eine archäologische Besonderheit, die alles andere als spektakulär daherkommt: Eine steile Treppe mit Holzgeländer führt auf den Rand des teilweise 12 m hohen Pöppendorfer Ringwalls. Von dort sieht man Bäume, eine Wiese und manchmal weidende Kühe, im Frühjahr knackt es im Geäst und die Vögel zwitschern â das warâs. Im 7. Jh. errichtet und um ca. 1000 wieder aufgegeben, gilt der Ringwall mit seinem Durchmesser von 100 m als eine der besterhaltenen Wehranlagen des slawischen Stammes der Wagrier in Ostholstein. âNähere Erkenntnisse über den Wallaufbau müssen zukünftig archäologische Untersuchungen ergebenâ heiÃt es auf einer zerkratzten Infotafel. Immerhin erfährt man relativ interessant, wie die Slawen ihre Wälle gebaut und befestigt haben. Um wirklich begeistert zu sein, muss man aber seine Fantasie spielen lassen und sich z. B. vorstellen, wie die Menschen dort gelebt haben. Es ist
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