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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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denen die Niedergeschlagenheit seinen Willen besiegt hatte. Er hing herum. Seine Mutter hatte angerufen, sie beschäftigte sich mit dem Altenheim, und sie hatte nicht geklungen, als wäre sie glücklich. Nach kurzer Zeit hatte Stachelmann schon vergessen, was sie miteinander gesprochen hatten. Er überlegte, ob Ossi ihm fehlte. Der war ihm zwar regelmäßig auf die Nerven gegangen, aber nun hätte Stachelmann einiges gegeben dafür, mit ihm zu sprechen. Ossi war kein schlechter Kriminalist gewesen. Ob er Taut anrufen sollte? Aber er tat es nicht. Der war ihm nicht nah, und außerdem hatte Stachelmann ein schlechtes Gewissen, weil sie Lemmi die DVD gestohlen hatten und der womöglich den Ärger der Polizei abbekam.
    Was würde Taut machen mit dem Film? Er würde natürlich Bohming erkennen und ihn befragen. Aber wozu? Zu seinem Begleiter. Taut würde herausbekommen, wer die anderen Leute gewesen waren, die das Internetcafé besucht hatten zum fraglichen Zeitpunkt. Hoffentlich fand er so den Mörder. Aber eine Stimme im Inneren sagte Stachelmann, dass Taut ihn nicht finden würde.
    Du aber hast aufgegeben. Du traust dich kaum auf die Straße. Nur dann, wenn du nichts mehr im Kühlschrank hast. Dann fährt die Polizei neben dir her, zuletzt sind sie auch gelaufen. Manchmal, wenn er draußen war, spürte er einen heißen Stich in der Brust oder im Rücken. So würde es sich anfühlen, wenn die Kugel in seinen Körper einschlug. Man bekommt dann einen Schock, spürt eine Art Faustschlag, und bevor man begreift, was geschehen ist, ist man tot. Wenn die Kugel richtig trifft.
    Ihm schien es längst absurd, dass er sein Leben so stark an die Universität gehängt hatte. Schon als Schüler hatte er gewusst, er würde Geschichte studieren. Der Vater hatte ihn beeinflusst. Vielleicht war es sein Weg, mit seinem schlechten Gewissen fertig zu werden, dass der Sohn herausbekommen sollte, wie es wirklich gewesen ist in den zwölf Jahren des Tausendjährigen Reichs. Stachelmann glaubte in diesen Augenblicken, als er sein Leben wog, der Vater habe vielleicht gewollt, dass der Sohn ihn stellte. Stellen? Welch eine Hybris. Aber gefragt hatte er den Vater, wenn auch viel zu spät. Sie hatten gesprochen, aber aneinander vorbeigeredet.
    Die Universität war ihm zuwider. Es konnte sein, dass seinetwegen ein Mensch ermordet worden war. Er fühlte sich schuldig. Wenn er doch einen Fehler gemacht hätte, einen schrecklichen Fehler, der das Verbrechen ausgelöst hätte. Dann hätte das Schuldgefühl wenigstens einen Sinn. Aber er hatte keinen Fehler gemacht, außer den üblichen, ohne die er sich sein Dasein nicht vorstellen konnte. Er behandelte Anne falsch, immer wieder, und er staunte wieder und wieder über ihre Geduld. Als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, war sie sauer gewesen. Warum eigentlich? Er überlegte, fand aber keinen Grund. Bei früheren Schwierigkeiten hatte er mit ihr gesprochen, und es hatte ihm geholfen. Hatte er sich je bedankt?
    Am Abend suchte er im Internet-Geschichtsforum, ob eine Antwort eingegangen war auf sein posting. Nichts. Auch keine Mail. Wie tot. Aber ich kann die Leute verstehen, ein bisschen jedenfalls. Wer wird schon gerne verstrickt in eine Mördersuche? Bestimmt war längst das Gerücht umgelaufen, der Mörder suche seine Opfer im Internet, oder ähnlicher Unsinn. Wahrscheinlich hatte es schon in den Zeitungen gestanden, die Stachelmann nicht anschaute, weil sie bei ihm Brechreiz auslösten. Er stellte sich die Schlagzeile vor, in großen roten Buchstaben: »Der Internetmörder« oder »Der Tod kommt aus dem Netz« oder »Die E-Mail des Sexmörders«.
    Er entschloss sich, zum Ali Baba zu gehen, zwei uniformierte Polizisten folgten ihm in einigem Abstand zu Fuß. Es war lächerlich. Er kam sich vor wie ein Gefangener auf Hafturlaub. Im Ali Baba fand er nur an der Tür einen freien Tisch. Er bestellte Rotwein und Raki und trank beides schnell aus. Er bestellte das Gleiche noch einmal, obwohl ihm schwindelte. Alkohol auf leeren Magen. Auch die neuen Gläser trank er schnell aus. Dann schaute er sich um, starrte eine Frau zu lange an, lehnte sich zurück und wäre fast mit dem Stuhl umgefallen.
    Deinetwegen wurde ein Mensch umgebracht. Brigitte hatte sich geschämt, war abgetaucht, hatte etwas gesucht und war so zum Opfer geworden. Hatte er ihr einen Grund gegeben, sich zu schämen? Hatte sie glauben müssen, dass sie Angst haben sollte vor ihm wegen dieser dämlichen E.T.-Geschichte? Kindisch, das war

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