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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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dann war es dieser. Ein leichte Veränderung ihrer Schulterhaltung verriet ihr, dass sie das Richtige tat.
    Kapuzenshirt – das heißt Guri – und Ledermantel Genti schoben die Möbel herum, bis der bequeme Sessel, Zekes Sessel, am Kopf des Tisches stand. Alvo setzte sich auf den weichen Sessel, die anderen rechts und links von ihm. Sie griffen in ihre Taschen und holten Zigaretten heraus.
    Sie sagte: »Bitte nicht rauchen. Mein Chef …« Zeke durfte weder rauchen noch trinken. Tabak war widerlich. Das Maschinengewehr-Husten ihres Vaters störte immer noch Lulas Träume, nicht mehr so häufig, seit ihr Haar aufgehört hatte, nach Rauch zu stinken, wie während ihrer Arbeit im La Changita. Und Zekes superschwache Mojitos zählten ihrer Meinung nach nicht als Alkohol. Lula kaufte den Rum von ihrem Gehalt, nicht vom Lebensmittelgeld, das Mister Stanley ihr gab.
    »Bitte«, wiederholte sie. »Wenn ich gefeuert werde … was dann?«
    Kapuzenshirt sagte: »Jeder nur eine Zigarette. Glaub mir, keiner wird das merken.«
    Lula knallte ihnen eine Suppenschale als Aschenbecher hin und stapfte in die Küche. Sie mahlte eine große Menge Kaffee. Mister Stanley war nicht besonders wählerisch, aber er bestand auf ganzen Bohnen von Starbucks. Die schwächliche Kaffeemaschine war mit der Menge überfordert. Lula kochte den Kaffee in einem Topf auf. Sie musste zwar erst eine dicke Schmutzschicht abwaschen, aber Gingers Zen-Teeservice würde sich bestens machen. Lula schenkte die zähflüssige Brühe in zarte japanische Tassen ein.
    Sie trug vier Tassen auf einem Tablett hinein. Die Männer bedankten sich. Sie setzte sich auf ihren Sonntagsfrühstückplatz, neben Ledermantel und gegenüber von Kapuzenshirt. Ledermantel zog eine Flasche mit klarem Schnaps aus der Tasche und kippte etwas davon in die Tassen der Männer. Als er Lula anschaute, nickte sie. Der Alkohol brannte herrlich. Kaffee mit Schuss um zehn Uhr morgens!
    »Köstlich«, sagte Lula.
    »Raki«, sagte Ledermantel. »Von den Maulbeerbäumen meines Großvaters in Gjirokastra.«
    »G’zoor« , sagten sie. Prost. Auf gute Gesundheit. Langes Leben. Sie leerten ihre Tassen.
    Falls Lula auf einen Schub gehofft hatte, wurde sie unangenehm überrascht, als Koffein und Alkohol sie in ein Häufchen Selbstmitleid verwandelten. Wie jämmerlich musste ihr Leben sein, wenn sie in Verzückung geriet, nur weil drei Albaner in Mister Stanleys Haus eindrangen und ihren Kaffee mit Feuerzeugbenzin versetzten.
    »Vielen Dank«, wiederholte Alvo. »Kleine Schwester, wir sind zu dir gekommen, weil wir dich um einen winzigen Gefallen bitten wollen.«
    Lula wappnete sich. Winziger Gefallen konnte bedeuten, nach Dubai und zurück zu fliegen, beide Strecken Holzklasse, mit Dutzenden Kondomen voller Heroin im Arsch.
    »Du musst etwas für uns aufbewahren. Ist eigentlich gar nichts.« Als Alvo sich ihr zuneigte, unterstrich sein einnehmendes Lächeln, dass es wirklich gar nichts war.
    Lula stellte sich Stapel eingeschweißter weißer Ziegel in Mister Stanleys Garage vor. Adieu, hübsche Spaziergänge zur Bücherei, adieu, unschuldige Cocktailstunden mit Zeke. Von nun an würde sie ständig aus dem Fenster schauen.
    Lula sagte: »Du kennst mich doch nicht mal …«
    »Das ist genau der Punkt«, sagte Alvo. »Keine Spur aus Smarties, der ET von uns zu dir folgen kann. Ausgenommen dein Vetter George und meine Tante bei der Einwanderungsbehörde.«
    Seine Tante? Vor fünf Minuten war es noch seine Freundin. Aber wer war Lula, jemandem vorzuwerfen, nicht bei seiner Geschichte zu bleiben? Besser eine Tante als eine Freundin. Sie freute sich, das zu hören.
    »Was aufbewahren?«, fragte sie.
    »Eine Waffe«, sagte Alvo. »Eine kleine Waffe.«
    Lula seufzte. Sie hätte es sich denken können. Vielleicht stammte der weiße Staub auf ihren Jeans von verbotenen Betäubungsmitteln. Wer fuhr denn schon solche SUV s außer Kokaindealern und Zuhältern? Bauarbeiter, so wohlhabend und erfolgreich, dass sie bewaffnet rumlaufen mussten?
    Lula fragte: »Was für eine kleine Waffe? Ich kenne mich mit kleinen Waffen aus. Auch mit größeren.«
    »Ehrlich?«, fragte Guri. »Ist nicht bös gemeint, aber du als Mädchen?«
    »Ehrlich.« Lula überging die Mädchen-Bemerkung. Mit sechsundzwanzig hatte sie nichts dagegen.
    »Mein Vater war ein Waffennarr«, sagte sie und beschloss dann, es dabei zu belassen. Wochenlang hatten sie von Polenta gelebt, aber Papa kriegte seine Halbautomatik. Lula wusste genau, wozu jede

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