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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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mir. Aber versuchen Sie den Feuerwehrtrick nicht noch einmal, davon werde ich ihr erzählen.« Er grinste, hatte wieder Oberwasser gewonnen. Ihm war die Behindertenmasche nicht mehr peinlich.
    Stachelmann wandte sich ab. Dann fiel ihm noch eine Frage ein: »Haben Sie es der Polizei schon gesagt?«
    »Was? Das mit Yvonne Kamp? Nein, die haben mich nicht gefragt. Typisch. Es ist denen doch scheißegal, wenn eine Antifaschistin ermordet wird. Eine weniger. Die reiben sich die Hände.«
    Vor der Haustür beschlossen sie, Yvonne Kamp gleich zu besuchen. Stachelmann ärgerte sich, dass er ihre Telefonnummer nicht erfragt hatte. Aber dann sah er eine Telefonzelle. Doch stellte sich heraus, dass das Telefonbuch zerfetzt und mit einer übel riechenden, klebrigen Flüssigkeit verschmiert war.
    »Komm, wir versuchen es einfach.«
    Georgie steuerte durch den Feierabendverkehr Richtung Bahnhof Altona. Es ging oft nur schrittweise vorwärts, wenn überhaupt. Dann erreichten sie endlich die Erzbergerstraße, fanden einen Parkplatz nicht allzu weit von dem Haus mit der Nummer 37. Stachelmann klingelte an der Haustür, sofort wurde der Summer betätigt.
    »Die wartet schon«, sagte Georgie. Er klang nicht gerade hoffnungsfroh.
    In der ersten Etage stand eine alte Frau, gestützt auf einen Stock. Ob der echt ist?, fragte sich Stachelmann.
    »Sie sind der Herr Stachelmeier«, sagte die Frau mit einer überraschend tiefen Stimme.
    »Mann, Stachelmann.«
    »Ja, Herr Stachelmeier, dann kommen Sie mal rein.« Georgie schien sie zu übersehen. Der trottete hinter Stachelmann in die Wohnung. Sie roch muffig. Die Frau führte sie ins Wohnzimmer, bot ihnen einen Platz an, aber nichts zu trinken. An der Wand hing ein Porträt von Thälmann. In einem Bücherregal erkannte Stachelmann Bände von Stalin.
    Die Frau mühte sich in einen Sessel.
    »Ich nehme an, Sie wissen, wo sich Brigitte Stern in den Tagen vor ihrer Ermordung aufgehalten hat, also vom 5. bis zum 10. Mai.«
    »Unter anderem hier. Aber nur in der letzten Nacht, bevor sie ... ermordet wurde.«
    Stachelmann versuchte sich vorzustellen, wie es Brigitte in dieser Wohnung ausgehalten hatte. »Sie war also in der Nacht vom 9. zum 10. Mai hier.«
    »Ja.«
    »Hatte sie ein eigenes Zimmer?«
    »Ja, natürlich«, sagte die Frau. Sie klang verbittert.
    »Dürfen wir es uns mal ansehen?«
    »Bitte«, sagte die Frau. »Hier raus« – sie zeigte zur Wohnzimmertür – »dann die erste Tür rechts.«
    Stachelmann und Georgie folgten der Beschreibung. In dem Zimmer war es heller. Holzfußboden mit einem dicken dunkelblauen Teppich. An den Wänden weiß gestrichene Raufasertapete. Auf einem Bücherbrett wenige Titel, das meiste halbwegs moderne Literatur über Faschismus und Antifaschismus. Ein paar Fotos, mit Reißzwecken an der Wand befestigt. Ein Bild von einer Demonstration. Vorn ein Transparent mit der Aufschrift Nie wieder. Die eine Stange hielt Brigitte. Sie hatte lange Haare gehabt zu dieser Zeit.
    In der Ecke ein schmales Bett, Nachttisch mit Lampe. Das Fenster zeigte zur Straße. Davor ein kleiner Tisch mit Stuhl. Stachelmann öffnete die Schublade des Nachttischs, ein paar Zettel mit Notizen, die er in seine Tasche steckte. Georgie hatte sich an den Schreibtisch gesetzt und las in Papieren, die zu einem Stapel gehäuft waren. Er nahm ein Blatt nach dem anderen in die Hand, manchmal schüttelte er den Kopf.
    »Ist was dabei?«, fragte Stachelmann.
    »Bisher nicht.«
    »Wir finden hier nichts. Und dieses posting im Diskussionsforum war auch überflüssig. Wir wissen jetzt, wo sie abgetaucht ist, aber das nutzt uns nichts. Es ist ein Trauerspiel.« Niedergeschlagenheit ergriff ihn. Er setzte sich aufs Bett und schaute zu, wie Georgie nach etwas kramte, von dem sie beide nicht wussten, was es war. Als würde man an Pfingsten Ostereier suchen. Da würde man nur die finden, die alle übersehen hatten. Ein seltener Zufall.
    »Hier ist nichts«, sagte Georgie.
    Sie gingen zurück ins Wohnzimmer. Die Frau hatte die Augen geschlossen, aber sie schlief nicht. »Nun, hat es sich gelohnt?«, fragte sie gleichmütig.
    »Eher nicht«, sagte Stachelmann.
    Er setzte sich, Georgie auch.
    »Für den Abend des 10. Mai wurde Brigitte zum Historischen Seminar gebeten, sie bekam eine Mail, zwischen neun und zehn am Vormittag.«
    »Ich weiß«, sagte Yvonne Kamp. Sie schaute Stachelmann wie gelangweilt an. Aber vielleicht ist es nur die Maske, hinter der sie ihre Unruhe verbirgt?
    »Hat sie irgendetwas gesagt

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