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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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welchem Grund?
    »Du sagst mir nicht alles, Georgie.« Stachelmann zwang sich, ruhig zu sprechen.
    »Hm.«
    »Na komm, spuck es aus.«
    Georgie tippte sich an die Stirn. »Du spinnst. Du glaubst doch nicht im Ernst, ich könnte Gitte schaden.«
    »Wie lange wohnt ihr schon zusammen?«
    »Lange, bestimmt gut zwei Jahre.«
    Unter lange verstand Stachelmann etwas anderes. Aber wie alt mochte Georgie sein? Vierundzwanzig, fünfundzwanzig?
    »Ich komme mit«, sagte Stachelmann.
    »Hm.« Er stand auf. »Na, dann komm. Der wohnt in St. Pauli.« Begeistert klang er nicht.

    Draußen war es längst dunkel. Feuchte Kälte kroch unter die Kleidung. Stachelmann spürte, wie die Schmerzen nach ihm griffen. Das Atmen fiel ihm bald schwer, weil die Rippenwirbel wehtaten. Georgie merkte nichts davon und eilte voraus über den Thälmann-Platz zur Hudtwalcker Straße. Sie brauchten gut zwanzig Minuten, und Stachelmann fluchte innerlich, dass sie kein Taxi genommen hatten. Als er im Bus saß in Richtung Altona, schwitzte und fror er. In der Kellinghusenstraße stiegen sie aus und nahmen die U 3 in Richtung Mümmelmannsberg. In St. Pauli hetzte Georgie zur Seilerstraße. Zwei Betrunkene kamen ihnen entgegen, ein leise wummernder Achtzylinder trieb einen Ami-Straßenkreuzer übers Pflaster. Am Steuer ein Typ, der aussehen wollte wie ein Zuhälter oder einer war.
    »Warst du schon mal hier?«, fragte Stachelmann, als sie die Betrunkenen passiert hatten. Stachelmann sah im Augenwinkel, wie einer sich an eine Hauswand lehnte und erbrach. Die Rücklichter des Straßenkreuzers entfernten sich, nun waren Stachelmann und Georgie allein in der Straße. Bald aber drängten grell lachende Frauen und Männer aus der Bar Morphine, offenbar Skandinavier. Stachelmann und Georgie liefen an einem Schulgebäude vorbei, dann hielt Georgie vor einem Haus, suchte im Dämmerlicht die richtige Klingel und drückte sie. Es schnarrte, Georgie drückte die Tür auf. Ein Lichtschalter leuchtete rot. Es knackte im Treppenhaus, als Georgie ihn betätigte. Funzliges Licht fiel auf krumm getretene Treppenstufen aus Holz. Sie knarrten bei jedem Schritt. Im fünften Stock spürte Stachelmann seine Knie nicht mehr, nur einen scharfen Schmerz. Sein Gesicht war schweißüberströmt.
    »Na, komm«, sagte Georgie. »Noch ein Stockwerk. Beschwer dich nicht, du wolltest ja unbedingt mit.«
    Als sie vor der Tür standen, auf der ein Zettel mit der Aufschrift Ötztürk klebte, hörten sie Musik. Es klang arabisch, war aber unterlegt mit harten Bässen und Drums. Die Tür öffnete sich, ohne dass sie klingeln oder klopfen mussten. Ein großer schlanker Mann mit langen Koteletten stand in der Tür, sagte irgendwas wie »Tschau!« und winkte sie hinein. Er führte sie in ein Zimmer. An den Wänden zwei Veranstaltungsplakate, beide auf Türkisch. Ein paar Bücher, darunter das »Kommunistische Manifest«, auch »Ausgewählte Werke« Lenins aus DDR-Produktion.
    Halil schaltete die Musik aus und bot den beiden Platz auf einem Sofa an, in dem Stachelmann und Georgie versanken. Halil setzte sich auf einen Stuhl, schaute seine Gäste an und ließ seinen Blick an Stachelmann hängen. »Ist er das?«
    »Ja«, sagte Georgie. »Aber das hast du nicht richtig mitgekriegt.«
    »Ja, ja«, sagte Halil. Er holte aus der Gesäßtasche seiner Jeans eine Zigarettenschachtel und bot an. Georgie und Stachelmann winkten ab. »Danke«, sagte Stachelmann.
    Halil steckte sich eine Zigarette an, sog den Rauch tief ein und atmete ihn langsam aus. »Also, Gitte ist weg.«
    Georgie nickte.
    »Ich weiß nicht, wo sie ist. Und der da« – er zeigte mit dem Finger auf Stachelmann – »weiß der da es wirklich auch nicht?«
    »Nein«, sagte Stachelmann.
    »Aber wenn du so einen Scheiß schreibst und Gitte dich stellt, dann hast du doch ... wie heißt das nochmal ... ein Motiv.«
    »Du bist bescheuert«, sagte Georgie. »Gitte hat ihn gemocht. Warum? Ich verstehe es auch nicht. Die hat ja wirklich einen etwas anderen Männergeschmack als ich. Aber er frisst keine kleinen Kinder, jedenfalls hab ich ihn noch nicht dabei erwischt. Und er macht sich echte Sorgen, dass vielleicht dieser Irre dahintersteckt. Der hat an der Uni auf ihn« – Georgies Finger wies auf Stachelmann – »geschossen.«
    Halil sah Stachelmann neugierig an. Dabei musste er längst wissen, was geschehen war im Von-Melle-Park. Vielleicht fragte er sich, wie man sich fühlte, wenn einem die Kugeln um die Ohren pfiffen. »Aber Gitte hat mir

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