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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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er zu schlafen.

    Er erwachte vor Sonnenaufgang und blieb mit geschlossenen Augen liegen. Er überdachte wieder seinen Plan, malte sich die Gefahr aus, zweifelte, überlegte, ob er die Polizei unterrichten sollte, verwarf es, weil er diese Sache selbst erledigen musste, ein für alle Mal. Er spürte seine Wut auf diesen Kerl, dem das Leben anderer gleichgültig war, der zu Demonstrationszwecken fast andere Menschen erschossen hatte. Nur, um Stachelmann Angst einzujagen. Davon war er nun überzeugt.
    Er stand auf, machte sich fertig und verließ die Wohnung. Er fuhr zu einem Baumarkt und kaufte Draht, Haken, Dübel, Bohrer, diverses Kleinzeug und zwei Scheinwerfer von stärkster Leuchtkraft. Er bezahlte, packte alles ins Auto und fuhr nach Hause. Er schleppte seinen Einkauf in die Wohnung und begann zu arbeiten. Mehrfach simulierte er das Geschehen, wie er es erwartete, hantierte mit der Pistole und stellte sich auf das ein, was passieren würde. Natürlich hatte er Angst.

    * * *

    Er hatte seinen Computer eingeschaltet, wie er es jeden Morgen tat. Zu Hause war es einfach, da wartete der PC in seinem Zimmer. In der Klinik gab es keinen Computer für ihn, aber er konnte sich frei bewegen, also ging er ins nächste Internetcafé. Ein Leben ohne die Webseiten über Waffen konnte er sich nicht vorstellen. Da gab es vor allem die Handelsplätze, wo alles angeboten wurde, was gefährlich war, Selbstladegewehre, MGs, Jagdwaffen, Pistolen. Er hatte sein G3 in Antwerpen gekauft, damals, vor dem Unfall bei der Bundeswehr, an den er sich nur nebelhaft erinnerte. Ein Matrose aus Malaysia hatte Hanno das Gewehr angeboten im Hafen. Und Hanno fand, das sei ein schönes Souvenir an einen Wochenendtrip. Jahrelang hatte es im Kellerversteck gelegen, in Hannos Kiste, für die nur er den Schlüssel hatte. Nur geübte Schützen können mit dieser Waffe umgehen, und er war einer dieser Experten, die mit Verachtung auf jene Weicheier herabblickten, die mit Kleinkalibergewehren durch die afghanische Steppe stolperten und Soldaten spielten.
    Im Internetcafé bestellte er wie immer eine Milch, eiskalt. Seine Laune verschlechterte sich, als er sah, dass sein PC, also der Computer, an dem er am liebsten saß, besetzt war. Er streifte an dem Tisch vorbei und lugte. Ein Mädchen vertiefte sich in einen Chat. Das konnte dauern. Also ging er zu einem anderen Tisch, in der Ecke. Er gab Benutzername und Passwort ein, dann öffnete er das Geschichtsforum. Eine neue Nachricht in seinem thread, jedenfalls verstand er ihn als seinen, auch wenn er ihn nicht eröffnet hatte. Das war diese Brigitte gewesen, die sich den albernen Benutzernamen E.T. ausgesucht hatte. Ein posting unter dem Namen »Stachelmann«. Er also. So sieht Verzweiflung aus. Ein Doppelklick auf die Themenzeile, und die Nachricht öffnete sich. Er las, sein Atem stockte, er beugte sich nach vorn und warf das Milchglas auf den Boden. Er starrte die Wörter an, als könnte er sie mit den Augen löschen.

    H. B. junior: Du hast bis morgen Mittag Zeit, dich zu stellen. Dann kommst du vielleicht nach 30 Jahren aus dem Knast raus. Ich habe alle Beweise.
Stachelmann

    Sein Atem setzte wieder ein, schnell, immer schneller.

    Ich habe alle Beweise.

    Hanno las es wieder und wieder. Alle Beweise. Dieses Schwein. Stellen! Er hatte alles richtig gemacht, er musste sich nicht stellen. Niemand durfte ihn bestrafen. Musste der Sohn nicht den Vater schützen? Der Typ vom Internetcafé kam mit einem Lappen.
    »Hau ab!«, sagte Hanno. Er schrie nicht, aber in seiner Stimme lag Gefahr. Der Typ stutzte, guckte Hanno in die Augen und erschrak. Erst wich er zurück, dann eilte er hinter seinen Tresen. Hanno schnaufte noch heftig, aber allmählich bekam er sich unter Kontrolle.

    Ich habe alle Beweise.

    Hanno dachte an den Vater, wie der zu Hause getobt hatte über diesen Stachelmann. Da gab es eine Stelle in dessen Arbeit, was für eine Arbeit auch immer, und diese Stelle konnte den Vater vernichten. Alles, was er sich und seiner Familie aufgebaut hatte. Böswillige würden behaupten, dass er nichts geschafft und seine Karriere erpresst habe. Und so einen Ruf kriegte man nicht mehr weg. Selbst wenn es gar nicht stimmte. Also musste Hanno verhindern, dass die Arbeit erschien. Er hatte sich einen Plan zurechtgelegt, wie er dieses Schwein fertigmachen könnte. Ihn umbringen, das wäre falsch gewesen. Das hätte den Vater gezwungen, diese Arbeit veröffentlichen zu lassen. So viel hatte Hanno verstanden, er war

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