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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Missverständnisse gibt. Das ist nicht die Zeit und nicht der Ort für Missverständnisse. Jetzt ist Klarheit angesagt. Eindeutigkeit.
    »Stimmt, erinnerst du dich noch an das erste Mal, als wir hier waren?« Sie lächelte so entspannt. Wie kann man jetzt entspannt lächeln?
    »Wir sind beschwippst zu dir gegangen, und ich bin eingeschlafen, bevor du über mich herfallen konntest«, sagte sie grinsend.
    Das hatte er anders in Erinnerung. Er hatte sich nicht getraut, sich ihr zu nähern. Kindisch. Aber er widersprach nicht. Erinnerung ist ein Kunstgebilde, warum es zerstören? Und warum kann ich klar denken, obwohl ich betrunken bin? Nein, ich denke nicht klar. Ich klammere mich schwankend an Gedanken, sonst falle ich ins Loch.
    »Ja«, sagte er.
    Sie grinste, dann versteinerte ihre Miene. »Hast du keine Angst?«
    »Im Augenblick gerade nicht.«
    »Du solltest den Alkpegel nicht sinken lassen.«
    »Genau.«
    »Wenn du willst, heirate ich dich. Ich meine, wenn es dir Halt gibt.«
    Was hat sie gesagt? Sie will mich heiraten, wenn es mir Halt gibt. Wer sich mit mir einlässt, den reiße ich mit in den Orkus. Er hob die Hand zur Abwehr.
    Sie schaute ihm in die Augen, dann wendete sie den Blick ab und schüttelte den Kopf. »Was soll aus uns nur werden?«
    »Was soll aus mir werden?«, platzte es aus ihm heraus.
    »Ja, was soll aus dir werden?« Sie ärgerte sich.
    »Auf mich wird geschossen. Ich kann nirgendwo sein ohne Angst.« Er überlegte. »Nur hier und jetzt habe ich keine Angst.«
    »Vielleicht hast du hier keine Angst, weil du besoffen bist.«
    Er bedachte, was sie gesagt hatte. Seltsam, nun stand eine Mokkatasse auf dem Tisch. »Trink das«, sagte sie.
    Er trank den Mokka, stark und süß.
    »Hast du was dagegen, dass ich besoffen bin?«
    »Nein«, sagte sie. »Wenn du ab und zu mal wieder nüchtern bist.«
    »Vielleicht wäre es besser, ich wäre immer besoffen.«
    Sie lachte, etwas bitter. »Wir müssen diese Sache aufklären«, sagte sie.
    »Wir?«
    »Wir.«
    »Warum jetzt wir?« Er spürte die Wirkung des Mokkas.
    »Weil du an der Geschichte sonst zugrunde gehst.«
    »Bin ich schon. Da lässt sich nichts mehr retten.«
    »Quatsch.«
    »Nix Quatsch. Ich habe die Lösung längst gefunden. Sogar ohne dich. Passiert ja auch nicht alle Tage.«
    »Und die wäre?«
    »Ich schmeiß die Habil in den Papierkorb und bewerbe mich beim Herrentunnel als Gebühreneintreiber.«
    »Sind die nicht schon pleite?«
    »Nein, sind sie nicht.«
    Sie ging zum Tresen. Er starrte ihr nach. Es schien ihm, als sähe er erst jetzt, wie gut sie sich bewegte.
    Er guckte sich um und sah die Leute reden, rauchen, essen und trinken. Ihm kam es vor, als säße er in einer Glocke aus Glas, die nur von seiner Seite durchsichtig war. Für die anderen gibt es mich nicht. Wen kratzt es, ob ich krepiere oder nicht? Er wäre gern aufgestanden und hätte die Leute geschüttelt, die beiden Frauen am Nachbartisch, die pausenlos quatschten und lachten. Aber er fühlte sich zu schwach und ahnte, Anne würde es missbilligen.
    Heiraten? Um Himmels willen. Als hätte er nicht genug am Hals. Den Irren, der ihn erschießen will. Die Mutter und das Altenheim. Seine Zukunft, ja, seine Zukunft. Er wischte über die Tischplatte, als könnte er die Zukunft wegwischen. Zukunft, so ein Quatsch. Du hast keine. Wenn du irgendetwas hast, eine Zukunft gehört nicht dazu.
    Anne kehrte zurück. Sie blieb stehen und beugte sich zu ihm hinunter. »Komm, wir gehen nach Hause.«
    Er erhob sich. Eigentlich wollte er nicht nach Hause gehen. Aber er konnte sich auch nicht wehren. Du hast dir deinen Willen weggesoffen. Er versuchte gerade zum Ausgang zu gehen. Er spürte die Blicke, die ihm folgten. Oder bildete er sie sich nur ein? Draußen torkelte er, fand endlich Halt an einem Auto, dann übergab er sich. Anne reichte ihm ein Papiertaschentuch. Noch nach vorn gebeugt, wischte er sich den Mund ab. Er schaute hinunter, ob er seine Hose befleckt hatte, konnte aber nichts erkennen. Ihm schwindelte.
    Ein Taxi mit beleuchtetem Schild fuhr langsam die Fischergrube hinunter, Anne winkte, das Auto hielt. Anne nahm Stachelmann am Arm und zog ihn zum Taxi. Der Taxifahrer warf einen Blick auf Stachelmann und gab Gas. »Scheißkerl!«, brüllte Anne hinterher. Der Fahrer streckte seinen Arm aus dem Fenster und zeigte einen Stinkefinger.
    Dann tauchten plötzlich die beiden Polizisten auf. »Können wir helfen?«, fragte der eine Polizist Anne.
    »Danke, geht schon.«
    »Wir könnten

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